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Der Seewolf

Der Seewolf

Titel: Der Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Doch er nahm keine Notiz von mir. Er nahm auch keine Notiz von der offenen Falltür. Bevor ich recht wusste, was geschah, war er schon mit einem Fuß in die Öffnung getreten, während der andere Fuß noch in der Luft schwebte. Als er den leeren Raum unter seinem Körper bemerkte, erwachte plötzlich der alte Wolf Larsen! Im Fallen riss er seinen Körper herum, sodass er mit dem Oberkörper auf der gegenüberliegenden Seite der Luke Halt fand. Dann zog er die Beine an und stemmte sich aus dem Loch heraus.
    Leider war er direkt neben meiner Marmelade und dem Stapel Unterwäsche gelandet und begriff sofort, was sich abspielte. Er warf den Lukendeckel zu und dachte, er hätte mich unten gefangen. Da wurde mir alles klar. Er war blind, stockblind!
    Ich bemühte mich geräuschlos zu atmen, während ich ihn beobachtete. Er lief zu seiner Kabinentür. Zuerst griff er neben den Griff, suchte herum, fand ihn. Jetzt hatte ich eine Chance. Auf Zehenspitzen durchquerte ich den Raum und schlich die Treppe hinauf.
    Wolf Larsen kehrte zurück, wobei er eine schwere Kiste hinter sich herzog. Er rückte sie über die Falltür. Dann sammelte er meine Marmelade und die Unterwäsche ein und räumte alles auf den Tisch. Seine Bewegungen zeigten wieder diesen leichten Anflug von Schwäche und seine Augen blickten starr. Als er die Treppe heraufkam, zog ich mich rasch zurück und trat meinen Rückweg an.

»Ein Jammer, dass die Ghost keine Masten mehr hat«, meinte Maud. »Sonst könnten wir auf ihr fortsegeln. Meinen Sie nicht, Humphrey?«
    Ich lief aufgeregt hin und her. »Wer weiß, wer weiß ...«
    Maud sah mich erwartungsvoll an. Sie hielt große Stücke auf mich und dadurch wuchs mein Selbstvertrauen.
    »Es wäre machbar«, überlegte ich laut. »Es müsste möglich sein.« »Was denn?«, drängte Maud. »Was meinen Sie?«
    »Wir setzen die Masten wieder ein und segeln fort.«
    »Humphrey!«
    Ich war so stolz auf meinen Plan, als hätte ich ihn bereits in die Tat umgesetzt.
    »Aber wie sollen wir das bewerkstelligen?«, fragte Maud.
    »Das weiß ich auch nicht. Alles, was ich weiß, ist, dass ich mich zur Zeit zu allem fähig fühle.« Ich lächelte sie an und sie senkte die Augen.
    »Und Kapitän Larsen?«, fragte sie leise.
    »Blind und hilflos!« Ich verscheuchte den Gedanken an ihn wie eine lästige Fliege.
    Dann machten wir uns ernsthaft daran, ein Konzept zu entwickeln, wie wir die Ghost so weit instand setzen könnten, um mit ihr in die Welt zurückzukehren. Ich rief mir die physikalischen Erkenntnisse meiner Schulzeit zurück und versuchte sie mit den praktischen Erfahrungen der vergangenen Monate zu kombinieren. Dann brachen wir auf, um eine Bestandsaufnahme vor Ort durchzuführen.
    Der Anblick der riesigen, im Wasser treibenden Masten ließ meinen Mut gegen Null sinken. Wo sollten wir bloß anfangen? Wenn wenigstens ein Mast noch gestanden hätte. Er hätte als Kran dienen können. Man müsste so ein Gerüst errichten, das die Seeleute »Schere« nennen ...
    Maud stand schweigend neben mir und ließ mich überlegen.
    Indem ich zwei Sparren am Ende über Kreuz zusammenbinden würde und sie danach wie ein umgekehrtes V aufrichtete, würde ich einen Fixpunkt über dem Deck gewinnen. Daran könnte ich dann eine Talje oder auch zwei befestigen. Außerdem stand noch die Ankerwinde zur Verfügung.
    Mauds Augen leuchteten auf, denn sie hatte bemerkt, dass ich eine Lösung gefunden hatte.
    »Wie wollen Sie es anstellen?«, fragte sie.
    »Ordnung in das Gerümpel bringen.« Ich deutete auf das Durcheinander von Wrackteilen im Wasser. »Steigen Sie mit ins Boot, dann packen wir die Sache gemeinsam an.«
    Während Maud das Boot auf der Stelle hielt, sortierte ich die Trümmer: Fallen, Schoten, Leinen, Taue, Stage - ein wirres Durcheinander! Bald war ich nass bis auf die Haut. Ich zerschnitt nicht mehr als unbedingt notwendig, doch bei den Segeln ließ es sich nicht vermeiden. Die schwere Leinwand, die sich voll Wasser gesogen hatte, erforderte meine ganze Kraft. Trotzdem hatten wir vor Einbruch der Dunkelheit alles auf den Strand geschafft und dort zum Trocknen ausgebreitet.
    Als wir zum Abendessen gingen, waren wir beide sehr erschöpft. Wir hatten eine Menge geschafft, obwohl es nicht danach aussah. Am nächsten Morgen stiegen wir in den Laderaum der Ghost hinunter, um die Maststümpfe zu entfernen. Doch wir hatten kaum angefangen, als mein Klopfen und Hämmern Wolf Larsen herbeilockte.
    »Hallo, da unten?«, rief er durch die offene

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