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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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hätte.
    „Erheben Sie doch nicht die Arme gen Himmel, Monsieur le Président“, sagte Petiot.
    „Ich hebe meine Arme, wenn es mir beliebt!“
    „Dann werden Sie schon bald einen Grund haben, sie noch ein wenig höher zu strecken.“
    Petiot machte beim Publikum Punkte, da die Öffentlichkeit angewidert auf die unehrenhafte Zeit des Vichy-Regimes zurückblickte. Leser lenkte das Gespräch danach auf Petiots Behauptung, der Résistance schon von Anfang an angehört zu haben, und bemerkte, dass „es zu der Zeit noch gar keine Résistance gab“. Der Vorsitzende hatte mit der Aussage eine fragliche und unpopuläre Position bezogen, woraufhin das Publikum mit Buh-Rufen reagierte.
    „Ich meinte damit, keine organisierte Résistance“, lenkte Leser ein und bat Petiot um nähere Angaben zur Erfindung der Geheimwaffe.
    Der Angeklagte lehnte das mit der Begründung ab, die Boches könnten sie gegen die in Deutschland stationierten alliierten Truppen einsetzen. Dann prahlte Petiot erneut damit, deutsche Soldaten mit der Waffe getötet zu haben, und beschrieb einen Fall im Bois de Boulogne. Dort hatte er mutmaßlich einen Wehrmachtsangehörigen auf seinem Pferd getötet. Nachdem ein Zwischenrufer vorschlug, das Pferd in den Zeugenstand zu bestellen, erzählte Petiot von seiner Résistance-Gruppe und ihrer Zusammenarbeit mit dem Arc-de-Ciel-Netzwerk sowie der Beziehung zu dem britischen Offizier für Spezialeinsätze, der angeblich Résistance-Kämpfer in der Franche-Comté ausbildete. Der Arzt berichtete von einem Sprengstoffanschlag im Chevreuse-Tal, den er und die Kameraden von Fly-Tox verübt hätten.
    Als Leser eine kurze Pause anordnete, weigerten sich viele Zuschauer, ihre Plätze zu verlassen. Einige aßen sogar im Gerichtssaal Butterbrote, andere eilten kurz nach draußen – aber erst, als sie sich ganz sicher waren, dass jemand ihren Platz freihielt – und kehrten mit einem Exemplar von Petiots Buch Le Hasard Vaicu zurück, das in den Straßen vor dem Justizpalast reißenden Absatz fand. Während der Prozessunterbrechungen verließ Petiot häufig den Zeugenstand, um Exemplare zu signieren.
    Nach der Pause begann Maître Pierre Véron, der juristische Vertreter der Familien Khaït und Dreyfus, Petiot zu den Résistance-Aktivitäten zu befragen. Der große, breitschulterige Mann mit einem Bürstenhaarschnitt trug den Orden der Ehrenlegion an seiner Robe. Mit seinen 36 Jahren hatte er genügend Lebenserfahrung gesammelt und war somit für die Aufgabe qualifiziert. Er hatte als Résistance-Kämpfer mit eigenen Händen viele Brücken in die Luft gejagt und beim Schutz der rechten Flanke von Pattons Armee geholfen, als sich diese im Sommer 1944 auf Paris zubewegte. Ein dem Prozess beiwohnender Filmproduzent von der U.S. Army charakterisierte Véron als eine von drei Personen im Saal, die sich bei einer Hollywood-Produktion selbst spielen könnten. Die anderen waren seiner Meinung nach Leser und Petiot.
    Véron eröffnete das Verhör mit einer einfachen Frage zu einem Themengebiet, in dem sich Petiot laut eigenen Angaben bestens auskannte: „Was sind Plastiksprengstoffe?“
    Petiot kam ins Stottern, wirkte leicht verwirrt und wurde plötzlich rot. Véron verfolgte sein Konzept weiter, da sich die Vermutung bestätigte, dass Petiot zu dem Thema nichts erzählen konnte: „Wie transportiert man Plastiksprengstoff? Wie wird er scharf gemacht? Wie bringt man ihn zur Detonation?“
    „Soll das hier eine Aufnahmeprüfung für die École Polytechnique werden?“, fragte Floriot, Petiot in Schutz nehmend.
    „Eine Prüfung für die École Polytechnique? Sicherlich nicht. Es war eine begründete Frage, um die Mitgliedschaft des Angeklagten in der Résistance zu klären, und es hat ja wohl nicht lange gedauert, herauszustellen, dass Ihr Mandant ein Heuchler ist“, erwiderte Véron. „Ich bin mir nun absolut sicher, dass dieser selbsternannte Held der Résistance niemals Plastiksprengstoff gesehen hat und überhaupt nichts über den Umgang damit weiß.“
    „Sie haben mich nicht ausreden lassen“, entgegnete Petiot beim Versuch, den schlechten Eindruck wiedergutzumachen, den er bei den Fragen hinterlassen hatte. Doch Véron konzentrierte sich weiterhin auf technische Details, von denen jeder Widerstandskämpfer wusste. Mitten in einer Erläuterung einer deutschen Stielhandgranate mit Holzgriff, explodierte Petiot förmlich und schrie den Verteidiger an: „Sie Verteidiger von Juden und Vaterlandsverrätern!“
    Buh-Rufe,

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