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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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streifte mit seinem Maul sanft ihre Wange.
    Ich bin stolz auf dich.
    Sie schüttelte nur den Kopf – Stolz war nun wirklich das Letzte, was sie fühlte. Sie war trotz aller Warnungen in die Falle gegangen und nur dank Nachtfrosts Fähigkeiten lebend wieder herausgekommen. Weil sie so dumm gewesen war, hatte er sich ein Bein gebrochen. Und wenn er sich nicht selbst hätte heilen können, hätten diese Männer sie beide getötet.
    Sie erschauerte. Krieg und Tod – nein, das hatte in ihren Träumen keinen Platz gehabt. Aber Parva war kein Traum. Es war eine harte und brutale Wirklichkeit, in der Schönheit und Gefahr nahtlos ineinander übergingen. Jetzt gerade zum Beispiel ging die Sonne in einem Bett aus Feuerwolken unter und tauchte die verschneite Steppe in ein goldenes Licht. Es dauerte nicht lange, und das Gold verblasste. Aber es war ein so schönes Bild, dass Sonja aufstand und zum Himmel hochblickte, bis auch der letzteSchimmer von Gold und Rot im dunklen Grau verschwunden war.
    In leichtem Galopp ging es nun weiter nach Norden, immer am Fluss entlang. Links, jenseits des Flusses, begleiteten sie die Berge. Rechts breitete sich die Ebene aus. Ob das Duntalye war, das Land der Elarim, die Sonja aufgenommen hatten? An einigen Stellen stieg Rauch auf wie von Lagerfeuern. Sonja dachte daran, dass der Spürer gesagt hatte, sein Heer würde die Nomaden angreifen, und ihr Magen zog sich zusammen. Sie musste sie warnen! Aber dafür musste sie das Winterlager erst einmal finden. Was war das wohl? Eine Stadt? Ein Dorf? Sie hatte keine Ahnung, wonach sie Ausschau halten musste, und vertraute darauf, dass Nachtfrost den Weg zu den Elarim kannte.
    Immer weiter galoppierten sie nach Norden. Irgendwann bog Nachtfrost plötzlich nach Osten ab und hielt an, um ein wenig im Schnee nach Gras zu suchen. Sonja rutschte von seinem Rücken, dehnte und streckte sich. Über ihnen wurden die Wolken dünner, zerfaserten und lösten sich schließlich auf, und während die fremden Sterne immer heller strahlten, wurde es richtig kalt. Sonja schob die Hände unter die Achseln. Als sie es nicht mehr aushielt, griff sie wieder in Nachtfrosts Mähne und landete auf seinem Rücken. Er schnaubte, hob den Kopf und trabte wieder los. Im Sternenlicht lag die Steppe wie verzaubert vor ihnen, aber Sonja hatte keinen Blick mehr für die Schönheit. Sie fror, war schrecklich hungrig und müde, und mittlerweile taten ihr alle Knochen weh.
    Nachtfrost fiel plötzlich in Schritt und schnaubte. Sonja schreckte hoch und wäre fast von seinem Rücken gefallen. Verwirrt rieb sie sich die Augen. Hatte sie etwa währenddes Reitens geschlafen? Vor ihnen erhob sich eine hohe Wand aus aneinandergebundenen Baumstämmen, die oben angespitzt waren. In der Wand gab es ein Tor, an dem mehrere Männer Wache hielten. Als Nachtfrost darauf zutrabte, hob einer ein Horn an die Lippen und blies drei tiefe, weithin hallende Töne. War es eine Warnung? Sonja war zu müde und verfroren, um sich darum zu kümmern. Nachtfrost schritt durch das Tor, und niemand hielt ihn auf. Aber plötzlich liefen von überall Leute herbei, dazwischen bewegten sich große schwarze Wölfe und die riesigen Schatten der Birjaks. Nachtfrost blieb stehen. Sonja merkte, wie sie den Halt verlor, aber sie war zu müde, um sich festzuhalten. Sie rutschte – und wurde von kräftigen Armen aufgefangen. Eine vertraute, weiche Stimme sagte: »Bringt sie in mein Zelt. Sie muss schlafen.« Ein faltiges Gesicht erschien über ihr.
    »Ganna«, murmelte Sonja. Jetzt musste sie keine Angst mehr haben, alles war gut.
    Die alte Frau lächelte in der Dunkelheit. »Schlaf, Yeriye. Du bist in Sicherheit.«
    Und Sonja schlief ein.

D
er Pilzwald
    Melanie war nicht daran gewöhnt, dass man ihr etwas verweigerte. Ihre Eltern waren zwar streng, erfüllten ihrer einzigen Tochter aber trotzdem die meisten Wünsche. Sie wusste fast immer genau, was sie wollte, und setzte ihren Willen auch meistens durch.
    Es war schon nicht einfach für sie gewesen, sich damit abzufinden, dass Sonja und nicht sie selbst ein magisches Einhorn gefunden hatte. Sie hatte Sonja wirklich gern, aber etwas »Besonderes« war sie doch nun wirklich nicht! Aber seit Nachtfrost aufgetaucht war, drehte sich alles nur noch um sie. Dass Melanie Darian wiedergefunden hatte, war offenbar überhaupt keine Leistung. Darian selbst schien seinem verpassten Ruhm nicht weiter nachzutrauern und akzeptierte es sofort, dass das Wolfskopfamulett und Nachtfrost von ihm

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