Der Seelenleser
Milligramm gegeben, und sie zeigte bereits Wirkung. Kroll, das Gesicht schrecklich geschwollen, saß benommen da und schwieg.
Roma blickte entgeistert auf Fanes blutige und derangierte Kleidung, dann auf Kroll, und Fane wusste sofort, dass sie wütend war.
» Meine Güte, Townsend.«
» Lass uns mal kurz hier hineingehen und reden«, sagte er und zeigte auf das Arbeitszimmer. » Elise, passen Sie auf ihn auf, aber halten Sie sich von ihm fern.«
Sie schüttelte den Kopf und bemühte sich, Kroll nicht anzublicken.
» Ich kann das nicht– hier mit ihm drinbleiben«, sagte Elise und zog sich ins Badezimmer zurück. » Ich bin dann hier.«
» Ich passe auf ihn auf«, sagte Lore schnell.
» Stellen Sie sich so hin, dass ich Sie sehen kann«, dirigierte Fane, bevor er mit Roma ins Arbeitszimmer hinüberging. Lore hielt genügend Abstand zu Kroll und positionierte sich so in der Tür zum Ankleidezimmer, dass sie alle sehen konnte: Kroll, Elise und Fane.
» Was habt ihr in den Daten gefunden?«, fragte Fane mit gedämpfter Stimme. In seinem Kopf schwirrte es. Er wusste, was er mit Kroll tun würde, aber er hatte eine gewisse Hoffnung, dass Roma etwas in Krolls Computer gefunden haben könnte, was ihnen eine Alternative geben könnte.
» Geht’s dir gut?«, fragte Roma und ließ ihren Blick noch einmal über seinen Anzug schweifen. Aber ihre Frage bezog sich nicht auf das Blut an Fanes Hemd, und er wusste es.
» Ja, alles in Ordnung bei mir.«
Sie nickte. » Nun, da steht eine ganze Menge in den Dateien, das kaum zu glauben ist«, sagte sie. » Angefangen mit einer Art Protokoll, das wir in einer verschlüsselten Datei gefunden haben.« Sie sprach leise und schnell. » Nicht wirklich ein Tagebuch, eher ein Protokoll, als ob er alles auf das Wesentliche reduzieren wollte. Ich habe fast ein Jahr zurückverfolgt. Deine These war ein Volltreffer. Während er bei Vector Zugriff auf die Unterlagen über Currin hatte, hat Kroll festgestellt, dass Currins Frau in Psychoanalyse ist. Das war vor fast einem Jahr.
In den ersten Wochen nach seinem ersten Einbruch in Veras Praxis hat er damit begonnen, Namen möglicher Opfer aus ihren Akten zusammenzusuchen. Ungefähr zu dieser Zeit wurde Stephen List ermordet– obwohl Kroll das in seinem Protokoll nicht erwähnt.«
» Stephen und Vera hatten sich ihre Praxisräume geteilt«, nickte Fane. » Stephen muss etwas entdeckt haben, das Krolls Pläne irgendwie gefährdete. Wir sollten…«
» Warte kurz«, unterbrach Roma ihn. » Da ist noch einiges mehr. Kao hat auf einem anderen Rechner etwas gefunden, das viele Fragen beantwortet. Krolls › Experimente‹ während des Zeitraums, in dem er an den Verhörmethoden gearbeitet hat, hatten wohl hauptsächlich das Ziel, eine effizientere Methode zur Manipulation von Gefangenen zu entwickeln. Er hatte Zugriff auf die psychologischen Unterlagen von mehreren dieser Gefangenen…«
Roma schüttelte den Kopf, als könne sie nicht glauben, was sie als Nächstes berichtete.
» Es sieht so aus, als ob man ihm diese Gefangenen › geschenkt‹ hätte, nachdem man alles aus ihnen herausgeholt hatte, was von ihnen zu bekommen war. Kroll hat dann diese Informationen über ihre Psyche dazu verwendet, sie… total in die Verzweiflung zu drängen. Er hat ein Programm entwickelt, mit dem er diese armen Männer manipuliert hat, bis sie sich selbst umgebracht haben.«
Fane sog jedes ihrer Worte auf wie ein Schwamm.
» Unglaublicherweise war er in acht Fällen damit erfolgreich, bevor er zurück in die Staaten geschickt wurde. Dann gingen er und die CIA getrennte Wege. Und was wirklich gruselig ist: Vector wusste das alles, als sie ihn zu sich holten. Kein Wunder, dass seine › offizielle Akte‹ auf eine Seite reduziert ist. Nachdem er bei Vector alles hingeschmissen hat und verschwunden ist, zeigt sein Protokoll, dass er begonnen hat, Informationen über › BW ‹ zu sammeln, so eine Art psychologisches Profil anzulegen. Was verunsichert sie? Wovon ist sie besessen? Ein Abschnitt ging über › Schwachstellen, die auszunutzen sind‹. Ich konnte aus dem Kontext schließen, dass es um eine Frau geht, eine von Veras Klientinnen.«
Fane wusste es schon. » Britta Weston.«
» Schließlich schreibt er davon, dass er sie › zu sehr gedrängt‹ habe, dann philosophiert er über die Komplexität des Problems, sein System auf die psychologischen Unterschiede anzupassen, die zwischen von Krieg und Konflikt gestählten Männern und › bürgerlichen
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