Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen
hervorragten; dadurch erhielt diese Frisur ein helmartiges Aussehen, welche das Kriegerische seines Ausdruckes erhöhte. Zu bemerken war außerdem ein künstlich geflochtener Lasso, welcher in kurzen Bogen um seine Hüften hing, und das Calummet, die Friedenspfeife, welche er an einer feinen Stahlkette über der offenen Brust trug. In der Faust hielt er seine kostbarste Waffe, die gezogene Doppelbüchse, deren Holztheile eng mit silbernen Nägeln beschlagen waren.
Das also war der Mann, dessen Name an jedem Lagerfeuer lebte, dessen Ruf von dem einen Meere bis zum andern reichte, und dessen Thaten in jedem Munde waren. Verehrt von den Freunden, war er zugleich geachtet und gefürchtet bei den Feinden. Er hatte noch niemals einem Gegner den Rücken gewandt, aber er war fern jedem Blutdurste, und Gerechtigkeit leitete alle seine Handlungen.
Wie er jetzt vor uns stand, so hatte ich ihn auch gesehen, als er mir zum ersten Male begegnete, nett und sauber in seiner ganzen Erscheinung, ritterlich und gebieterisch in dem ganzen Eindrucke, den er machte, jeder Zoll an ihm ein Mann, ein Held.
Der dicke Fred war jedenfalls am Meisten darüber überrascht, daß an diesem Indsman Alles glänzte und flimmerte, daß an ihm nicht die leiseste Spur eines Fleckes zu entdecken war, und der Blick der kleinen Aeuglein flog so sprechend zwischen mir und Winnetou hin und her, daß ich errieth, welche Parallele er zwischen uns zog.
»Meine Brüder mögen sich niedersetzen, um die Pfeife des Friedens mit mir zu rauchen,« sagte der Apache.
Er setzte sich gleich da, wo er stand, in das Gras, langte in den Gürtel und zog ein kleines Quantum Tabak, welcher mit wilden Hanfblättern vermischt war, hervor, mit dem er sein mit Federn geschmücktes Calummet stopfte. Wir nahmen neben ihm Platz. Die Ceremonie der Friedenspfeife war unumgänglich nothwendig, denn sie besiegelte das Bündniß, welches wir geschlossen hatten, und ehe sie nicht geraucht war, hätte Winnetou sicher kein einziges Wort über unsern Plan gesprochen.
Als er den Tabak in Brand gesteckt hatte, erhob er sich und stieß einen Mund voll Rauch grad zum Himmel empor und ebenso einen grad zur Erde nieder; dann verneigte er sich nach den vier Himmelsgegenden, indem er vier Züge aus der Pfeife that und den Rauch nach der betreffenden Richtung blies. Hierauf setzte er sich nieder und gab mir die Pfeife mit den Worten:
»Der große Geist hört meinen Schwur: meine Brüder sind wie ich und ich wie sie; wir sind Freunde!«
Ich ergriff das Calummet, erhob mich, that wie er und sagte dann:
»Der große Manitou, den wir verehren, beherrscht die Erden und die Sterne. Er ist mein Vater und Dein Vater, o Winnetou; wir sind Brüder und werden uns beistehen in jeder Gefahr. Die Pfeife des Friedens hat unsern Bund erneut.«
Ich gab die Pfeife an Walker, der ebenso wie wir vorher den Rauch nach den sechs Richtungen ausstieß und dann gelobte:
»Ich sehe den großen Winnetou, den herrlichsten Häuptling der Mescaleros, Mimbrenjos und Apachen; ich trinke den Rauch seiner Pfeife und bin sein Bruder. Seine Freunde sind meine Freunde und seine Feinde meine Feinde, und nie soll dieser Bund gebrochen werden!«
Er nahm dann wieder Platz und gab dem Apachen die Pfeife zurück, welcher diese weiterrauchte. Jetzt war der Sitte Genüge gethan, und wir konnten uns besprechen.
»Mein lieber Bruder Schar-lih mag mir erzählen, was er gethan hat, seit er von mir geschieden ist, und wie er auf die Fährte der Sioux-Ogellallah gekommen ist,« bat jetzt Winnetou.
Ich folgte diesem Wunsche so kurz wie möglich und forderte ihn dann auf:
»Mein Bruder Winnetou sage mir, was er erlebt hat, seit ich ihn nicht sah, und wie er so entfernt von dem Wigwam seiner Väter auf das Jagdgebiet der Sioux kommt!«
Er that einen langen, bedächtigen Zug aus dem Calummet und antwortete dann:
»Das Wetter stürzt das Wasser aus den Wolken herab, und die Sonne trägt es wieder empor. So ist es mit dem Leben des Menschen. Die Tage kommen und verschwinden. Was soll Winnetou viel erzählen von den Sonnen, die vorüber sind? Ein Häuptling der Sioux-Dakota beleidigte mich; ich folgte ihm und nahm seinen Scalp; seine Leute verfolgten mich; ich vernichtete meine Fährte, kehrte zu ihren Wigwams zurück und holte mir die Zeichen meines Sieges, welche ich auf das Pferd des Häuptlings lud. Da stehet es!«
Mit diesen wenigen, anspruchslosen Worten berichtete dieser Mann eine Heldenthat, zu deren Erzählung ein Anderer die Zeit
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