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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Offizier.
    »Nein,« antwortete der Alte in seiner sichern, selbstverständlichen Weise. »Wird sich Alles darnach richten, wie wir es drinnen finden. Nun, Locksmith, wollen wir es mit der Hausthüre versuchen.«
    Ich trat zur Thüre und hielt den richtigen Schlüssel in der Hand. Doch that ich, als ob ich erst einige andere versuchen müsse. Als ich dann geöffnet hatte, blieb ich mit Old Death stehen, um die Andern an uns vorüber zu lassen. Auch der Lieutenant blieb bei uns. Als Alle leise eingetreten waren, fragte der Lieutenant:
    »Laternen heraus?«
    »Nur die Eurige einstweilen.«
    Wir traten ebenfalls ein; ich machte die Thüre wieder zu, doch ohne sie zu verschließen, und der Lieutenant zog eine brennende Blendlaterne aus der Tasche seiner weiten Hosen. Sein Anzug war mit weißen Figuren von der Gestalt eines Bowiemessers gezeichnet. Wir hatten fünfzehn Personen gezählt. Jeder trug ein anderes Zeichen. Da waren Kugeln, Halbmonde, Kreuze, Schlangen, Sterne, Frösche, Räder, Herzen, Scheeren, Vögel, vierfüßige Thiere und viele andere Figuren zu sehen. Der Lieutenant schien gern zu commandiren. Er leuchtete, während die Andern regungslos standen, umher und fragte dann:
    »Einen Posten hier an die Thüre?«
    »Wozu?« antwortete Old Death. »Ist gar nicht nöthig. Locksmith mag zuschließen; da kann Niemand herein.«
    Ich schloß augenblicklich zu, um dem Lieutenant keine Veranlassung zu Bedenken zu geben, ließ aber den Schlüssel stecken.
    »Wir müssen Alle hinein,« sagte Old Death jetzt. »Die Schmiede sind baumstarke Leute.«
    »So seid Ihr heute ganz anders als sonst, Capt’n!«
    »Weil die Verhältnisse anders sind. Vorwärts!«
    Er schob mich nach der Stubenthüre, wo dieselbe Prozedur sich wiederholte. Ich that, als ob ich nicht sofort den passenden Schlüssel fände. Dann traten wir Alle ein. Old Death nahm dem Lieutenant die Laterne aus der Hand und leuchtete nach der Kammerthüre.
    »Dort hinaus!« sagte er. »Aber leise, leise!«
    »Sollen wir nun auch die anderen Laternen herausnehmen?«
    »Nein, erst in der Kammer.«
    Old Death wollte mit dieser Weisung verhüten, daß die »sanften Schläfer« zu zeitig erkannt würden. Die fünfzehn Personen fanden Raum in der Kammer, es kam nur darauf an, sie alle hineinzubringen, damit die Belagerung sich nicht auch mit auf die Stube erstrecken mußte. Jetzt verfuhr ich beim Oeffnen noch langsamer und scheinbar sorgfältiger. Endlich ging die Thüre auf. Old Death ließ den Schein der Laterne in den Schlafraum fallen, sah hinein und flüsterte:
    »Sie schlafen. Schnell hinein! Leise, aber leise! Der Lieutenant voran!«
    Er ließ dem Letzteren gar keine Zeit zur Widerrede und zum Nachdenken, schob ihn vorwärts, und die Andern folgten auf den Fußspitzen. Kaum aber war der Letzte drin, so schob ich die Thüre zu und drehte den Schlüssel um.
    »Schnell die Stangen!« sagte Old Death.
    Sie lagen da, grad so lang, daß man sie zwischen den Fensterstock und der Thürkante schief einklemmen konnte. Das thaten wir, und nun wäre die Kraft eines Elephanten erforderlich gewesen, um die Thüre aufzusprengen. Jetzt eilte ich hinaus an die Treppe.
    »Seid Ihr da?« fragte ich. »Sie sind in der Falle. Kommt herab!«
    Sie kamen eilends herabgesprungen.
    »Sie befinden sich Alle in der Schlafstube. Drei von Euch hinaus vor das Fenster, um Stangen gegen dasselbe zu stemmen. Wer aussteigen will, bekommt eine Kugel!«
    Ich öffnete die Hinterthüre wieder, und Drei eilten hinaus. Die Andern folgten mir nach der Wohnstube. Inzwischen hatte sich in der Schlafkammer ein entsetzlicher Lärm erhoben. Die gefoppten Hallunken hatten bemerkt, daß sie eingeschlossen seien, ihre Laternen herausgenommen und beim Lichte derselben bemerkt, wer in den Betten lag. Jetzt fluchten und brüllten sie wild durch einander und schlugen mit den Fäusten gegen die Thüre.
    »Auf, auf, sonst demoliren wir Alles!« ertönte es. Als ihre Drohungen nichts fruchteten, versuchten sie, die Thüre aufzusprengen, aber sie gab nicht nach, die Stützen hielten fest. Dann hörten wir, daß sie das Fenster öffneten und den Laden aufzustoßen versuchten.
    »Es geht nicht!« rief eine zornige Stimme. »Man hat draußen etwas dagegen angestemmt.«
    Da hörten wir es draußen drohend erschallen:
    »Weg vom Laden! Ihr seid gefangen. Wer den Laden aufstößt, bekommt eine Kugel!«
    »Ja,« fügte in der Stube Old Death laut hinzu: »Auch die Thüre ist besetzt. Hier stehen genug Leute, Euch Alle in’s

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