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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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eine Weile hier zu tun haben und sich mit dem Regen ein Wettrennen liefern, das sie nur verlieren konnten. Sie stapfte mit gesenktem Kopf über den Rasen und dachte über das nach, was sie von Maren Lahnstein erfahren hatte. Ein ungewöhnlich früher Todeszeitpunkt für eine solche Tat. Warum hatte der Täter sein Opfer nicht spät in der Nacht getötet? Um sechs war es noch nicht einmal dämmrig gewesen. Das war enorm riskant. Da konnte der Tatort noch so verborgen liegen. Hier im Park liefen überall Hunde herum. Und Kinder, die sich nicht an Absperrbänder hielten. Es war fast, als hätte er es darauf angelegt, entdeckt zu werden.
    Vielleicht war es das. Vielleicht wollte er gefasst werden. Oder er konnte sich seine Zeit nicht frei einteilen. Die beiden anderen Taten waren zu anderen Zeitpunkten begangen worden. Die erste gegen vier Uhr morgens und die zweite abends um elf. Der Mörder schlug jedes Mal früher zu. Warum? Dafür musste es einen Grund geben, der nicht nur etwas mit terminlichen Zwängen zu tun hatte. Diesmal hatte er am helllichten Tag gemordet. Wozu dieses Risiko? Wenn es nicht vollkommen abwegig wäre, könnte man meinen, der Täter habe von Johannes Brandaus Verhaftung erfahren und den Mord absichtlich vorgezogen, damit Brandau auch dafür als Täter infrage kam.
    Chris rannte ihr über den Rasen entgegen. »Wir haben einen Treffer«, sagte er atemlos. »Sie heißt Valentina Frederiksen. Ihre Lebensgefährtin hat sie gestern Abend als vermisst gemeldet.«
    »Hast du die Adresse?«
    Er zog einen Zettel hervor und hielt schützend die Hand darüber. »Die Lebensgefährtin heißt Antje Maltkowski. Die beiden führen gemeinsam ein Café in Oberkassel. Es heißt Cultinaria.«
    »Okay, dann lass uns hinfahren.«
    Es klopfte, und ein Streifenbeamter führte eine Frau zur Tür hinein. Sie ging leicht gebeugt, trug einen Hut und einen dunkelgrünen Mantel, der offenbar schon viele Winter hinter sich hatte. Halverstett erkannte die alte Dame, die sie am vergangenen Samstag aufgesucht hatten, weil ihr Sohn seit über dreißig Jahren als vermisst galt.
    »Hier finden Sie Herrn Halverstett und seine Kollegin. Frau Kästner«, sagte der Polizist und verzog sich.
    Halverstett sprang auf. »Frau Kästner, das ist aber eine Überraschung.« Er warf Rita einen Blick zu, die hilflos mit den Schultern zuckte.
    Frau Kästner schritt energisch auf Halverstett zu, ihr Stock knallte bei jedem Schritt auf den Boden. »Herr Kommissar, ich muss mit Ihnen sprechen.«
    Die Geister, die ich rief. »Setzen Sie sich doch bitte erst einmal.« Er deutete auf den Besucherstuhl.
    Rita räusperte sich. »Kann ich Ihnen vielleicht einen Kaffee anbieten? Oder einen Tee?«
    Frau Kästner schüttelte den Kopf. »Sie haben bestimmt viel zu tun, junge Frau. Ich möchte Sie auch gar nicht lange aufhalten.« Sie wandte sich wieder an Halverstett. »Sie haben das Ergebnis von diesem Test noch nicht, nehme ich an? Sonst hätten Sie mir sicherlich Bescheid gesagt.«
    »Ganz richtig, Frau Kästner. Leider muss man manchmal ziemlich lange auf das Ergebnis warten.« Vor allem, wenn das Opfer schon so lange tot ist, fügte er in Gedanken hinzu.
    Frau Kästner setzte sich und lehnte den Stock an den Schreibtisch. »Mein Sohn ist schon so viele Jahre verschwunden, da kommt es auf ein paar Tage mehr oder weniger nicht an.« Sie seufzte. »Aber deshalb bin ich nicht hier.«
    »Ach nein?«
    Sie musterte ihn streng. »Sie halten mich für gebrechlich und senil. Das mag stimmen, aber ich bin nicht dumm oder begriffsstutzig. Ist das klar, junger Mann?«
    Halverstett nickte gehorsam, aus den Augenwinkeln sah er, wie Rita amüsiert grinste. Dass jemand ihn als jungen Mann bezeichnete, fand sie vermutlich köstlich. Aus ihrer Sicht war er schließlich beinahe scheintot.
    »Es geht um das Foto, das Sie in die Zeitung gesetzt haben. Das von dem Ring.«
    »Sie wissen etwas darüber?« Halverstett beugte sich vor.
    »Ich habe etwas verschwiegen, als Rainer verschwand. Ich dachte, es sei nicht wichtig. Nein«, verbesserte sie sich. »Ich wollte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen. Damals rechnete ich ja noch damit, dass er jederzeit wieder auftauchen könnte.«
    »Sie wollten ihn nicht in Schwierigkeiten bringen?« Sie hatte jetzt Halverstetts ungeteilte Aufmerksamkeit. Rainer Kästner hatte bisher nicht zu seinen Favoriten gehört. Ein völlig unauffälliger Zeitgenosse, bei dem er eher den Verdacht hatte, dass er sich in die weite Welt abgesetzt hatte, um der

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