Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)
ist.
Was den Mond betrifft, so richte ich mich vor allem nach dem Phänomen, das am offensichtlichsten ist, nämlich der Wandel zwischen Neumond und Vollmond. Wenn irgendwie möglich, säe oder pflanze ich in der zweiten Mondphase, also in der Woche, wenn es auf den Vollmond zugeht. Um Wurzelgemüse kümmere ich mich vor allem in der dritten Mondphase, das ist die Woche nach dem Vollmond. Gejätet und geschnitten wird um Neumond herum.
Vor jedem Einsäen oder Pflanzen – ob im Frühling oder auch im Sommer für die Nachkultur – messe ich die Beete genau aus: Sie dürfen nicht zu breit sein, damit man von den Wegen aus gut alle Stellen im Beet erreichen kann.
ARBEITSKALENDER UND GARTENJAHRESZEITEN
Wenn man, wie wir, abgelegen und so weit entfernt vom weltlichen Getriebe lebt und wenn man zudem, wie es lange der Fall war, weder Fernseher noch Zeitung hat, dann verändert sich das Zeitbewusstsein. Dann weiß man oft nicht, welcher Tag oder welcher Monat gerade ist. Dann gibt die Natur selber den Kalender vor. Man achtet auf den Mond, wie er tatsächlich am Himmel zu sehen ist, und auf den Wechsel und Wandel auf der Wiese, im Feld und im Wald. Nachdem der Schnee weg ist, erscheinen die fettgrünen Blättchen des Scharbockkrauts auf der kargen Weide; mit dem Wachstum der Gräser werden die Matten allmählich grüner, dann blühen die Gänseblümchen und das rosa-weiße Wiesenschaumkraut. Da wird einem bewusst: Es ist wieder einmal Wiesenschaumkrautblütezeit. Es dauert nicht lang, und die Weiden werden strahlend gelb – der Löwenzahn blüht üppig und kurz darauf der gelbe Hahnenfuß: Hahnenfußzeit! Nun bricht aus dem schwarzen, dornigen Geäst in der Hecke die weiße Blütenpracht hervor: Schlehenblütezeit!
Kurz darauf sind die Wiesen plötzlich weiß – der Wiesenkerbel hat seine Blütezeit, und dazwischen haben sich die Löwenzahnblüten in weiße, kristalline Pusteblumen verwandelt. Aus dem Wald leuchtet nun das hellgrüne Laub der Buchen. Das Gras der Weiden ist kniehoch, und es wird nicht allzu lang dauern, bis die Rinder auf die Höhe kommen.
Und so geht es weiter, bis es Erdbeerzeit ist, wenn die wilden Erdbeeren reif werden. Diese Zeit geht über in die Himbeerzeit, gefolgt von der Heidelbeerzeit und der Johannisbeerzeit, die dann von der Brombeerzeit abgelöst wird. Und nun ist es Herbst. Da schüttet die Göttin Fortuna aus ihrem Füllhorn schwarze Holunderbeeren, Hirschholunderbeeren, Vogelbeeren, Felsenbirnen, Hagebutten, Äpfel, Birnen, Quitten und Schlehen aus. Und all das geschieht im Einklang mit der Wanderung der Sonne durch den Tierkreis. Ein göttlicher Reigen! Man braucht nur zu schauen und die Sinne zu öffnen. Das ist keine abstrakte Idee, sondern unsere natürliche Wirklichkeit.
An diese Wirklichkeit, diesen Naturkalender, muss sich der Gärtner anpassen, und nicht an irgendwelchen Angaben, die in einem Gartenbuch stehen.
Die Jahreszeiten im Garten
Einen allgemeingültigen Gartenkalender zu erstellen, ist schwierig. Am warmen Kaiserstuhl in Baden zieht der Frühling einen Monat früher ein als im kalten Allgäu. Und wenn bei uns noch Schnee liegt, wird es im Tal schon grün. Die Angaben in diesem Buch stellen also keine absoluten Werte dar. Der Gärtner sollte sich an den Naturkalender halten, so wie er in Wald und Wiese in Erscheinung tritt, und nicht an rigide schriftliche Regeln. Hier nun eine ganz allgemein gehaltene Anleitung zu den gärtnerischen Arbeitsgängen im Lauf des Jahres.
Winter
Der Winter, insbesondere die Wintersonnenwendtage um Weihnachten, ist die Zeit der Muße. Während der Garten unter Schnee und Frost ruht, nimmt er im Geist des Gärtners Gestalt an. In aller Ruhe können die Bestückung der Beete, die Fruchtfolgen und die wichtigsten Arbeiten visualisiert und geplant werden. Man liest Gärtnerlektüre, auch Bestimmungsbücher, damit man weiß, welcher Käfer, welche Raupe einem da im Sommer vor den Füßen herumkrabbelt. Wenn der Garten später im Aufbruch ist, hat man meistens keine Zeit dazu. Samen, die man nicht selbst gezogen hat, bestellt man nun aus einem Samenkatalog für biologische Sorten. Gehölze, Obstbäume, Beerenbüsche, Hecken können noch gelichtet werden, ehe der Safttrieb beginnt. Falls ein Obstbaumschnitt erforderlich ist, sollte man ihn in dieser Jahreszeit vornehmen. Wenn das Wetter es erlaubt, kann man sich um den Kompost kümmern und ihn einmal wenden. Man kann Holzasche auf den vorgesehenen Kartoffelacker streuen.
Früher
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