Der Seelenfänger
dann Verletzte. Das wollte ich nicht.«
Preacher zog an seiner Zigarette und schwieg.
»Ich habe mir gedacht, ich habe kein Recht, sie in all das hineinzuziehen. Sie haben doch gar nichts damit zu tun. Ich habe den Rest von dem Geld genommen, das du mir gegeben hast, und hab sie nach South Carolina geschickt. Dort wohnt die Familie meiner Frau. Da sind sie in Sicherheit.«
»Und was wird aus dir?« fragte Preacher.
Elijah warf ihm einen abwehrenden Blick zu. »Ich komm schon zurecht. Ich dachte, nach unserem kleinen Job heute nacht gehe ich vielleicht nach Los Angeles. Vielleicht können die Brüder ein bißchen zusammenrücken und einen Platz für mich finden.« Er verzog sein Gesicht zu einem ironischen Grinsen. »Ich habe gehört, Ron Karenga ist ein richtiger Fernsehstar geworden da unten. Er macht eine Menge Kies mit den ganzen Talkshows, in denen er auftritt. Die Panther sammeln unheimlich Geld auf den Cocktailparties der Schickeria. Die würden bestimmt eine Menge Scheinchen hinblättern, um mal einen echten gemeingefährlichen Nigger zu sehen.«
Preacher drückte seine Zigarette im Aschbecher aus.
»Bist du daran denn echt interessiert?«
Elijah senkte den Blick. »Nein.«
»Warum gehst du dann nicht zu deiner Familie?«
»Ich bin kein unbeschriebenes Blatt«, sagte Elijah bedrückt. »Die Bullen sind überall hinter mir her, und wenn ich bei meiner Familie bin, dann hängen meine Frau und die Kinder gleich wieder mit drin. Ich hab sie ja gerade weggeschickt, damit das nicht passiert.«
Preacher schüttelte den Kopf.
»Ich verstehe das nicht.«
»Was gibt’s denn da zu verstehen?« fragte Elijah. »Ich bin bloß ein kleines Rädchen. Ich habe immer die Drecksarbeit tun müssen, und nun stehe ich auf den Fahndungslisten der Polizei. Unsere Führer haben sich im Glanz der Bewegung gesonnt und dabei keinen Finger gerührt. Jetzt heißt es plötzlich, die Revolution habe ein neues Stadium erreicht und fände ab sofort am Verhandlungstisch statt. Ich solle mich irgendwo verkriechen, sie würden die Sache schon hinkriegen. Ich bin ihnen lästig geworden.«
»Das tut mir leid«, sagte Preacher.
»Das braucht es nicht. Das ist schließlich nicht dein Problem.«
»Das Problem, das mich hierhergeführt hat, ist ja auch nicht deins, und trotzdem willst du mir helfen.«
»Das ist etwas anderes. Du kannst mein Problem ja nicht lösen.«
»Das vielleicht nicht«, erwiderte Preacher, »aber du könntest ja draußen bei uns bleiben, bis du dir überlegt hast, was du tun willst.«
»Und was sagen deine Freunde dazu?« fragte Elijah.
»Die Leute wollen doch keine Schwarzen in ihrer Gemeinde.«
»Wir sind alle Gottes Kinder.«
Elijah gab keine Antwort.
»Du brauchst dich ja nicht sofort zu entscheiden«, fügte Preacher hinzu. »Überleg es dir halt. Du bist uns willkommen, wann immer du kommst.«
Elijah nickte. Dann zog er einen Karton aus der Ecke und stellte ihn auf den Schreibtisch. »Da ist alles drin, was du brauchst.«
Es war fast ein Uhr morgens, als Preacher und Elijah in die Grant Street in Chinatown einbogen, wo die Firma Soong ihren Sitz hatte. Preacher zeigte auf den Eingang neben dem Schuhladen. »Das ist die Tür, die wir aufsprengen müssen.«
Elijah sah sich die eisernen Türflügel an. »Ganz schön massiv«, sagte er.
»Ich hab’s ja gesagt«, erwiderte Preacher. »Aber wir müssen sie im ersten Anlauf aufkriegen.«
»Es wird schon klappen«, sagte Elijah zuversichtlich. »Ich hab mir schon so was ähnliches gedacht und genügend Sprengstoff mit.« Er lachte kurz auf. »Wir reißen ihnen den Arsch auf.« »Ich will nicht, daß jemand verletzt wird«, sagte Preacher. Er bog rechts um die Ecke und fuhr um den Block.
»Ist denn irgend jemand da drin?«
»Zwei Männer, soviel ich weiß.«
»Sind sie irgendwo in der Nähe der Tür?«
»Ich glaube nicht«, sagte Preacher. »Wahrscheinlich sind sie hinten im Laden, aber man kann natürlich nie wissen.«
»Dann sprengen wir das Ding aus den Angeln«, meinte Elijah. »Auf diese Weise fangen die Mauern die Druckwelle auf, und die Türflügel kippen direkt auf die Straße.«
Preacher drehte sich zu ihm um. »Hast du wirklich ausreichend Sprengstoff dabei?«
Elijah lachte. »Der reicht aus, um das halbe Haus in die Luft zu jagen.«
»Es gibt eine Durchfahrt neben dem Haus, die zur Parallelstraße führt. Wir fahren von hinten heran. Auf diese Weise kann ich den Wagen direkt unter Barbaras Fenster abstellen.«
»Drei Stockwerke über
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