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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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ausgegraben. Der Schädel war zertrümmert. Am Tatort lagen wieder jede Menge Steine, scheint der gleiche Täter zu sein. Keine Spur von der Kleidung oder sonstigen Besitztümern des Opfers. Zumindest bisher nicht. Den Rest erfährst du sicherlich von unserer Frau Doktor.«
    Lydia nickte und ging näher auf den Fundort der Leiche zu, wo zwei Kollegen mit Spaten zugange waren. Als Lydia bei ihnen ankam, hielten sie inne. Sie warf einen flüchtigen Blick auf den halb ausgegrabenen Körper und den bis zur Unkenntlichkeit entstellten Schädel und sah dann nach rechts und links. Bäume und dichte Rhododendrenbüsche schirmten den Ort gegen unerwünschte Zuschauer ab.
    »Macht weiter«, sagte sie.
    Maren Lahnstein stand ein wenig abseits und notierte etwas. Sie sah müde aus.
    Lydia gesellte sich zu ihr. »Können Sie schon etwas zum Todeszeitpunkt sagen?«
    »Bevor sie ausgegraben ist, nur sehr vage.«
    »Und?«
    »An der Gesichtsmuskulatur und am Hals ist die Totenstarre schon ziemlich stark ausgeprägt. Ich würde sagen, gestern am frühen Abend. Vielleicht so zwischen sechs und zehn.«
    »Zwischen sechs und zehn? Genauer geht es nicht?«
    Maren Lahnstein straffte die Schultern und sah Lydia an. Sie sah nicht einfach nur müde aus, sie schien vollkommen erschöpft zu sein. Ihr Gesicht, das ohnehin schon sehr hellhäutig war, schimmerte bleich, um die grünen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. »Im Augenblick geht es nicht genauer«, sagte sie. »Tut mir leid.«
    »Wir haben gestern Abend gegen sieben einen Verdächtigen festgenommen. Er könnte es also vorher getan haben?« Lydia wollte es nicht glauben. Sie war sich so sicher gewesen, dass sie gleich die Anordnung geben konnte, Brandau nach Hause zu schicken, und jetzt das.
    Die Ärztin zuckte mit den Schultern. »Nach dem derzeitigen Stand der Dinge könnte er es gewesen sein.«
    »Mist.«
    Maren Lahnstein lächelte über Lydias Schulter hinweg und murmelte eine Begrüßung. Lydia drehte sich um.
    »Morgen.« Salomon hatte die Hände in den Taschen seiner Jacke vergraben. Er sah durchnässt und durchgefroren aus. Der Regen war inzwischen stärker geworden, und einzelne Tropfen liefen ihm über das Gesicht. Hinter ihm mühten sich ein paar Streifenbeamte mit einer weißen Plane ab, sie versuchten, ein Zelt über der Leiche aufzustellen.
    Lydia setzte Salomon über die wichtigsten Einzelheiten in Kenntnis. Als sie fertig war, war auch die Leiche ausgegraben und das Zelt notdürftig aufgebaut. Die Rechtsmedizinerin schlug die Plane zur Seite und verschwand im Inneren. Nach einer Weile rief sie: »Kommen Sie doch bitte mal!«
    Lydia und Chris traten näher und duckten sich ebenfalls unter das Zeltdach. Das leise Pladdern des Regens und ein leicht süßlicher Geruch empfingen sie. Die Tote war blass und verdreckt, trotzdem erkannten sie sofort, dass sie von viel kräftigerer Statur war als die beiden anderen Opfer. Außerdem hatte sie kurz geschnittene rot gefärbte Haare.
    »Er scheint keinen bestimmten Typ Frau zu bevorzugen«, stellte Chris fest.
    »Schauen Sie mal hier.« Maren Lahnstein zeigte auf das linke Schienbein, auf dem sich eine dicke Narbe abzeichnete. »Eine alte Verletzung. Rührt vermutlich von einem Unfall her. Jedenfalls müsste sie daran gut zu identifizieren sein.«
    Lydia nickte Salomon zu, der zu einem der Streifenwagen marschierte, um die Information per Funk ans Präsidium weiterzugeben. Vielleicht war die junge Frau ja schon als vermisst gemeldet.
    Lydia sah wieder zu Maren Lahnstein. »Wie sieht es mit dem Todeszeitpunkt aus? Geht es jetzt genauer?«
    Die Frau zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, Sie bräuchten eine präzise Angabe wegen Ihres Verdächtigen. Aber ich kann den Zeitraum noch nicht viel weiter eingrenzen. Die Totenflecke sind irreversibel, also ist sie mindestens zwölf Stunden tot. Laut Körpertemperatur sind es ebenfalls mindestens zwölf bis vierzehn Stunden.« Sie blickte auf ihre Uhr. »Jetzt ist es kurz vor acht, also zwischen sechs und acht gestern Abend. Allerdings war die Nacht sehr kalt, und sie wurde nackt in die Erde eingegraben, bevor sie starb. Es könnte also sein, dass sie sehr schnell ausgekühlt ist und schon Untertemperatur hatte, als der Tod eintrat. Deshalb kann sie auch nach acht gestorben sein.«
    Lydia nickte resigniert. »Danke. Wir sehen uns dann bei der Autopsie.«
    Sie trat unter der Plane hervor, inzwischen schüttete es wie aus Kübeln. Sie beneidete Spunte und sein Team nicht. Die würden noch

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