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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Folge zeigte, daß ich dies nicht zu bereuen hatte.

2. Kapitel
Auf dem Colorado
    Der nordamerikanische Bürgerkrieg war beendet, und der Vereinigte-Staaten-Congreß fand nun Zeit, sich wieder mit dem Auslande zu beschäftigen. Die Aufmerksamkeit des Cabinetes von Washington richtete sich nach Süden, nach Mexico, welches Land noch jetzt unter den blutigen Wirren des Kampfes zwischen der Republik und dem Kaiserthume litt.
    Benito Juarez war von den Vereinigten-Staaten als Präsident der Republik von Mexico anerkannt worden, und die Ersteren weigerten sich ganz entschieden, ihn gegen Maximilian fallen zu lassen. Sie betrachteten den Kaiser nach wie vor als Usurpator und begannen, auf Napoleon jenen Druck auszuüben, welcher ihn dann zu der erzwungenen Erklärung veranlaßte, seine Truppen aus Mexico zurückzuziehen. Durch die Erfolge Preußens im deutschen Kriege indirect gezwungen, hielt er auch Wort, und von da an war der Untergang Maximilians besiegelt.
    Texas hatte sich beim Ausbruche des Bürgerkrieges für die Secession erklärt und sich also an die Seite der Sklavenstaaten gestellt. Die Niederwerfung dieser Letzteren hatte keineswegs eine schnelle Beruhigung der Bevölkerung zur Folge. Man war erbittert gegen den Norden und verhielt sich in Folge dessen feindselig gegen dessen Politik. Eigentlich war die Bevölkerung von Texas gut republikanisch gesinnt. Man schwärmte für Juarez, den »indianischen Helden«, welcher sich nicht gescheut hatte, es mit Napoleon und einem Sprossen des mächtigen Hauses Habsburg aufzunehmen. Aber weil die Regierung von Washington es mit diesem »Helden« hielt, conspirirte man im Stillen gegen denselben. So ging ein tiefer Riß durch die Bevölkerung von Texas. Die Einen traten offen für Juarez auf; die Andern erklärten sich gegen denselben, nicht aus Ueberzeugung, sondern nur aus reiner Widerstandslust. In Folge dieses Zwiespalts war es nicht leicht, durch das Land zu reisen. Alle Vorsicht des Einzelnen, seine politische Farbe verbergen zu wollen, war vergeblich; man wurde förmlich gezwungen, mit derselben hervorzutreten.
    Was die in Texas ansässigen Deutschen betrifft, so waren sie mit sich selbst uneins. Als Deutsche sympathisirten sie mit Maximilian, doch entsprach es ihrem Patriotismus nicht, daß er unter der Aegide Napoleons nach Mexico gekommen war. Sie hatten genug republikanische Luft eingeathmet, um zu glauben, daß der Einfall der Franzosen im Lande Montezuma’s ein ungerechter sei und nur den Zweck verfolge, durch Auffrischung der französischen Gloire den Blick der Franzosen von den eigenen unheilbaren Gebrechen abzulenken. Aus diesem Grunde verhielten sich die Deutschen schweigend und hielten sich jeder politischen Demonstration fern, zumal sie es während des Secessionskrieges mit den Nordstaaten und gegen die Sklavenbarone gehalten hatten.
    So standen die Verhältnisse, als wir die flache, langgestreckte Nehrung zu Gesicht bekamen, welche die Matagorda-Bai von dem mechanischen Golfe trennt. Wir segelten durch den Paso Caballo ein, mußten dann aber schnell die Anker fallen lassen, da die Bai so seicht ist, daß tiefer gehende Schiffe Gefahr laufen, auf den Grund zu gerathen.
    Hinter der Nehrung ankerten kleinere Fahrzeuge, vor derselben in See mehrere große Schiffe, Dreimaster und auch ein Dampfer. Ich ließ mich natürlich sofort nach Matagorda rudern, um mich zu erkundigen, ob es eine baldige Gelegenheit nach Quintana gebe. Leider hörte ich, daß erst nach Verlauf von zwei Tagen ein Schooner dorthin gehen werde. Ich saß also fest und ärgerte mich, denn Gibson erhielt nun einen Vorsprung von vier Tagen, welchen er benutzen konnte, spurlos zu verschwinden. Ich hatte nur den einen Trost, Alles gethan zu haben, was unter den obwaltenden Verhältnissen möglich gewesen war.
    Da mir nichts Anderes übrig blieb, als geduldig zu warten, so suchte ich mir ein Gasthaus und ließ mein Gepäck vom Schiffe holen.
    Matagorda war damals ein kleinerer Ort als jetzt. Er liegt im östlichen Theile der Bai und ist ein Hafenplatz von weit geringerer Bedeutung als zum Beispiel Galveston. Wie überall in Texas, so besteht auch hier die Küste aus einer sehr ungesunden Niederung, welche zwar nicht gerade morastig genannt werden kann, aber doch sehr wasserreich ist. Man kann sich da sehr leicht das Fieber holen, und so war es mir gar nicht lieb, hier so lange verweilen zu müssen.
    Mein »Hôtel« glich einem deutschen Gasthofe dritten oder vierten Ranges, mein Zimmer

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