Der Seitensprung
würde verstehen, dass er sie beschützen wollte, dass er sie nie verlassen würde und dass sie sich nie wieder zu fürchten bräuchte.
Sie schloss nur die Augen.
Machte sie zu und sperrte ihn aus.
Eine Urangst überkam ihn. All der Schrecken, vor dem sie ihn ein ganzes Jahr geschützt hatte, rollte wie eine riesige Welle über ihn hinweg.
Sie öffnete die Augen und schaute ihn wieder an.
»Jonas. Wir müssen reden.«
Sie nahm ihm das Glas aus der Hand und stellte es hinunter auf den Steg.
»Lass uns hinsetzen.«
Er konnte sich nicht bewegen.
»Komm.«
Sie streckte ihre Hand aus und legte sie vorsichtig auf seinen Arm, führte ihn behutsam an die Kante des Stegs und ließ ihn sich hinsetzen. Sie starrte aufs Wasser hinaus.
»Ich mag dich sehr, Jonas, wirklich, aber was du vor einigen Wochen zu mir gesagt hast, hat mir Angst gemacht. Mir wurde klar, dass du das Ganze vielleicht missverstanden hast.«
Ich will nicht, dass du hier noch länger wohnst.
»Dieser Mann aus der Galerie, von dem ich erzählt habe, Martin heißt er, wir haben ..., er und ich haben ... Verdammt.«
Sie guckte zur Seite, aber im nächsten Augenblick meinte er ihre Hand auf seinem Arm zu spüren, es konnte jedoch auch Einbildung sein.
»Es tut mir Leid, dass ich es dir nicht früher gesagt habe. Ich habe nicht begriffen, was du für mich empfindest, bis du gesagt hast, dass du nicht möchtest, dass ich andere Leute treffe, wenn du nicht dabei bist. Und das mit Martin. Ja, nun kann ich genauso gut sagen, wie es ist. Ich glaube, ich kann wirklich sagen, dass ich ihn liebe. Ich habe jedenfalls noch nie so empfunden.«
Er sah auf seinen Arm hinunter. Doch, da lag sie. Ihre treulose Hand lag dort auf seinem Unterarm. Sie berührte ihn.
»Verzeih mir, Jonas, aber ...«
Alles wurde weiß.
In nächsten Augenblick lag sie im Wasser. Ihr Gesicht tauchte an der Oberfläche auf, wütend und verblüfft.
»Was, zum Teufel, machst du? Bist du verrückt?«
Er sah sich um. Neben ihm lag ein vergessenes Ruder, das nur noch ein halbes Blatt übrig hatte. Ihre Hände umfassten die Kante des Stegs, aber er wand die Finger auseinander, so-dass sie loslassen musste. Als ihr Kopf das nächste Mal über der Wasseroberfläche zu sehen war, drückte er ihr das Ruder auf die Schulter und zwang sie wieder in die Tiefe. Ihre betrügerischen Hände wedelten an der Oberfläche und verschwanden. Dann zog sie sich zurück, versuchte rückwärts, ihm zu entkommen und außer Reichweite zu schwimmen.
Das Wasser umschloss ihn. Die Kälte konnte ihm nichts anhaben. Schnell war er an ihrer Seite und presste ihren Kopf unter Wasser. Er wehrte sich gegen ihre rudernden Arme und schloss seine Beine um sie. Vielleicht dauerte es zehn Minuten, Zeit existierte nicht. Nur das Gefühl, dass sie langsam, aber sicher keinen Widerstand mehr leistete, sich seinem Willen fügte und nachgab.
Und dann die Stimme von irgendwoher, die sich plötzlich in sein Bewusstsein drängte.
»Hallo! Hallo! Brauchen Sie Hilfe? Ich komme.«
SIE PASSTE DEN Moment ab, als er unter der Dusche stand. Als sie hörte, wie die Tür zur Duschkabine zugezogen wurde, schlüpfte sie ins Arbeitszimmer und kopierte die Briefe im Faxgerät. Welcher von ihnen seinen Zweck am besten erfüllte, wusste sie noch nicht, sie würde sie mitnehmen und irgendwo in aller Ruhe lesen, während er annahm, dass sie zur Arbeit ginge.
Nur einen Zettel hinterließ sie auf dem Küchentisch. »Gehe jetzt in die Firma, hole heute Axel ab, damit du in Ruhe arbeiten kannst.« Schnell die Originale zurück in den Waffenschrank und die Papiere, die sie benötigte, in die Aktentasche, dann zog sie ihren Mantel über und verließ das Haus. Er stand noch immer unter der Dusche.
Ohne eigentlich einen bewussten Entschluss getroffen zu haben, fuhr sie hinaus nach Värmdö, bog in eine kleinere Straße nach Gustavsberg ein und blieb in einer Parklücke stehen.
Geliebter,
jede Minute, jeden Augenblick bin ich, wo du bist. Zu wissen, dass es dich gibt, macht mich glücklich. Ich lebe für die kurzen Momente, die wir zusammen haben. Ich weiß wohl, dass es falsch ist, dass wir nicht so fühlen dürften, aber wie soll ich nein sagen können? Ich weiß nicht, wie oft ich beschlossen habe, dich zu vergessen, aber dann stehst du vor mir, und ich schaffe es nicht. Wenn alles herauskäme, würde ich wahrscheinlich meinen Job und du deine Familie verlieren, alles würde im Chaos enden. Und doch kann ich nicht aufhören, dich zu lieben. Und
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