Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
Ihrer Tätigkeit gefragt. Sie haben sich hier eingeschleimt, und meine Frau hielt Sie für eine Polizistin, was ganz verständlich ist. Stattdessen stellt sich heraus, dass Sie eine Journalistin sind. Eine Journalistin. Tja, ich danke Ihnen, aber wir wollen Sie nicht. Ich muss Sie bitten, Ihre Sachen zusammenzupacken und zu gehen, und ich muss Sie bitten, nicht wiederzukommen und sich auch nirgends in der Gegend mehr blicken zu lassen.«
Er zitterte. Lucy Groves zögerte. Er merkte, wie sie darüber nachdachte, sich überlegte, wie sie an ihm vorbei- oder um ihn herum- oder durch ihn an Eileen herankam, aber es gab keine Möglichkeit. Er bewegte sich nicht. Und dann fand Eileen ihre Stimme wieder.
»Sie haben vorgegeben, von der Polizei zu sein«, sagte sie leise.
»Ich habe nichts Derartiges getan, Mrs Meelup.«
»Sie haben in meinem Haus gesessen und mein Vertrauen missbraucht.«
»Es tut mir sehr leid, dass Sie es so sehen. Ich bin hier, weil ich versuche, mich um Sie zu kümmern. Denn glauben Sie mir, Sie werden es brauchen. Sie werden alle Hilfe brauchen, die Sie bekommen können. Das ist nur eine Frage der Zeit. Und Sie werden, wenn Sie darüber nachdenken, erkennen, dass ich die Polizei nicht erwähnt habe.«
»Was meinen Sie damit, dass ich Hilfe brauche?«
»Ich würde meinen, das ist ziemlich offensichtlich. Mrs Meelup, hören Sie mir zu … Ich versuche, Ihnen zu helfen. Gut, ja, auch für uns fällt dabei etwas ab, natürlich tut es das, aber nur, wenn Sie sich mit uns einigen und uns vertrauen. Dann können wir uns um Sie kümmern, wenn es hart auf hart kommt. Was passieren wird, wenn die Leute herausfinden, wer Sie sind … jene, die es nicht bereits wissen. Ehrlich gesagt, bin ich überrascht, dass Ihnen bisher noch nichts Hässliches passiert ist.«
»Ich finde, Sie sollten jetzt besser gehen«, sagte Dougie.
Sie beachtete ihn nicht. »Sie wissen, was ich meine, nicht wahr, Mrs Meelup?«
»Sie haben mich reingelegt.«
Lucy Groves schüttelte den Kopf. Sie steckte den Rekorder ein.
»Die Sache ist, das alles ist ein großer Fehler. Ein gewaltiger Irrtum. Sie hat nichts getan, überhaupt nichts Falsches, und schon gar nicht diese schrecklichen Dinge, nicht in einer Million Jahre. Natürlich hat sie das nicht, man muss sie bloß kennen. Natürlich hat sie das nicht.« Eileen erhob sich, bot all ihre Reserven an Würde und Kraft auf. »Ich kenne die Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass da ein furchtbares Unrecht geschieht. Jemand, der kleine Kinder entführt und ihnen Schaden zugefügt und sie getötet hat, läuft da draußen frei herum und wartet darauf, es wieder zu tun, während Wee…, während meine Tochter zu Unrecht gefangen gehalten wird. Das ist die Wahrheit, und wenn das alles geregelt ist, werde ich vielleicht darüber sprechen. Nur nicht mit Ihnen. Nicht mit Ihnen.«
Sie wandte sich ab, als ihr Mut sie verließ, und ihr Gesicht schien zusammenzufallen. Dougie griff nach der großen, hellgrünen Tasche und hielt sie Lucy Groves hin, und schließlich nahm sie sie, ohne ein weiteres Wort zu sagen, stand auf und ging aus dem Zimmer, mit Dougie an ihren Fersen. Er glaubte, wenn er seine Arme nicht verschränkt hätte, dann hätte er sie möglicherweise aus der Tür gestoßen.
Siebenundvierzig
I m Haus war es immer schattig. Nur die Küche lag den größten Teil des Tages in der Sonne. Das Arbeitszimmer war der kühlste Raum im Haus, daher hatte Magda dort die heißen Tage verbracht. Sie hatte zu arbeiten versucht, aber nicht viel geschafft. Ihre für gewöhnlich klaren, prägnanten Gedanken schienen durch den Reißwolf gedreht worden zu sein, und sie war entsetzt über die Unzulänglichkeit dessen, was sie geschrieben hatte.
Jetzt lag sie halb lesend, halb dösend auf der Couch. Das Fenster war zu ihrem kleinen Garten hin geöffnet, und eine Amsel hüpfte auf den moosigen Pflastersteinen herum. Durch die hohe Mauer lag der Garten im Schatten, bis auf einen hellen Keil am hinteren Ende.
Sie schloss die Augen. Sie fühlte sich schwach und war morgens beim Aufwachen weinerlich gewesen. Im Krankenhaus hatte sie sich sicher gefühlt und Gesellschaft gehabt, nicht unbedingt zum Reden, aber zum Beobachten und darüber Nachdenken. Sie war auch beköstigt und versorgt worden und erkannte inzwischen, dass sie davon abhängig geworden war und aus diesem Grund den Tränen nah gewesen war. Das tägliche Leben war zu einem langsamen und ermüdenden Kampf geworden. In einer halben Stunde würde
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