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Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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war eingesunken, und sein kahlrasierter Kopf hatte einen bläulichen Schimmer. »… ich will überhaupt nicht, dass ihr Leben endet.«
    »Natürlich nicht.«
    Er kam langsam auf Cat zu, drehte sich dann um und kehrte zu der Wand mit dem Foto zurück.
    »Sie glauben, dass sie gaga ist, nicht wahr?«
    »Diesen Ausdruck würde ich niemals benutzen, für niemanden.«
    »Okay, und welchen würden Sie dann für sie benutzen?« Er war wütend.
    »Die Krankheit hat jetzt ihr Gehirn erreicht, und sie ist sehr verwirrt, obwohl es Augenblicke bewusster Wahrnehmung geben kann. Außerdem ist sie die meiste Zeit sehr verängstigt – Angst ist ein Symptom für die nvCJD in diesem Stadium. Ich möchte Lizzie an einen sicheren Ort bringen, wo sie sich so wenig ängstigt wie möglich. Sie hat ihre Körperfunktionen nicht mehr unter Kontrolle. Die Bewegungsstörungen werden zunehmen, daher wird sie ständig stürzen, sie kann ihre Muskeln …«
    Max Jameson schrie, ein entsetzliches Brüllen voll Angst und Wut, die Hände auf die Ohren gepresst.
    Lizzie wachte auf und begann zu weinen wie ein Baby, mühte sich ab, sich aufzusetzen. Sein Brüllen hielt an, ein tierischer Laut.
    »Max, hören Sie auf«, sagte Cat leise. Sie ging zu Lizzie und nahm ihre Hand, redete ihr gut zu, sich wieder unter die Decke zu legen. Die Augen der jungen Frau waren geweitet vor Furcht und zeigten die Leere von jemandem, der kein Gespür für seine Umgebung, andere Menschen und sogar das eigene Selbst hat. Alles war nur beängstigende Verwirrung.
    Es wurde still. Unten auf der Straße ging pfeifend jemand vorbei.
    »Lassen Sie mich telefonieren«, sagte Cat.
    Nach einer langen Pause nickte Max.

    Es war noch keine drei Monate her, seit Lizzie in ihre Praxis gekommen war. Sie hatte sich übervorsichtig bewegt, als hätte sie Angst, das Gleichgewicht zu verlieren, und ihr Sprechen schien verlangsamt. Lizzie war schon einmal bei ihr gewesen – da war es um Verhütung gegangen –, und damals war Cat beeindruckt gewesen von ihrer lebenssprühenden Schönheit und ihrer Fröhlichkeit; die unglückliche junge Frau, die nun in ihr Sprechzimmer kam, erkannte sie kaum wieder.
    Eine schwere Depression zu diagnostizieren war nicht schwer, nur konnten weder Cat noch Lizzie eine Ursache dafür finden. Sie sei sehr glücklich, sagte Lizzie, nein, mit ihrer Ehe sei alles in Ordnung und auch mit allem anderen. Ihre Arbeit mache ihr Spaß – sie war Grafikdesignerin –, sie liebe die Wohnung in der alten Bortenfabrik, liebe Lafferton, habe weder psychische Traumata erlitten noch schwere Krankheiten.
    »Jeden Tag beim Aufwachen ist es schwärzer. Als würde ich in eine Grube rutschen.« Sie sah Cat hohläugig an, aber es flossen keine Tränen.
    Cat verschrieb ihr ein Antidepressivum und bat sie, während der nächsten sechs Wochen einmal wöchentlich in die Praxis zu kommen, um den Fortschritt zu beobachten.
    Über einen Monat lang änderte sich nichts. Die Tabletten kratzten kaum die Oberfläche ihrer Trübsal an. Beim vierten Besuch hatte Lizzie einen schweren Bluterguss am Arm und einen ausgerenkten Finger, die sie sich beim Abwenden eines Sturzes zugezogen hatte. Sie habe bloß das Gleichgewicht verloren, sagte sie.
    »Ist das früher schon mal passiert?«
    »Es passiert immer wieder. Ich nehme an, das liegt an den Tabletten.«
    »Hm. Mag sein. Sie können ein leichtes Schwindelgefühl verursachen, gewöhnlich klingt das jedoch nach ein paar Tagen ab.«
    Cat vereinbarte für sie einen Termin beim Neurologen im Kreiskrankenhaus Bevham. Am selben Abend sprach sie mit Chris darüber.
    »Hirntumor«, sagte er sofort. »Die MRT wird es zeigen.«
    »Ja. Könnte sehr tief sitzen.«
    »Parkinson?«
    »Ist mir auch schon in den Sinn gekommen.«
    »Vielleicht hängen die beiden Symptome auch nicht zusammen … Schau sowohl unter Depression als auch unter Gleichgewichtsstörung nach.«
    Danach wechselten sie das Thema, doch am folgenden Morgen kam Chris aus seinem Sprechzimmer in Cats.
    »Lizzie Jameson …«
    »Hast du eine Idee?«
    »Wie ist sie gegangen?«
    »Unsicher.«
    »Ich habe gerade unter ›neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit‹, abgekürzt nvCJD, nachgeschaut.«
    Cat starrte ihn an. »Die ist sehr selten«, sagte sie schließlich.
    »Ja. Ich hab noch nie einen Fall gesehen.«
    »Ich auch nicht.«
    »Aber es passt alles.«
    Nachdem der letzte Patient gegangen war, rief Cat den Neurologen im Bevham an.

    Max Jameson war fünf Jahre bevor er Lizzie

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