Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen
sogenannten Salon, einen größern aber sehr niedrigen Raum, welcher zur Abhaltung von Tanzvergnügungen bestimmt war. Das Orchester war besetzt, wurde aber sofort geräumt, um die Gefangenen dort unterzubringen. Als man diesen nun die Kapuzen abnahm, stellte es sich heraus, daß sich kein einziger Bewohner der Umgegend unter ihnen befand.
Nun wurde die Jury gebildet, in welcher der Sheriff den Vorsitz hatte. Sie bestand aus einem öffentlichen Ankläger, einem Anwalt zur Vertheidigung, einem Schriftführer und den Geschworenen. Der Gerichtshof war in einer Weise zusammengesetzt, welche mich gruseln machte, doch war das durch die gegenwärtigen Verhältnisse des Kreises und die Natur des vorliegenden Falles leidlich zu entschuldigen.
Als Zeugen waren vorhanden die beiden Lange’s, Cortesio, die fünf Deutschen, Old Death und ich. Als Beweismaterial lagen die Waffen der Angeklagten auf den Tischen, auch ihre Gewehre. Old Death hatte dafür gesorgt, daß dieselben aus ihrem Verstecke hinter dem Pferdestalle herbeigebracht worden waren. Es stellte sich heraus, daß in jedem Laufe die Ladung steckte. Der Sheriff erklärte die Sitzung für eröffnet mit der Bemerkung, daß von einer Vereidigung der Zeugen abzusehen sei, da die »sittliche Beschaffenheit der Angeklagten nicht ausreiche, so moralische und ehrenwerthe Gentlemen wie uns mit den Beschwerden eines Eides zu belästigen«. Außer den Kukluxern seien überhaupt nur Männer im Salon vorhanden, deren »rechtliche und gesetzliche Gesinnung über allen Zweifel erhaben stehe, was er hiermit zu seiner großen Freude und Genugthuung feststellen wolle«. Ein vielstimmiges Bravo lohnte ihm diese Schmeichelei, und er dankte mit einer sehr würdigen Verbeugung. Ich aber erblickte verschiedene Gesichter, welche nicht so unfehlbar auf die gelobte »rechtliche und gesetzliche« Gesinnung der Betreffenden schließen ließen.
Zunächst wurden die Zeugen vernommen, von denen Old Death das Ereigniß ausführlich erzählte. Wir Andern konnten uns darauf beschränken, ihm beizustimmen. Dann trat der »Staaten-Attorney«, der Staatsanwalt auf. Er wiederholte unsere Aussagen und stellte fest, daß die Angeklagten einer verbotenen Verbindung angehörten, welche den verderblichen Zweck verfolge, die gesetzliche Ordnung zu untergraben, das Fundament des Staates zu zerstören und jene verdammungswürdigen Verbrechen zu verbreiten, welche mit langjährigem oder lebenslänglichem Zuchthause oder gar mit dem Tode zu bestrafen seien. Schon diese Mitgliedschaft sei hinreichend, eine zehn-oder zwanzigjährige Einsperrung zu rechtfertigen. Außerdem aber habe sich erwiesen, daß die Angeklagten die Tödtung eines früheren Offiziers der Republik, die grausame Durchpeitschung zweier sehr angesehener Gentlemen und die Einäscherung eines Hauses dieser gesegneten Stadt beabsichtigten. Und endlich habe man die Absicht gehabt, zwei fremde, außerordentlich friedliche und ehrenhafte Männer – bei diesen Worten machte er Old Death und mir zwei Verbeugungen – aufzuknüpfen, was höchst wahrscheinlich unsern Tod zur Folge gehabt hätte und also sehr streng zu bestrafen sei, besonders da man es grad uns beiden zu verdanken habe, daß das über La Grange heraufbeschworene Unheil glücklich abgewendet worden sei. Er müsse also auf die unnachsichtlichste Ahndung dringen und beantrage, einige der Kukluxer, welche der Scharfblick des sehr ehrwürdigen Gerichtes wohl auszuwählen wissen werde, am Halse aufzuhängen, die andern aber zu ihrer eigenen »moralischen Beherzigung« tüchtig auszupeitschen und dann lebenslänglich zwischen dicke Mauern zu thun, damit es ihnen fernerhin unmöglich sei, den Staat und die anerkannt ehrenwerthen Bürger desselben in Gefahr zu bringen.
Auch dem Staatsanwalt wurden Bravo’s zugerufen, und auch er bedankte sich mit einer sehr würdigen Verneigung. Nach ihm ließ sich der Anwalt hören, welcher zunächst bemerkte, daß der Vorsitzende eine unverzeihliche Unterlassungssünde begangen habe, indem die Angeklagten nicht einmal nach ihren Namen und sonstigen Umständen befragt worden seien, was nachzuholen er hiermit ergebenst anrathe, da man doch wohl wissen müsse, wen man aufknüpfen oder einsperren wolle, schon des Todtenscheines und anderer Schreibereien wegen – – eine geistreiche Bemerkung, die auch meine volle, wenn auch stille Zustimmung hatte. Er gab die besagten Absichten der Kukluxer vollständig zu, denn er müsse die Wahrheit anerkennen; aber es sei
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