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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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anstrengte. Er schob sich weiter fort, und ich folgte abermals. Er hielt sich nicht nahe der Mauer des Hauses, sondern kroch von derselben fort bis zu einem aus aufrecht stehenden Fenzriegeln, an denen wilder Wein oder eine ähnliche Pflanzenart emporrankte, errichteten Zaune, welcher den Garten umschloß. Diesem Zaune entlang krochen wir der Giebelseite des Hauses parallel, von derselben vielleicht zehn Schritte entfernt. Auf dem dadurch entstehenden Zwischenraume sah ich bald einen dunklen Haufen vor uns auftauchen, der fast wie ein Zelt geformt war. Wie ich später erfuhr, waren es zusammengestellte Bohnen-und Hopfenstangen. Am Fuße derselben wurde leise gesprochen. Old Death griff nach mir zurück, faßte mich beim Kragen, zog mich zu sich heran, so daß mein Kopf neben den seinigen kam, und raunte mir zu:
    »Da sitzen sie. Wir müssen hören, was sie reden. Eigentlich sollte ich allein hin, denn Ihr seit ein Greenhorn, welches mir den ganzen Spaß verderben kann. Aber zwei hören mehr als einer. Getraut Ihr Euch, unvermerkt so nahe an sie heranzuschleichen, daß Ihr sie hört?«
    »Ja,« antwortete ich, vor Aufregung zitternd.
    »So wollen wir es versuchen. Ihr geht von dieser Seite an sie und ich von der andern. Wenn Ihr nahe seid, legt Ihr das Gesicht auf den Boden, damit sie nicht etwa Eure Augen funkeln sehen. Sollten sie Euch dennoch bemerken, vielleicht weil Ihr zu laut athmet, so müssen wir sie sofort unschädlich machen.«
    »Tödten?« flüsterte ich ängstlich, denn der Gedanke, einen Menschen in die Ewigkeit zu senden, war mir gar nicht behaglich.
    »Nein. Das müßte still geschehen, also mit dem Messer, und dazu habt Ihr kein Geschick. Ein Revolverschuß darf nicht gewagt werden. Sobald sie Euch oder mich entdecken, werfe ich mich auf den einen, ihr Euch auf den andern, legt ihm beide Hände um den Hals und drückt ihm die Gurgel zu, daß er keinen Laut von sich geben kann. Dabei müßt Ihr ihn zur Erde niederreißen. Was dann geschehen soll, werde ich Euch sagen. Aber nur ja keinen Lärm! Ich habe gesehen, daß Ihr ein starker Kerl seid, aber seid Ihr auch überzeugt, so einen Strolch still niederlegen zu können?«
    »Unbedingt,« antwortete ich, obgleich es mir nicht ganz so zu Muthe war, wie er nach dieser Antwort annehmen mußte.
    »Also vorwärts, Sir!«
    Er kroch um die Stangen herum, und ich schob mich auf dieser Seite nach ihnen hin. Ich wagte kaum, zu athmen, aber grad deßhalb ging mein Athem so, daß ich ihn hörte. Ich legte mich deßhalb still nieder, um mich zu beruhigen, und kroch erst dann weiter, als ich die Ueberzeugung gewonnen hatte, daß die Lunge mir gehorchen werde. Jetzt hatte ich die Stangenpyramide erreicht. Die beiden Strolche saßen dicht neben einander, mit den Gesichtern nach dem Hause zu. Es gelang mir, ganz lautlos so nahe an sie heran zu kommen, daß mein Kopf sich kaum eine Elle weit von dem Körper des mir Nächstsitzenden befand. Nun legte ich mich auf den Bauch und das Gesicht nach unten in die Hände. Das hatte zweierlei Vortheil, wie ich bald bemerkte. Erstens konnte meine helle Gesichtsseite mich nicht verrathen, und dann konnte ich in dieser Lage viel besser hören als mit erhobenem Kopfe. Sie sprachen in jenem hastigem Flüstertone, welcher die Worte auf einige Schritte hin verständlich macht.
    »Den Kapitän lassen wir ungeschoren,« sagte eben derjenige, in dessen Nähe ich lag. »Er hat Euch zwar auf das Trockene gesetzt, streng genommen aber seine Pflicht gethan. Weißt Du, Locksmith, er ist zwar auch ein verdammter Deutscher, aber es kann uns nichts nutzen, sondern nur schaden, wenn wir ihm an den Kragen gehen. Wenn wir uns hier in Texas festsetzen und auch halten wollen, so dürfen wir es mit den Steamleuten nicht verderben.«
    »Gut! Ganz wie Ihr wollt, Capt’n. Der Indsman ist uns entgangen, wie ich vermuthe. Kein Indianer setzt sich nach La Grange, um eine ganze Nacht lang auf das Abgehen des Bootes zu warten. Aber die beiden Andern sind noch da, die deutschen Hunde, welche wir aufknüpfen wollten. Sie sind Spione und müssen gelyncht werden. Könnte man nur erfahren, wo sie sind. Sie sind wie Luft aus ihrer Gaststube verschwunden, zum Fenster hinaus, diese Feiglinge!«
    »Wir werden es erfahren. Die ›Schnecke‹ ist ja deßhalb im Wirthshause sitzen geblieben, und er wird nicht ruhen, als bis er erfährt, wo sie stecken. Er ist ein schlauer Patron. Ihm haben wir es auch zu danken, daß wir wissen, daß dieser Lange hier von dem Mexicaner das

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