Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
Mann war bewusst, dass er im Sattel mit dem Tod rang, und genau aus diesem Grund beschrieb er Bahzell die Wege so sorgfältig. Er hatte den Hradani offenbar als seinen Nachfolger auserkoren, der Zarantha sicher
nach Hause bringen würde, falls ihm das nicht vergönnt war. Tothas erfüllte seine Pflicht bis zum Ende, wie bitter das auch aussehen mochte, und das war der eigentliche Grund, warum sich Bahzell zu dem Speermann hingezogen fühlte.
Außerdem erklärte es auch, weshalb Zarantha ihrem Leibgardisten so treu ergeben war. Deshalb hielt sie ihn in den Armen, wenn er hustend aufwachte, und beobachtete ihn mit verstecktem Schmerz, wenn sie nebeneinander ritten. Sie lachte zwar über Brandarks Scherze oder neckte die anderen, um ihre Gram zu verbergen, doch Bahzell begriff, dass sie es nur tat, um Tothas nicht zu beschämen. Ihre tiefe Ergebenheit für ihren Leibgardisten erfüllte den Pferdedieb allerdings auch mit Furcht, wenn er darüber nachdachte, was sie wohl bewegte, einen Sterbenden, den sie so schätzte, durch diesen erbarmungslosen Winter zu hetzen.
Ein eisiger Wind heulte durch die kahlen Büsche der einsamen Hügelkette von Carchon. Sie hatten fast den Kamm des Gebirgszugs erreicht, und schon morgen würden sie den Abstieg zur Grenze zwischen Carchon und Korwin beginnen. Die angepflockten Pferde und Mulis standen unter ihren Decken, die bereits mit Raureif überzogen waren, still, die Sterne funkelten kalt und erbarmungslos am Himmel, und Bahzell fröstelte, als er zum Feuer zurückkehrte, um es zu schüren. Er hatte schon niedrigere Temperaturen erlebt, was allerdings nicht hieß, dass ihm diese klirrende Kälte gefiel. Und außerdem wurde es von jetzt an nur noch schlimmer.
Die Flammen leckten knisternd an dem frischen Holz, und er wandte den Kopf vom Feuer ab, um seine Augen auf die Dunkelheit eingestellt zu lassen. Es gab zwar keinen Grund, Schwierigkeiten zu befürchten, denn sie waren längst außerhalb von ni’Tarths Reichweite, und diese Hügelkette schien fast menschenleer – aber Ärger hatte es an sich, unangemeldet aufzutauchen. Und er hatte nicht vor, ihm, ganz gleich in welcher Gestalt, vom Feuer geblendet entgegenzutreten.
Er nahm seinen Rundgang um ihr kleines Lager wieder auf.
Brandark hatte sich in den Schutz eines Felsens gelegt, der die Hitze des Feuers reflektierte, und schlief so fest in seine Decken gehüllt, dass nur seine lange Nase herausschaute. Rekah und Zarantha hatten ihre Schlafrollen zusammengelegt und wärmten sich gegenseitig. Tothas hatten sie in stillschweigendem Übereinkommen den wärmsten Platz zugewiesen. Er lag in einer kleinen Mulde direkt am Feuer. Es war in dieser elenden Nacht, während die anderen schliefen, zwar einsam, aber Bahzell war froh, dass er wenigstens wach war und nicht zum Opfer seiner Träume wurde. Die gefrorene Erde knisterte unter seinen Schritten, als er sich noch weiter vom Feuer entfernte, aufmerksam die Dunkelheit absuchte und seinen Gedanken nachhing.
Die Träume ließen ihn einfach nicht los. Sie überfielen ihn jede Nacht, bis er lernte, den Moment zu fürchten, an dem er die Augen schloss. Die Vertrautheit hatte dem Entsetzen zwar die Schärfe genommen, aber verschwunden war es deshalb nicht. Natürlich nicht. Es war ein Dämon wie der, gegen den Tothas mit seinen trockenen Hustenanfällen ankämpfte, und Bahzell war seiner überdrüssig. Sehr, sehr überdrüssig. Er verschloss seinen Verstand vor den Träumen, stieß sie zurück, löschte sie mit aller Kraft aus seinem Gedächtnis. Doch sie setzten ihm weiter zu und lachten über seine Bemühungen, vor ihnen davonzulaufen. Sie kannten keine Gnade, und es gab keinen Ort, an dem er sich vor ihnen hätte verstecken können.
Er seufzte tief und versteifte sich, als er hinter sich das Schlurfen von Stiefeln hörte. Er wirbelte herum, griff nach seinem Schwert – und entspannte sich wieder.
»Ich dachte, Ihr schlaft«, sagte er.
»Das habe ich auch.« Tothas’ Stimme klang erstickt, als ringe er mit einem weiteren Anfall, aber sein Gesicht schimmerte ruhig im Licht der Sterne. Er hatte sich eine Decke über seinen Umhang geworfen, trat an dem Hradani vorbei und setzte sich auf einen Felsbrocken, wo er die Decke enger um sich zog und sich schüttelte.
»Was für eine bitterkalte Nacht«, sagte er leise. »Sie ist wohl nicht so gut zum Schlafen…«
»Aye, aber sie ist noch längst nicht so kalt, wie wir sie bald erleben werden«, erwiderte Bahzell grimmig.
»Nein, so
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