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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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und nachträglich verstärkten Wänden und einem Spion auf der Außenseite. Die Kammer war so gut wie schalldicht und konnte sogar – wie Professor Griffon zu Protokoll gab – durch einen einfachen Teppich, den man unter der Tür feststeckte, luftdicht isoliert werden. Die gefundenen Gasmasken mussten nicht unbedingt den Opfern gehört haben. Allerdings mag die Gasmaske, die man in Petiots Büro fand, nicht nur wegen des Leichengestanks eingesetzt worden sein. Bei den Renovierungsarbeiten erzählte er den Bauarbeitern, dass die dreieckige Kammer ein Bestrahlungszimmer werden sollte – ein guter Vorwand für einen anderen Zweck: Eine Gaskammer!
    Meine Zweifel hinsichtlich der Mordmethode durch Injektionen wuchs über die Jahre, doch verstärkte sich zunehmend, als ich das Glück hatte, eine alte Quelle über Marcel Petiot zu finden. Das Buch war 1944 in Belgien, nur weniger als drei Wochen nach der Entdeckung der Leichen in der Rue Le Sueur, publiziert worden. Le Cas du Dr. Petiot von Albert Massui stellte sich als überaus wertvoll heraus, speziell aufgrund eines Zeugenberichts: Es enthielt die Aussage eines jungen Mannes, der mit Petiots Organisation fliehen wollte und behauptete, alles überlebt zu haben. Entsprach das tatsächlich der Wahrheit? Nach zahlreichen Abwägungen glaube ich es.
    Man identifizierte den Mann als Raphaël K.; sein Nachname wurde nicht veröffentlicht, denn zu der Zeit der Publikation war Paris noch von den Deutschen besetzt und er hoffte einen Fluchtweg aus Europa zu finden. Seine Familie bedrängte ihn, sich ruhig zu verhalten. Man sagte ihm, dass die Leute skeptisch seien, denn zu der Zeit des Zwischenfalls machten viele schreckliche Berichte die Runde. Die ersten aus den Konzentrationslagern geflohenen Juden berichteten von den schockierenden und kaum zu glaubenden Grausamkeiten, von denen sie Zeugen wurden. An dieser Stelle möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Erzählung des jungen Mannes in Druckform erschien, lange bevor Petiots Methoden allgemein bekannt waren.
    Im Juni 1942 nahm Raphaël K. mit der Fluchhilfeorganisation von Petiot Kontakt auf. Nachdem er die Gebühr von 5.000 Francs, die deutlich niedriger ausfiel als bei anderen Kunden, entrichtet hatte, erhielt er ähnliche Instruktionen wie die ihm nachfolgenden Opfer. Ihm wurde aufgetragen, sich an der Ecke Rue Championnet / Rue Damrémont im 18. Arrondissement einzufinden, von wo aus man ihn über nicht nachvollziehbare, verschlungene Pfade durch die Stadt leitete, bis er den Friseursalon erreichte. In einem Hinterzimmer bekräftigte Raphaël die Absicht, aus der besetzten Stadt zu fliehen. „Ich muss deine Gründe nicht kennen“, antwortete ihm der Arzt. „Ich bin mir sicher, dass es ehrenwerte Absichten sind.“
    Nachdem Petiot erfahren hatte, dass der junge Mann so schnell wie möglich fliehen wollte, erzählte er ihm von seinem „außergewöhnlichen Glück“, denn eine Gruppe sollte am folgenden Morgen die Stadt verlassen. Er würde über Casablanca reisen, wie es auch Guschinow fünf Monate zuvor gesagt worden war. „Unter den gegebenen Umständen“, meinte Petiot, „würde ich dir raten, so viel Geld wie möglich mitzunehmen.“
    Daraufhin instruierte er Raphaël, Briefe an seine Verwandten zu verfassen. Da er alleinstehend war, schrieb er den Eltern und riet ihnen, sich keine Sorgen zu machen, denn er wolle so schnell wie möglich zurückkommen, wenn sich die Situation entspannt habe. Raphaël sollte die Briefe schon vor dem Treffen mit dem Arzt schreiben, was im Gegensatz zur allgemein üblichen Methode stand. Im Fall der anderen Opfer wie Van Bever, Khaït und Braunberger verschwanden die Personen ohne vorherige Ankündigung und trugen kein Gepäck bei sich, was darauf hinweist, dass sie sicherlich keine Schriftstücke mit sich führten, in denen sie von der Abreise berichteten. Es ist allerdings möglich, dass Petiot seine Methode später änderte. Raphaël war einer der ersten Fluchtwilligen, die das falsche Netzwerk in Anspruch nehmen wollten.
    Am Abend vor der Abreise begleitete Petiot Raphaël zum Haus in der Rue Le Sueur. „Immer noch sicher? Hast du vielleicht Angst?“, fragte Petiot den Mann, der keinerlei Furcht zeigte. „Gut, umso besser.“ Er führte den Mann in sein Büro, das nach Angaben Massus im Außengebäude untergebracht war und in dem sich ein polierter Tisch, Sessel und Magazine auf einem Tisch befanden. Dem Mann wurde aufgetragen, im Raum am Ende des Korridors auf die

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