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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sagte ich. »Aber einzeln. Und Jeder wird gebunden, sobald er heraustritt. Old Death wird gar nicht wissen, weßhalb so lange gezögert wurde. Eigentlich sollte der Sheriff da sein. Cortesio’s Neger wollte ihn doch sofort holen!«
    »Der Sheriff?« fragte Lange erstaunt. »Der ist doch da! Am Ende wißt Ihr gar nicht, wem Ihr die Püffe zu verdanken habt? Hier steht er ja!«
    Er deutete auf den Knochigen.
    »Alle Wetter, Sir!« fuhr ich diesen an. »Ihr selbst seid der Sheriff? Ihr seid der oberste Executivbeamte dieses schönen County? Ihr habt auf Ordnung und gehörige Befolgung der Gesetze zu sehen und macht dabei in höchst eigener Person den Richter Lynch? Das ist stark! Da ist es kein Wunder, daß die Kukluxer sich in Eurem County so breit zu machen wagen!«
    Das brachte ihn in unbeschreibliche Verlegenheit. Er konnte sich nicht anders helfen, als daß er mir die beiden Zähne abermals vor die Augen hielt und dabei stotterte:
    »Pardon, Sir! Ich irrte mich, weil Ihr ein gar so criminales Gesicht habt!«
    »Danke ergebenst! Dafür sieht das Eurige um so kläglicher aus. Nun thut wenigstens von jetzt an Eure Pflicht, wenn Ihr nicht in den Verdacht kommen wollt, nur deßhalb brave Leute lynchen zu wollen, weil Ihr es heimlich mit den Kukluxern haltet!«
    Das gab ihm das volle Bewußtsein seiner amtlichen Würde zurück.

»Oho!« rief er, sich in die Brust werfend. »Ich, der Sheriff des sehr ehrenwerthen County Fayetta soll ein Kuklux sein? Ich werde Euch sofort das Gegentheil beweisen. Gegen die Halunken soll noch in dieser Nacht verhandelt werden. Tretet zurück, Mesch’ schurs, damit wir Raum für sie bekommen. Tretet hinaus auf den Flur, aber laßt Eure Gewehre zur Thüre herein blicken, damit sie sehen, wer jetzt Herr im Hause ist. Nehmt Stricke zur Hand, und öffnet die Thüre!«
    Der Befehl wurde ausgeführt und ein halbes Dutzend Doppelläufe drohten zur Thüre herein. In der Stube befanden sich jetzt der Sheriff, die beiden Lange’s, Cortesio, zwei der gleich anfangs mit uns verbündeten Deutschen und ich. Draußen schrie die Menge nach Beschleunigung der Aktion. Darum stießen wir die Läden auf, damit die Leute hereinblicken und sehen könnten, daß wir nicht müßig seien. Und nun wurden die Stützen entfernt; ich schloß die Kammerthüre auf. Keiner der Kukluxer wollte zuerst heraus. Ich forderte den Capt’n und dann den Lieutenant auf, zu kommen. Beide hatten ihre Hände mit Taschentüchern umwickelt. Außer ihnen waren noch drei oder vier Mitglieder der Bande verwundet worden. Droben an der durch das aufgerissene Brett entstandenen Deckenlücke saß Old Death, welcher den Lauf seiner Büchse herabgerichtet hielt. Den von ihm so erfolgreich Ueberlisteten wurden die Hände auf den Rücken gebunden; dann mußten sie zu den ebenfalls gebundenen vier Genossen treten, welche wir von Cortesio herübergebracht hatten. Die Draußenstehenden sahen, was vorging, und riefen laut Halloh und Hurrah. Wir ließen den Gefangenen ihre Kapuzen noch, doch wurden die Gesichter des Capt’ns und des Lieutenants entlarvt. Auf meine Fragen und Bemühungen wurde ein Mann herbei geschafft, den man mir als Wundarzt bezeichnete und welcher behauptete, alle möglichen Schäden in kürzester Zeit verbinden, operiren und heilen zu können. Er mußte die Verwundeten untersuchen und trieb dann ein halbes Schock La Grange-Leute im Hause umher, um nach Watte, Werg, Lappen, Pflaster, Fett, Seife und andern Dingen zu suchen, deren er zur Ausübung seines menschenfreundlichen Berufes bedurfte.
    Als wir endlich alle Kukluxer sicher hatten, wurde die Frage aufgeworfen, wohin sie zu schaffen seien, denn ein Gefängniß für neunzehn Männer gab es in La Grange nicht.
    »Schafft sie nach dem Salon des Wirthshauses!« gebot der Sheriff. »Am besten ist’s, die Angelegenheit so rasch wie möglich zu erledigen. Wir bilden eine Jury mit Geschworenen und vollziehen das Urtheil sofort. Wir haben es mit einem Ausnahmefalle zu thun, welcher auch mit Ausnahmsmaßregeln zu behandeln ist.«
    Die Kunde von diesem Beschlusse pflanzte sich schnell nach außen fort. Die Menge kam in Fluß und eilte nach dem Wirthshause, um einen guten Platz im Salon zu erwischen. Vielen, denen das nicht gelungen war, standen auf der Treppe, im Flur und im Freien vor dem Gasthofe. Sie bewillkommneten die Kukluxer mit argen Drohungen, so daß die Eskorte sich sehr stramm zu halten hatte, um Thätlichkeiten abzuwehren. Nur mit großer Mühe gelangten wir in den

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