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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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fertig ist, bleibt er keuchend stehen und wirft den Gegenstand auf den Boden. Es ist das Holzschwert, das Großvater ihm zum Geburtstag geschnitzt hat.
    Als Papa weg ist, kommt Mama mit einem Eimer Wasser. Er denkt zuerst, dass sie ihn waschen will, aber sie geht zur Wand und fängt an, das Monster wegzuschrubben. Er rührt sich nicht, bis sie fertig ist. Er kann sich nicht bewegen. Sein Po brennt wie tausend Feuer. Trotzdem ist ihm eiskalt.
    »Was stehst du denn noch da rum?«, fragt Mama schließlich. »Zieh dich endlich an.«
    Die Hose klebt, er kriegt sie nicht hoch. Außerdem tut sein Popo schrecklich weh. Mama zerrt an der Hose und fummelt den Knopf zu. Sie verliert kein Wort darüber, dass sie patschnass ist.

29

    Dienstag, 15. September
    Chris rieb sich fröstelnd die Hände. Heute war es kalt, der Sommer schien endgültig vorbei. Vielleicht sollte er sich doch wieder ein Auto zulegen. Der Passat gehörte jetzt Stefanie, obwohl sie ihn früher so gut wie nie gefahren hatte. Sie hätte alles mitnehmen können. Es wäre ihm egal gewesen. Solange sie Annas Zimmer unangetastet ließ.
    Er hatte zwar die Harley, aber es machte nicht viel Sinn, sie jetzt vor dem Winter reparieren zu lassen. Die S-Bahn war jedenfalls auf Dauer keine Lösung. Sie brauchte für die knapp vierzig Kilometer eine halbe Ewigkeit, war morgens unerträglich voll, und am Bahnhof fror er sich im Winter die Finger ab. Er beschleunigte seine Schritte. Die Lorettostraße war noch ruhig um diese Zeit, die Geschäfte hatten geschlossen, nur in einer Bäckerei brannte bereits Licht. Einem Impuls folgend trat er ein und kaufte ein paar Zimtschnecken, Berliner und Nussecken. Auch wenn Lydia seine Geste vermutlich ignorieren würde, so freuten sich die anderen Mitglieder der Moko nachher bei der Besprechung sicherlich über ein zweites Frühstück.
    Er wurde nicht schlau aus seiner Partnerin. Manchmal kam es ihm so vor, als würden sie sich schon seit Jahren kennen. Sie mussten nicht viel absprechen, wenn sie Zeugen befragten oder Untersuchungsergebnisse auswerteten. Sie verstanden sich ohne viele Worte. Doch dann wieder schockierte sie ihn mit ihrer impulsiven, unsensiblen Art. Von einem Moment zum anderen behandelte sie ihn wie den letzten Idioten. So wie gestern, als sie ihm ohne jegliches Feingefühl an den Kopf geknallt hatte, dass sie ihn nie als Partner hatte haben wollen. Nicht dass er das nicht bereits gewusst hatte, aber es verlieh den Dingen mehr Gewicht, wenn man sie aussprach.
    Chris dachte an Kösters Bitte, ein Auge auf sie zu haben. Er begriff nicht, was der Alte damit gemeint hatte. Lydia schien gut auf sich selbst achtgeben zu können, im Gegenteil, er war sich sicher, dass sie jeglichen Versuch, sie in irgendeiner Form zu beschützen, voller Verachtung zurückweisen würde.
    Er erreichte das Präsidium, nickte dem Pförtner zu und lief die Treppe hinauf. Das Büro war noch abgeschlossen. Auch sonst war es auf dem Flur still, er schien einer der Ersten zu sein. Rasch blickte er auf die Uhr. Kurz vor sieben.
    Er trat ein, legte die Bäckereitüte auf seinen Schreibtisch und zog die Jacke aus. Plötzlich blieb er irritiert stehen. Etwas war anders. Es war der Geruch. Ein aufdringlich herber Duft, der nicht hierhergehörte. Er kam ihm vage vertraut vor. Chris sah sich um. Konnte es sein, dass Lydia einen ihrer Lover hier im Büro empfangen hatte? Dass sie es mit einem Kollegen trieb? Aber mit wem? Wer benutzte dieses beschissen penetrante Aftershave? Er wusste es. Er musste nur darauf kommen. Dann fiel es ihm ein. Thomas Hackmann.
    Hackmann? Lydia und Hackmann? Er schüttelte den Kopf. Nein. Es schien ihm unvorstellbar. Andererseits, hieß es nicht, was sich neckt, das liebt sich? Was wusste er schon über Lydia. Offenbar hatte sie ein sehr reges Sexualleben, und Hackmann sah definitiv gut aus, wenn man auf diesen männlich-verwegenen Typ stand. Und wenn man ihn knebelte, damit man seine dämlichen Bemerkungen nicht hören musste. Chris zuckte mit den Schultern. Er hatte sich schon oft über den Geschmack von Frauen gewundert, warum sollte er also jetzt überrascht sein. Er setzte sich auf Lydias Stuhl und holte tief Luft. Jetzt roch er auch den kalten Rauch. Hackmann rauchte, seine Klamotten stanken immer nach Zigarettenqualm. Also gab es keinen Zweifel mehr. Lediglich die Möglichkeit, dass er aus einem ganz anderen Grund in ihrem Büro gewesen war.
    Chris stand auf, ging zu seinem Arbeitsplatz und fuhr den Rechner hoch. Die nächste

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