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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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Reitverein?“, fragte er, damit andeutend, dass Yonnet eine Verbindung zu einem Club unterhielt, der sich bei den Deutschen und vielen hochrangigen Kollaborateuren großer Beliebtheit erfreute. Yonnet antwortete, dass er weder Tennis spiele noch jemals in dem Club gewesen sei. Petiot enthielt sich eines Gegenbeweises.
    Yonnets Kamerad vom DGER, Lieutenant Brourad, erklärte anschließend, dass Petiot Cumuleau aus einer Reihe von ihm vorgelegten Fotos nicht habe identifizieren können. Als er die Ermittlungsergebnisse erläuterte, wies Brouard auf nicht weniger als 25 Fälle hin, bei denen Petiots Zeugenaussage im Widerspruch zu landläufig bekannten Fakten im Zusammenhang mit der Résistance gestanden haben. Als Leser um 19 Uhr das Ende des Prozesstages bekanntgab, hatten die beiden letzten Zeugen der Staatsanwaltschaft der Glaubwürdigkeit Petiots einen schweren Schlag versetzt.

DIE LEUTE WOLLEN MICH ALS VERMITTLERIN PORTRÄTIEREN, ALS EINE KOMPLIZIN, JA, SCHLIMMER NOCH, ALS EINE AGENTIN DER GESTAPO. SIE BESCHIMPFEN MICH ALS EIN FLITTCHEN. SIE HABEN MIR JEDES NUR ERDENKLICHE SCHIMPFWORT AN DEN KOPF GEWORFEN. SIE HABEN MICH RUINIERT – UND NUN WOLLEN SIE MICH ZERSTÖREN.
    (Eryane Kahan)
    A m 27. März, dem neunten Tag des Verfahrens, rief die Strafverfolgung Petiots angebliche Komplizen in den Zeugenstand, darunter der Friseur Raoul Fourrier, der Visagist Edmond Pintard, Marcel Petiots Bruder Maurice und sein alter Freund René Nézondet. Die Zeugen verfügten über eine wahre Fundgrube an relevanten Informationen. Die Herausforderung sowohl für die Staatsanwaltschaft als auch für die Verteidigung bestand darin, die für sie wichtigen Fakten zu extrahieren und sie in einen Bedeutungszusammenhang zu stellen.
    Als ein streng bewachter und stiller Fourrier den Zeugenstand betrat, kehrte Président Leser zur Frage zurück, worin seine Motive bestanden hätten, Petiot neue Kunden zuzuspielen. Fourrier blieb strikt bei der Aussage, dass er fest daran geglaubt habe, eine patriotische Organisation zu unterstützen. Sein Vertrauen in die Integrität der Gruppe sei bestätigt worden, als die Gestapo Petiot verhaftet und für acht Monate in Gewahrsam genommen habe. Befragt zum Verschwinden der Gangster und ihrer Geliebten, antwortete er, nichts davon gewusst zu haben, dass die Männer ihre Frauen mitbrachten. Nein, er habe niemals viele Fragen gestellt, denn Petiot habe erklärt, alles streng vertraulich zu behandeln. Fourrier betonte nachdrücklich, wie wenig er tatsächlich von der Organisation gewusst und dass eigentlich sein Freund Edmond Pintard nach Fluchtwilligen Ausschau gehalten habe.
    Pintard gab zu, die Bars und Cafés rund um Montmartre nach möglichen Kandidaten abgesucht zu haben, wobei er üblicherweise „weder konkret über Geschäfte noch über Politik sprach, sondern über alles und nichts“. Er gestand das Anwerben der neun Gangster und ihrer Freundinnen. Wie auch Fourrier schien er geglaubt zu haben, Menschen bei der Flucht vor der Unterdrückung der Nazis zu helfen.
    Pintard sagte aus, dass Fourrier ihm einen Brief oder eine Notiz gezeigt habe mit der Ankunftsbestätigung „Jos, des Boxers“ in Argentinien. Petiot grinste und gab zu – wie aus heiterem Himmel –, dass er den Text gefälscht habe. Es war ein überraschendes Geständnis, besonders, da Petiot es ablegte, nachdem der Graphologe die Authentizität der Schriftstücke anerkannt hatte. Ganz offensichtlich genoss es der Arzt, das Urteil einer Autoritätsperson zu negieren, auch wenn dieser Schachzug zu seinen Ungunsten ausfiel.
    Marcel Petiots ältester Freund René Nézondet betrat als Nächster den Zeugenstand. Die Aussage brachte zwar nicht viel Licht ins Dunkel des Falls, fügte aber der Glaubwürdigkeit des Angeklagten einen erheblichen Schaden zu. Wie er schon der Gestapo nach der gemeinsamen Verhaftung mit seinem Freund im Mai 1943 erzählt hatte, habe er zu der Zeit nichts über Petiots Aktivitäten gewusst. Erst im Gefängnis habe er von der geheimen Fluchthilfeorganisation erfahren. Nézondet hatte fest daran geglaubt, dass die Deutschen den Freund erschießen würden. Erst nach der Entlassung habe er erfahren, auf was für eine Reise Petiot die Fluchtwilligen geschickt hatte.
    Dies sei ihm bei einem Gespräch mit Maurice Petiot klar geworden. „Die Reise beginnt und endet in der Rue Le Sueur“, habe der jüngere Petiot angeblich gemeint, bevor er ihm die „vielen Koffer, abgestempelten Briefe, Injektionsnadeln, eine Formel

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