Der Seitensprung
worden.
Nie zuvor war der Gedanke so klar gewesen, so rein und so frei von jeglichem Zögern und Zweifeln. Es gab nur eine einzige Triebkraft, und die war so kraftvoll, dass sie alles andere verdrängte, dass sie jeden Schritt rechtfertigte, den sie machte, und jeden Gedanken.
Einen Schritt nach dem anderen. Was zählte, war das Hier und Jetzt. Die Zukunft, die sie sich wünschte, gab es nicht, die hatte er ihr gestohlen. Nun wollte sie nur noch dafür sorgen, dass er die Zukunft verlor, die er sich wünschte.
Und er sollte noch nicht einmal begreifen, was vor sich ging.
Das Tablett war fertig gedeckt. Vor der Schlafzimmertür blieb sie stehen. Sie versuchte ein paar Mal zu lächeln, um ihre Mimik zu trainieren, durfte aber auch nicht übertreiben. Sie musste versuchen, sich wie die Eva zu benehmen, die er zu kennen glaubte, die es bis vor zwanzig Stunden gegeben hatte, sonst würde er misstrauisch werden.
Sie drückte die Klinke mit dem Arm hinunter und stieß die Tür mit dem Fuß auf. Er war schon wach und stützte sich auf die Ellenbogen.
»Guten Morgen.«
Er antwortete nicht.
Hast du nicht gehört, dass ich guten Morgen gesagt habe, du Schwein?
Er lag schweigend da und starrte sie an, als hielte sie eine scharf geschliffene Axt in den Händen und kein Tablett.
»Was ist das?«
Sie machte einen Schritt ins Zimmer hinein.
»Das nennt man Frühstück im Bett.«
Sie war an seiner Seite angekommen und widerstand der Versuchung, ihm den heißen Kaffee ins Gesicht zu schütten. Er setzte sich auf, und sie stellte ihm das Tablett vorsichtig auf den Schoß.
»Du brauchst keine Angst zu haben, ich werde nicht versuchen, dich zu verführen. Ich will nur ein bisschen reden.«
Im Bewusstsein, dass dies eine viel schlimmere Drohung war, grinste sie in sich hinein.
Dann setzte sie sich ans Fußende des Bettes, so weit weg von ihm, wie es möglich war, ohne dass sie das Zimmer verließ.
Er saß ganz still, festgenagelt von dem gedeckten Tablett.
»Wie du gemerkt hast, war ich gestern Abend nicht zu Hause.«
»Nein. Es wäre nett gewesen, wenn du etwas gesagt hättest, anstatt einfach zu gehen.«
Sie schluckte. Sie durfte sich nicht provozieren lassen. Die neue Eva war ein feiner und guter Mensch, der verstehen konnte, dass er sich Sorgen gemacht haben musste.
»Ja, das war dumm. Ich bitte um Entschuldigung, aber ich musste hier eine Weile raus.«
Er gab nicht nach, sondern ergriff die Gelegenheit am Schopf, etwas von seinem schlechten Gewissen abzugeben.
»Axel war traurig und hat gefragt, wo du bist.«
Sie ballte die Hand zur Faust und konzentrierte sich auf den Schmerz, den ihre Fingernägel verursachten, als sie sich in die Handfläche bohrten.
Wenn du von Schuld sprechen möchtest, dann lass uns das tun. Wer ihm wohl am meisten Schaden zufügt?
»Ich war die ganze Nacht draußen und bin herumgelaufen.«
Sie senkte den Blick und strich mit der Hand über den blau karierten Bettbezug.
»Ich habe über alles nachgedacht, was in der letzten Zeit hier bei uns passiert ist, wie es uns geht, wie wir einander behandeln. Mir ist klar geworden, dass auch ich Schuld daran habe, dass es so weit gekommen ist.«
Sie sah zu ihm auf, konnte seine Reaktion aber nur schwer deuten. Das Gesicht war leer. Er war auf Streit und Konflikt vorbereitet gewesen und wusste offenbar nicht, wie er damit umgehen sollte, dass sie sich ihm zu Füßen legte.
Wieder lächelte sie in sich hinein.
»Ich möchte dich um Verzeihung bitten, weil ich so wütend auf die Sache mit Maria von Widmans geworden bin. Als ich es ein bisschen verdaut hatte, ist mir klar geworden, es ist wunderbar, dass du sie zum Reden hast, es kann bestimmt nützlich für uns sein. Wenn sie so klug ist, wie du sagst, kann sie uns sicher helfen, diese Geschichte durchzustehen.«
Sein Gesichtsausdruck zwang sie, wieder den Blick zu senken. Sie drehte den Kopf zur Seite, damit er ihr Grinsen nicht sah, und sprach mit abgewandtem Gesicht weiter.
»Ich weiß, dass es dir eine Zeit lang nicht gut gegangen ist, und du sagst ja selbst, dass du keinen Spaß mehr hast.«
Sie sah ihm wieder ins Gesicht.
»Warum verreist du nicht ein bisschen? Denkst darüber nach, was du willst. Ich kümmere mich hier so lange um alles, das ist vollkommen in Ordnung. Die Hauptsache ist doch, dass es dir wieder besser geht.«
Er saß ganz still da.
Na, Henrik, jetzt wird es alles ein bisschen anstrengend, nicht wahr?
Sie erhob sich.
»Ich möchte nur, dass du weißt, ich bin
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