Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)
der Kartoffeln vernichteten. Sie hatten sie nicht einmal gefressen, sondern einfach mit ihren Zähnen zerschreddert. Immer dringender wurde die Frage, was man gegen sie tun könne.
Flaschen, Knoblauch, Wühlmausschreck
Die Bäuerin im Tal schlug vor, leere Flaschen mit der Öffnung nach oben in den Boden zu setzen. Wenn der Wind darüberfährt, erzeugt er ein Pfeifgeräusch, das den Wühlern einen Schrecken einjagt. Leider funktionierte das nicht, denn Wald und Wildobsthecke hielten den Wind ab.
Andere gaben mir den Ratschlag, Narzissen, Knoblauch, Kaiserkronen und die Kreuzblättrige Wolfsmilch in den Garten zu pflanzen, denn deren Geruch mögen die Tiere nicht und verschwinden. Das Ergebnis war: Die Wühlratten verlegten ihre Gänge einfach einige Zentimeter weiter von den Wurzeln entfernt. Drahtfallen waren ebenso unwirksam. Es schien, dass die klugen Nager den Trick bald durchschaut hatten und die Fallen einfach umgingen.
Dann las ich in einer Gärtnerzeitschrift von einem batteriebetriebenen Apparat („Wühlmausschreck“) aus China, der verschiedene pulsierende Schallwellen von sich gibt, welche die Wühlmäuse vertreiben. Anfangs schien das zu funktionieren. Aber nach einem Jahr hatten die Tiere ihre Angst verloren; wenigstens war ihr Fresstrieb stärker als ihre Angst.
Langsam steigerte sich die Auseinandersetzung zu einem Kleinkrieg. Ich habe Hemmungen, Tiere zu töten, aber die Hemmungen vergingen mir in diesem Fall. Fressköder mussten her. Vergiftetes Johannisbrot. Das nahmen sie aber nicht an. Jemand sagte, man könne sich ihrer mit Autoabgasen entledigen, die man durch einen Schlauch in die Wühlmausgänge leitet. Aber das war auf unserem unzugänglichen Gelände nicht möglich. Schließlich kaufte ich mir Gaspatronen. Damit soll man vorsichtig sein und die toxischen Dämpfe keinesfalls einatmen. Instinktiv schnupperte ich dennoch kurz daran und verätzte mir dabei die Lungen, sodass ich die brutale Aktion das ganze nächste Jahr bereuen musste.
Mindestens eine gute Mausjägerin in Form einer Hauskatze lehrt die Mäuse das Fürchten und hält die Mäusepopulation und die Fraßschäden im Gemüse- und im Obstgarten niedrig.
Esoterische Lösung
Kluge Esoteriker rieten mir: „Rede mit ihnen. Rede mit ihrer Gruppenseele, ihrem Engel. Pflanze für sie ein Beet mit Topinambur an und sage ihnen, dass du das für sie tust und sie bittest, deine Beete in Ruhe zu lassen.“ Was blieb mir anderes übrig. Mithilfe eines Freundes, der ein Didgeridoo spielt, dessen Ton den Geist in anderen Dimensionen schweben lässt, versuchten wir, Kontakt mit dem Wühlmausgeist herzustellen. Die ganze Nacht saßen wir im Garten und vertieften unsere Meditation. Und tatsächlich erschien in tiefster Nacht, gegen drei Uhr, als eine Art Traumgebilde ein Wühlmausgeist. Er sah unfreundlich aus, seine schwarzen Augen stechend und die prominenten Nagezähne bedrohlich zuckend.
„ Ich pflanze euch ein Beet mit Topinambur am Gartenrand; die könnt ihr haben, aber lasst meine Gemüse in Ruhe!“ So versuchte ich ihn freundlich zu stimmen.
Er aber ließ mich wissen: „Vergiss es. Über Jahrtausende habt ihr uns verfolgt, vergiftet und mit Fallen gequält! Wir handeln nicht mit euch. Wir machen keine Deals!“
Später wurde mir klar, dass das mit dem Topinamburbeet sowieso nicht funktioniert hätte, denn anscheinend stellen die Schermäuse ihre Fruchtbarkeit auf das Futterangebot ein. Je mehr Futter, desto fortpflanzungsfreudiger sind sie. Wenn die Population das Nahrungsangebot übersteigt, dann kommt es wie bei den verwandten Lemmingen zu einem Kollaps. Folglich gibt es alle fünf bis acht Jahre ein sogenanntes Schermausjahr, wenn es kurz vor dem Populationszusammenbruch zu einer Massenvermehrung kommt.
Beim Umgraben im nächsten Frühling stieß ich auf ein gut gepolstertes Wühlmausnest mit einem halben Dutzend junger, nackter, noch blinder Jungen. Die meisten starben sofort vor Schreck. Die Hunde fraßen sie gleich auf. Aber ein kleines Mäuslein überlebte. Ich rief meine Tochter – sie muss ungefähr sechs Jahre alt gewesen sein –, um ihr das niedliche Ding zu zeigen.
„Wie lieb!“, sagte sie und holte einen alten Wollhandschuh, von dem sie einen Finger abschnitt, um das Tierchen hineinzustecken, damit es nicht friere. Sie taufte es „Mausi“ und fütterte es mit warmer Milch aus einer winzigen Puppen-Babyflasche. Tag für Tag kümmerte sie sich um Mausi.
Eines Tages waren wir Einkaufen in der Stadt – wir
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