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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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kennenlernen. Er sagt, sein Vater sei gerecht und tolerant und würde mich schlussendlich als … Schwiegertochter akzeptieren.«
    In Huy stiegt eine Woge höhnischen Gelächters auf und drohte ihn zu ersticken. Die Muskeln in seiner Brust zogen sich so heftig zusammen, dass er aufspringen musste. Er konnte seinen Groll nicht mehr beherrschen. Dieser richtete sich nicht gegen sie. Wie eine giftige Wolke umfing er die Erinnerung an Nachts Gesicht an jenem schrecklichen Abend, als Huy um Anuket gebettelt hatte, um eine Aufnahme in die Familie gebettelt hatte, die ihm verweigert und Ischat jetzt angeboten wurde, als er vergeblich um eine Zukunft unter Nachts Protektorat gebettelt hatte. Er konnte nicht behaupten, Thutmosis sei liederlich, würde wahllos mit allen Frauen schlafen, wäre flatterhaft und unzuverlässig. Er kannte Thutmosis fast sein ganzes Leben lang. Thutmosis war ein fröhlicher, intelligenter, warmherziger Mann, der sein Bestes tat, um im Einklang mit den Gesetzen der Maat zu leben. Bestraf Ischat nicht dafür, befahl er sich und presste seine Kiefer fest zusammen, um die hasserfüllten Worte zurückzuhalten, die seinen Geist aufstachelten. Warum soll sie nicht die Chance ergreifen, sich zu verbessern?
    »Woher weißt du, dass es sich nicht nur um eine vorübergehende Betörung bei Thutmosis handelt?«, fragte er heiser. »Meinst du, seine Liebe bleibt bestehen?«
    »Wir sind sofort Freunde geworden. Es ist, als würden wir uns schon immer kennen.« Jetzt schluchzte sie laut, hob ihr Kleid an und fuhr heftig damit über ihr Gesicht.
    »Warum weinst du dann?« Er verschränkte die Arme gegen den schrecklichen Schmerz in seiner Brust. »Ich denke, ich bin ein vernünftiger Herr. Ich gebe dich frei. Geh mit ihm.« Sein Ton war hart.
    Jetzt wandte sie ihm ihr verschwollenes Gesicht zu, die Augen funkelten, und die Nasenflügel bebten. Ein Stück der alten, vertrauten Ischat kam zum Vorschein. »Ich bitte nur aus Höflichkeit um dein Einverständnis, Huy! Hast du vergessen, dass es allein meine Entscheidung war, den Dienst im Haus deiner Eltern aufzugeben und mich um dich zu kümmern? Warum bist du so kalt?«
    »Es tut mir leid.« Die Entschuldigung fiel ihm schwer, aber sie schien auch seinen flatternden Herzschlag zu beruhigen. »Wirst du mit ihm gehen?«
    Zu seiner Überraschung schüttelte sie heftig den Kopf. Sie packte seinen Schurz, sodass er gezwungen war, dichter an sie heranzukommen, und vergrub den Kopf in dem Leinen. Ihre heiße Stirn brannte an seinen Genitalien.
    »Nein, Huy, ich kann nicht weggehen. Das habe ich ihm gesagt. Ich liebe ihn nicht. Ich liebe dich. Und ich verfluche dich! Ich liebe dich, seit wir als Kinder zusammen gespielt haben. Ich weiß, ich bedeute dir nichts …«
    Tief besorgt löste er ihre Finger von seinem Schurz und hockte sich hin. »Du bedeutest mir viel, meine Ischat. Ich liebe dich wirklich.«
    »Aber nicht richtig. Nicht so, wie eine Liebende geliebt werden will. Doch trotzdem kann ich dich nicht verlassen. Noch nicht. Nicht ehe ich jede Hoffnung begraben habe.«
    Er ließ ihre Hände los, strich über ihre zerzausten Haare und fasste sie unterm Kinn. »Ich darf in dieser Angelegenheit nicht selbstsüchtig sein«, sagte er mit mehr Stärke, als er hatte. »Thutmosis bietet dir eine ehrbare Möglichkeit, schlussendlich die Ehefrau des Gaufürsten von Iunu zu werden! Meine Ischat die Frau eines Gaufürsten! Denk an meine Vision von deiner Zukunft.«
    »Ich weiß.« Sie schleuderte ihren Kopf nach hinten und sank auf den Boden. »Wenn er mich wirklich liebt, wird er warten. Er wird mir schreiben. Ich kann jetzt Briefe lesen. Er wird kommen und mich besuchen, mich auf kurze Reisen mitnehmen, damit ich seine Familie kennenlernen kann. Und selbst dann entscheide ich mich möglicherweise dafür, bei dir zu bleiben. Du bist nicht im üblichen Sinne mein Herr, Huy. Ich bin frei, mein Geschick selbst zu bestimmen.«
    Huy setzte sich mit einem Ruck hin. »Niemand von uns hat eine derartige Freiheit. Die Götter entscheiden über unser Schicksal, ehe wir geboren werden. Oder wiedergeboren.« Die Bitterkeit ließ sich nicht unterdrücken. »Was ich für deine Zukunft gesehen habe, wird eintreffen, egal, ob du denkst, einen anderen Weg einschlagen zu können oder nicht. Doch im Moment bin ich so egoistisch, mich zu freuen, dass du bei mir bleiben willst. Ohne dich wäre ich sehr einsam.«
    »Egoistisch ist richtig«, stimmte sie zu und war nun ruhiger. »Und ich bin schwach und

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