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Der Seitensprung

Titel: Der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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waren aus dem Ausschnitt verschwunden, den das Panzerglas gewährte. Er schloss die Augen und versuchte, das Bedürfnis zu überwinden, hinaus an Deck zu gehen und unter freiem Himmel nachzuschauen, ob sie immer noch in Sichtweite waren.
    Als er sich umdrehte, hatte sie ihre Tasche auf den Boden gestellt und saß zusammengekauert auf dem Bett und lehnte sich gegen das Holzfurnier des Bettgestells. Unter dem dünnen Seidenmantel zeichneten sich deutlich ihre Brustwarzen ab und offenbarten, dass sie ihre Unterwäsche ausgezogen hatte. Sie hielt ein Faltblatt des Tax-Free-Shops in der Hand, aber er sah, dass sie nicht las, sondern nur den Blick darauf gerichtet hatte, um zu unterstreichen, wie enttäuscht sie über seine mangelnde Aufmerksamkeit war.
    Auf einmal begriff er, was von ihm erwartet wurde, aber auch, dass es vollkommen unmöglich war. All die Lust, die ihn vor wenigen Stunden beinahe in den Wahnsinn getrieben hätte, rann aus ihm hinaus wie Petroleum aus einer leckenden Kanne. Was noch entzündet werden konnte, lag hinter den Türen des Viking Line-Terminals am Stadsgården auf dem Fußboden. Wie, zum Teufel, sollte er es ertragen, einen Tag lang auf offener See eingesperrt zu sein? Ganz zu schweigen von dem Hotelbesuch im pittoresken Nådendal, der zu ihrer romantischen Kreuzfahrt gehörte. Scherzhaft hatte sie bereits beim Betreten der Kabine zwei frische Päckchen Kondome hochgehalten. Schlimmer ging's nicht.
    Sie war darauf eingestellt, dass sie beide alle wichtigen Entscheidungen treffen, Zukunftspläne, ja, endlich Nägel mit Köpfen machen würden.
    Und er hatte plötzlich erfahren, dass er gar nichts wusste. Nicht einmal, zwischen welchen Alternativen er wählen konnte.
    Mit einer hastigen Bewegung legte sie das Faltblatt beiseite und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
    »Fühlst du dich nicht wohl?«
    Der Tonfall bewies klar und deutlich, dass es sich nicht um eine umsichtige Frage, sondern um einen Vorwurf handelte.
    »Doch, mir geht es gut.«
    »Gut?«
    Wie ein Hieb, die Säure war nicht verflogen.
    »Was ist dann los? Ich dachte, wir wollten es uns während der Abfahrt ein bisschen nett machen.«
    Gereizt strich sie sich die blonde Strähne hinters Ohr, die nicht hochgesteckt worden war, und verschränkte wieder die Arme. Ihre Bewegungen verschoben den seidenen Stoff und machten den Spalt zwischen ihren Brüsten sichtbar. Er stellte fest, dass selbst das nichts half. Aber plötzlich nicht mehr mit ihr über seine Gefühle sprechen zu können war noch unerträglicher. Mit ihr hatte er all seine Gedanken geteilt. Sie war seine Freistatt von der Traurigkeit gewesen. Das Wohlbehagen. Die Erregung. Nur sie beide, entlang an endlosen Gesprächen mit ständig neuen unerforschten Abzweigungen. Immer gelang es ihr, ihn froh und das Leben lebenswert zu machen. Das Lachen, das so leicht zu finden gewesen war, ihre Hand, die ihn sanft und unerwartet dort berührte, wo er es am wenigsten erwartete, die ihn hatte berühren wollen.
    So wie Eva es nie gewollt hatte.
    So viele abgestorbene Triebe und Bedürfnisse hatte sie befriedigt, als sie in sein Leben gestürmt war. Wie ein ausgetrockneter Schwamm hatte er ihre Aufmerksamkeit aufgesaugt.
    Wo und wann hatten er und Eva begonnen zu vergessen? Hatten sie aufgehört, sich Mühe zu geben, und das vernachlässigt, was sie verband? Irgendwann musste Eva alles gewesen sein, was er nun in Linda zu finden glaubte. Oder nicht? Hatte er jemals das Gleiche für sie empfunden? Und wann war in dem Fall der Augenblick verstrichen, als sie den Wendepunkt passierten, die Umkehr unmöglich wurde und der Weg in die Gleichgültigkeit begann? War er denn da schon angekommen? Und wenn ja, wieso war es so unerträglich, sie sich mit einem anderen Mann vorzustellen? War er im Grunde nur geflohen? Vor der Enttäuschung, dass sie ihn vielleicht nie ganz und gar geliebt hatte, nie von Entsetzen gepackt worden war bei dem Gedanken, ihn zu verlieren?
    Dass sie nur aus Pflicht und Rücksichtnahme mit ihm weitergelebt hatte? Der Gedanke zerriss ihn. Verzweifelt versuchte er, Zorn aufzubieten, hinter dem er sich verschanzen konnte, aber er fand in seinem Innern nichts als Panik darüber, dass alles in Aufruhr war und über ihm zusammenzubrechen drohte. Er sah Linda an und wünschte plötzlich, sie würde ihn in den Arm nehmen, verstehen, wie weh es tat, betrogen worden zu sein, wie viel Angst er hatte. Mehr als alles andere brauchte er in diesem Augenblick ihr Mitleid.
    Mit einem

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