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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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Führung von Marcel Petiot arbeiteten, der – zu Massus Verblüffung – tatsächlich schon von der Gestapo verhaftet worden war und acht Monate im Gefängnis gesessen hatte. In der Akte fanden sich Details zur Vorbereitung der Verhaftung, die im Frühjahr 1943 stattfand, um Petiot, den angeblichen Résistance-Kämpfer und Erzfeind des Dritten Reichs, zu überführen.
    Einer bestimmten Gestapo-Abteilung wurde die Aufgabe ganz speziell anvertraut: der IV B–4. In der Nazibürokratie des Schreckens und Terrors war die Gestapo an sich die Abteilung IV des SS-Reichssicherheitshauptamts. Abteilung B befasste sich mit „Religionsgemeinschaften“ und die Unterabteilung 4 mit der „Judenfrage“. Schon seit März 1942 traf die Gestapo IV B–4 alle Vorkehrungen zur Umsetzung der sogenannten „Endlösung“: die Verhaftung der Juden, die Beschlagnahme ihres Besitzes und die Deportation in die Todeslager und KZs im Osten. Das Berliner Büro unterstand, wie auch alle anderen Außenstellen im besetzten Europa, dem Befehl von Adolf Eichmann.
    Ein leitender Nazi des Pariser Büros, Dr. Robert Jodkum, ein gutgebauter blauäugiger Mann Ende 50 mit einem Bürstenhaarschnitt und einer Brille mit dicken Gläsern, war schnell bereit, jeden Befehl gewissenhaft und bedingungslos auszuführen. Der ehemalige Sekretär und Übersetzer des SS-Hauptsturmführers Theo Dannecker, dem in Paris stationierten „Experten für Judenfragen“, unterstand nun dem Befehl von Danneckers Nachfolger, SS-Obersturmführer Heinz Röthke. Obwohl nominell noch dem Kommando des Sturmbannführers Loperz untergeordnet, konnte Jodkum effektiv seine gegen die Juden gerichteten „Maßnahmen“ durchführen.
    Jodkum, ein ehemaliger Schweinemetzger, zählte zu den wenigen Zivilisten, die im Reichssicherheitshauptamt, das 1939 gegründet worden war, um die sieben separaten SS-Abteilungen unter eine Führung zu stellen, eine solche Prominenz erlangten. Er stand wegen seiner den Juden gegenüber angeblich nachsichtigen Haltung unter enormem Druck, weshalb er sich dazu entschied, Petiots vermeintliche Fluchthilfeorganisation mit unnachgiebiger Härte zu verfolgen, von der man glaubte, sie sei tief in den „Menschenschmuggel“ verstrickt.
    Jodkum beabsichtigte nicht, den einfachen Weg zu gehen und den Friseursalon zu stürmen sowie Verhaftungen vorzunehmen. Stattdessen schleuste er einen Agenten ein, auch „Mouton“ genannt (was wortwörtlich Schaf oder Spitzel bedeutet), der sich als verzweifelter Mann ausgab, der Paris unter allen Umständen verlassen musste und dazu die Hilfe der Organisation benötigte. Auf diese Weise konnte die Gestapo den Fluchthelferring infiltrieren, mehr über das Prozedere erfahren und danach – in einem günstigen Augenblick – die Anführer und Mittelsleute festnehmen sowie die möglichen Akten und das Vermögen beschlagnahmen. Jodkum arbeitete den Plan sorgfältig aus und wählte Yvan Dreyfus für die Rolle des Spions aus. Dreyfus war ein 35-jähriger ehemaliger Seidenhändler jüdisch-elsässischer Abstammung, der durch einen unglücklichen Zufall Jodkums Aufmerksamkeit erregt hatte.
    Zu Kriegsbeginn 1939 arbeitete Dreyfus in den USA, wo er zuvor Ingenieurswissenschaften studiert hatte. Die Freunde, angesichts seines jüdischen Glaubens besorgt um seine Sicherheit, drängten ihn, im Land zu bleiben, doch Dreyfus ließ sich nicht umstimmen. „Ich bin Franzose“, entgegnete er ihnen, unfähig sein Land in Zeiten der Not im Stich zu lassen. Er kehrte nach Frankreich zurück und ließ sich für die Armee rekrutieren. Seine Ankunft lag zeitlich gesehen knapp vor der Invasion der Deutschen.
    Nach der Demobilisierung der Armee erkannte Dreyfus, dass der Seidenhandel nur noch auf Sparflamme lief, woraufhin er sich in Lyon auf den Verkauf von Radios und Elektrogeräten spezialisierte. Anfang 1943 entschied er sich dazu, sich de Gaulles Freien Französischen Streitkräften in London anzuschließen, und beauftragte einen „Passeur“, einen Führer, ihn und vier seiner Cousins aus der besetzten Zone hinauszuschmuggeln. Doch sie wurden verraten und in Montpellier verhaftet, in Nimes ins Gefängnis geworfen und schließlich nach Compiègne gebracht, einem berüchtigten Zwischenstopp auf dem Weg in die Konzentrationslager Dachau und Buchenwald.
    Die Dreyfus-Familie hörte von der Verhaftung und wollte – falls das überhaupt im Bereich des Möglichen lag – seine Freilassung erkaufen. In dieser Zwangslage tauchte ein französischer

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