Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
Vom Netzwerk:
Métro-Station am 16. Mai 1937 die Kehle aufgeschlitzt zu haben. Es war der erste Mord in dem U-Bahnsystem. Ein weiterer Briefeschreiber versuchte Petiot das Bombenattentat auf den sozialistischen Innenminister Max Dormoy Ende 1941 anzuhängen, und ein dritter behauptete, er habe Carlo und Nello Rosselli getötet, zwei antifaschistisch ausgerichtete Flüchtlinge aus Italien, und dafür von Benito Mussolini 100 halbautomatische Feuerwaffen als Bezahlung erhalten. Alle Anschuldigungen waren an den Haaren herbeigezogen. Die Morde zeigten wenige oder gar keine Merkmale, die die Polizei dem Täter von der Rue Le Sueur zuschreiben konnte. Später kristallisierten sich in jedem der Fälle wahrscheinlichere Täter heraus: Es war eine Gruppe französischer Faschisten mit dem Namen CSAR, landläufig auch bekannt als La Cagoule oder „Die Maskierten“.
    Während Paris im Herbst 1944 wieder aufblühte und sich von den Nachwirkungen der Terrorherrschaft erholte, hatte die französische Polizei noch keinen nennenswerten Fortschritt im Fall Petiot gemacht. Wie die New York Times berichtete, mutmaßten viele Einwohner, dass sich der Arzt den sich zurückziehenden deutschen Truppen angeschlossen habe und nach Deutschland geflohen sei. Andere Zeitungen wiederum – wie zum Beispiel La Patrie – vermuteten, Petiot halte sich noch in Paris auf.
    Um Petiot aus seinem Versteck zu locken, erzählten die Ermittler dem jungen Journalisten und Résistance-Kämpfer Jacques Yonnet die bizarre Geschichte von Charles Rolland. Am 19. September 1944 publizierte Yonnet dann einen Artikel in der Résistance , einer der vielen ehemaligen Untergrund-Zeitungen, die als beliebte Tagesblätter im befreiten Paris wie die Pilze aus dem Boden schossen. Nach einer Einleitung, in der er darauf hinwies, nicht für die Wahrheit der Anschuldigungen garantieren zu können, fuhr er fort und zeichnete ein lebendiges und detailliertes Bild von Rollands Aussage. Die Überschrift des Artikels lautete: „Petiot, Soldat des Dritten Reichs.“
    Wenige Tage später kam der lang erwartete Durchbruch in der Ermittlung, den man ohne Übertreibung als dramatisch bezeichnen musste. Dem Büro der Zeitung wurde durch den Anwalt René Floriot ein langer und handgeschriebener Brief übermittelt, unterzeichnet von einer Person, die sich als Marcel Petiot ausgab. Zur Verifizierung der Authentizität beschaffte sich die Polizei einige Schriftproben des Arztes und bat den führenden Graphologen Frankreichs, Edouard de Rougemont, um einen Vergleich. Seiner Auffassung nach war der Brief echt, woraufhin die Zeitung Petiots Gegendarstellung am 18. Oktober 1944 in voller Länge abdruckte.
    „Sehr geehrter Herausgeber“, begann Petiot. „Jeder angeklagte Mensch muss so lange als unschuldig gelten, bis das Gegenteil bewiesen wurde … Aufgrund des Gesetzes und der Unschuldsvermutung steht mir das Recht zu, mich zu verteidigen, und auch die Bitte, meine Antwort abzudrucken.“ Von den zahlreichen Fehlern des Artikels überaus verärgert, beschuldigte Petiot die Polizei mit einem spöttischen Unterton der Verleumdung und griff sie sodann direkt an. Die Ermittler hätten sich den sogenannten Charles Rolland nur ausgedacht und ihm daraufhin mit einer geradezu „krankhaften Phantasie“ solch unverschämte Mutmaßungen angelastet.
    Petiot behauptete, als langjähriges Résistance-Mitglied die Nazis selbst mutig und tapfer bekämpft zu haben. Er sei daraufhin von ihnen verhaftet und von der Gestapo bis aufs Blut gefoltert worden und habe acht Monate im Gefängnis darben müssen. Viele hochrangige Agitatoren der Résistance, darunter einige, die nun „öffentliche Ämter“ bekleideten, arbeiteten nun daran, die Wahrheit über seine patriotischen Verdienste zu enthüllen, ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen. Dann umriss Petiot seine angeblichen Verdienste für die Résistance, die lange durch die von der deutschen Presse kontrollierten Zeitungen unterdrückt und geleugnet worden seien.
    Petiot gab seinen Codenamen Dr. Eugène offen und ehrlich zu sowie seine Codenummer 46. Er behauptete, dem geheimen Résistance-Netzwerk mit dem Namen „Fly-Tox“ gedient zu haben, das sich auf Schläge gegen die Organisation Todt konzentriert und Wirtschaftspionage innerhalb der deutschen Industrie betrieben habe. Nicht weniger prahlerisch hob er seinen Wagemut und das Draufgängertum bei den „Liquidationen“ – wie er sie nannte – hervor und stellte heraus, dass man immer noch „Deutsche,

Weitere Kostenlose Bücher