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Der Seitensprung

Titel: Der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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geliebte Kindergärtnerin zum Beispiel. Auf die er blind vertraut hatte, die so um sein tägliches Wohl und Weh besorgt war und dennoch gerade seine Welt zum Einstürzen brachte.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass Henrik in diesem Moment den Plan schmiedete, sie zu Axels neuer Teilzeitmama zu machen, setzte der kritischen Selbstbetrachtung, die sie in den letzten Minuten überkommen hatte, ein jähes Ende. Nie im Leben! Nicht genug damit, dass er sie, ohne sie zu fragen, um Axels halbe Kindheit berauben wollte, zu allem Überfluss sollte sie auch noch dazu gezwungen werden, Axel jede zweite Woche mit einer wie der unter einem Dach wohnen zu lassen. Niemals! Falls Henrik beabsichtigte, mit ihr zusammenzuleben, wollte sie bei Gott dafür sorgen, dass sie das alleinige Sorgerecht erhielt.
    Gab es überhaupt Eltern, die ihr Kind in die Obhut eines solchen Menschen geben wollten? Wie angemessen fanden die anderen Eltern eine Kindergärtnerin, die angeklagt worden war, den Tod einer Achtjährigen verschuldet zu haben, weil sie lieber telefonierte? Sie merkte, dass dies ein Gedanke war, den zu verfolgen sich lohnte.
    Den Blick fest auf Axels Augen gerichtet, fasste sie ihren Entschluss.
    Traf ihre Wahl.
    Sie musste nur Lindas Namen ganz oben auf das Blatt Papier schreiben, nachdem sie den Artikel ausgedruckt hatte. Dann steckte sie ihn in einen anonymen Umschlag, sah auf die Kindergartenliste und adressierte ihn an Simons ohnehin aufgebrachte Mutter.

 
    EIN JAHR. Allein der Gedanke war ein Faustschlag in die Magengrube. Mit jeder Wiederholung drang seine Konsequenz tiefer ein. Während des Sommerurlaubs, als sie nach Italien gefahren waren. Während all der gemeinsamen Abendessen mit ihren Freunden. Als er sie auf die Geschäftsreise nach London begleitete und sie miteinander schliefen. Dieser verfluchte Kerl war vorher und nachher dabei gewesen. Ließ ihn wie einen Stümper dastehen, der seine Sache nicht gut genug machte. Mittelmaß, das problemlos ausgetauscht und durch irgendeinen dahergelaufenen Typen ersetzt werden konnte.
    Er saß auf der an der Wand befestigten Sitzbank und schaute durch die Luke der Luxuskabine. Der Landungssteg von Nyckelviken, und am Horizont türmten sich Nicke und Nocke auf wie zwei unumstößliche Ausrufezeichen über allem, was sein Zuhause war.
    Seine Reisetasche stand ungeöffnet auf dem Fußboden. Aus dem Bad konnte er ihre Bewegungen hören, wie ihre Hand in regelmäßigen Abständen zwischen all den Dingen wühlte, die sich in einem Necessaire befinden können.
    Ein Jahr.
    Ich liebe Ihre Frau, und sie liebt mich.
    Die Badezimmertür wurde geöffnet, und sie blieb erwartungsvoll auf der Schwelle stehen. Er registrierte, dass sie einen dünnen, hellgelben Morgenmantel trug und ihre Haare zu einer Frisur aufgesteckt waren, die er noch nie an ihr gesehen hatte.
    Er wandte sich wieder der Aussicht zu.
    Wir haben mehrfach versucht, die Geschichte zu beenden, aber wir können einfach nicht ohne einander leben.
    Aus den Augenwinkeln sah er, dass sie zu ihrer geöffneten Reisetasche auf dem Bett ging.
    »Hast du angerufen und gefragt, ob wir mehr Handtücher bekommen können?«
    Ihr Ton war kurz und verärgert.
    Er drehte den Kopf und sah sie an.
    »Nein.«
    Es war keine bewusste Entscheidung gewesen. Klar, als sie hereingekommen waren, hatten sie beide festgestellt, dass es nicht genug Handtücher gab, aber aus tief verwurzelter Gewohnheit hatte er auf ihre Initiative gewartet. Sie würde schon anrufen und sich darum kümmern.
    So wie immer.
    Zum ersten Mal wurde ihm mit unmissverständlicher Schärfe bewusst, wie sehr ihn die vielen Jahre mit Eva geprägt hatten. Wie geruhsam es gewesen war, sich hinter ihrer Betriebsamkeit zu verstecken. Und mit einem Mal ging ihm auf, wie lähmend und bedrohlich der Gedanke war, loslassen und alles Gewohnte hinter sich lassen zu müssen. Wer war er denn ohne all das?
    »Und hast du es vor?«
    Die Bissigkeit ihrer Stimme holte ihn in die Wirklichkeit zurück.
    »Was?«
    »Nach Handtüchern fragen. Oder soll ich es selbst machen?«
    »Nein, wenn du willst, kann ich da anrufen.«
    Er stützte seine Hände auf die Oberschenkel, als er aufstand, ging zu dem kleinen Schreibtisch und begann, achtlos in einer der Broschüren der Reederei zu blättern.
    Vollendet, in jeder Hinsicht. Sie wissen ja, was ich meine.
    Dieses Schwein.
    Er legte die Broschüre wieder weg, wusste nicht mehr, wonach er gesucht hatte, und wandte sich erneut der Kabinenluke zu. Nicke und Nocke

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