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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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Rechtsanwalt mit wichtigen Beziehungen auf. Jean Guélin war früher Strafverteidiger und Bürgermeister einer kleinen Gemeinde in Deux-Sèvres, doch er hatte seinen Position aufgrund von Schwarzmarktgeschäften verloren. Der nun in Paris ansässige Guélin führte einen lukrativen Altmetall-Handel und verkaufte die Ware an die deutschen Behörden. Darüber hinaus beteiligte er sich an weiteren Unternehmungen wie einem Restaurant. Er führte das Théâtre des Nouveautés, unweit Fourriers Friseursalon, und seit damals fünf Monaten – zusammen mit seinem Kollegen Marcel Dequeker – das Théâtre Édouard VII. Sowohl das Restaurant als auch sein Appartement an der Rue de Longchamp waren von jüdischen Besitzern konfisziert worden.
    Gut informiert über das Vermögen der Dreyfus-Familie, trat Guélin mit der Bitte um Freilassung des Gefangenen an den Gestapo-Strippenzieher heran. Das Lösegeld konnte seinem Vorschlag nach zwischen Jodkum, dem Dritten Reich und ihm aufgeteilt werden.
    Diese Art des Freikaufs einzelner Juden nahm im besetzten Frankreich, aber auch in Europa stetig zu. Sechs Monate zuvor hatte Heinrich Himmler (mit Unterstützung Adolf Hitlers) die IV B–4-Büros angewiesen, bestimmte Einzelpersonen, die als geringes Sicherheitsrisiko eingestuft wurden, gegen Zahlung freizulassen. Einige europäische Dienststellen stellten daraufhin Listen reicher Juden zusammen, die sich in der Lage befanden, solch ein Lösegeld zu entrichten. Dazu zählt die Frielingsdorfs-Liste der niederländischen Abteilung IV B–4. Allein in besagtem Land gelang es 400 Juden, sich ihre Freiheit zu erkaufen, wodurch die Deutschen 35 Millionen Schweizer Franken erbeuteten. Das Vermögen wurde teilweise zur Finanzierung verschiedener Operationen des Dritten Reichs eingesetzt, fand sich aber auch in den Taschen hochrangiger Nazis wieder, die die Lösegeldzahlungen aushandelten.
    Jodkum akzeptierte den Vorschlag des Rechtsanwalts, jedoch unter der Bedingung, dass Dreyfus für das Reich tätig werden und die Fluchtorganisation infiltrieren müsse. Dank vorhergehender Überwachungen wusste die Gestapo, dass man im 9. und 10. Arrondissement leicht Kontakt zu den Verantwortlichen herstellen konnte. Allerdings war es weitaus schwieriger, ihr Vertrauen zu erlangen. Man glaubte, dass die Fluchthelfer zahlreiche Schutzvorkehrungen trafen, wie zum Beispiel eine peinlich genaue Überprüfung, für die ein angeblicher Polizist verantwortlich zeichnete, und mehrere Gespräche, durch die gewährleistet wurde, dass der potenzielle Kunde keine Gefahr für die Sicherheit der Organisation darstellte.
    Falls man den Bewerber als glaubwürdig erachtete, teilte man ihm Zeit und Ort der Abreise während eines Treffens an einem geheimen Ort mit. Für gewöhnlich informierte man den Fluchtwilligen drei oder vier Tage vor dem exakten Zeitpunkt. Am ausgemachten Tag traf sich ein Mitglied der Gruppe mit der jeweiligen Person und eskortierte ihn oder sie zu einem Geheimversteck, das nach Meinung der Gestapo ein „Hotel oder eine Arztpraxis“ war. An dem Punkt angelangt, hatte der Fluchtwillige schon alle Kontakte zu Freunden und seiner Familie abgebrochen. Die Abreise fand nach Auffassung der Gestapo drei Wochen später statt.
    Das Fluchtgeld wurde auf den verschiedenen Etappen auf dem Weg in die Freiheit abkassiert: Zuerst musste eine Zahlung von 50.000 Francs entrichtet werden, dann zusätzlich 400 Francs für jede Übernachtung im Hotel der Organisation und weitere 90.000 Francs für die falschen Papiere, die man auf dem Bahnhof übergab. (Die Summe richtete sich immer nach den Vermögensverhältnissen der jeweiligen Person.)
    Das Geld und der Schmuck des Flüchtigen wurden der Organisation zur Aufbewahrung übertragen, bis dieser die spanische Grenze erreicht hatte. Man vermutete, dass der Helferring die Flüchtigen nach Irun, einer baskischen Grenzstadt in der Provinz Gipuzkoa brachte und von dort aus mit dem Zug weiterreisen ließ, bis zu einem Hafen in Portugal, von wo aus sie mit einem neutralen Schiff nach Südamerika übersetzten. Die jeweiligen Personen erreichten den Kontinent mit Ausweispapieren, die sie als Handlungsreisende der Republik von Argentinien identifizierten.
    Ein Gestapo-Bericht fasste die Organisation wie folgt zusammen: „Die Führung des Untergrundnetzwerks zur Fluchthilfe für Personen, die aus Gebieten stammen, die unter deutscher Kontrolle stehen, muss Schlussfolgerungen nach wahrscheinlich unter französischen

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