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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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Form“.
    Das Publikum aus Malern, Schriftstellern, Autoren von Theaterstücken, Surrealisten und sogar argentinischen Millionären teilte diese Meinung. Sie applaudierten lautstark und gratulierten Picasso zu seinem Erfolg. Danach feierten die Schauspieler und das Publikum mit Wein und Desserts, darunter ein Schokoladekuchen, der von den Argentiniern mitgebracht worden war.
    Da das Stück kurz vor 23 Uhr endete, also knapp vor Beginn der Sperrstunde, lud Leiris die Darsteller und einige Freunde zur Übernachtung ein. Sie sangen, lauschten Jazz-Platten und bewunderten Sartres Klavierspiel. Camus und der Gastgeber spielten diverse Szenen, wobei Wein getrunken wurde, den man warm und mit Zimt reichte. Die Feierlichkeiten endeten um fünf Uhr in der Früh. Simone de Beauvoir war in Hochstimmung: „Vor einem Jahre hätten wir niemals von einer solchen Zusammenkunft zu träumen gewagt, einer lauten und ausgelassenen Feier, die Stunden andauert.“
    Es war die erste der Fiestas, wie Michel Leiris sie taufte, die im Frühling 1944 stattfanden. Beauvoir beschrieb eine kurz danach veranstaltete Festivität im Haus des Surrealisten Georges Bataille in der Cour de Rohan folgendermaßen: „Wir dachten uns eine Art Karneval aus, mit all den Scharlatanen, den Trickdarstellern, den Clowns und den Paraden. Dora Maar mimte einen Stierkampf, Sartre dirigierte ein imaginäres Orchester aus einem Schrank heraus und Limbour fiel wie ein Kannibale über einen Schinken her. Queneau und Bataille duellierten sich mit Flaschen statt mit Schwertern, Camus und Lemarchend spielten auf Pfannendeckeln Militärmärsche, während die, die singen konnten, sangen. Die Unbegabten blieben stumm. Wir führten Pantomimen auf, Komödien, Schmähreden, Parodien, Monologe und Bekenntnisse: Der Improvisationsfluss riss zu keiner Sekunde ab, und die Darsteller wurden immer mit enthusiastischem Applaus bedacht. Wir legten Schellackplatten auf und tanzten, einige von uns … sehr gut, und andere nicht so geschickt.“
    Zurückblickend erinnerte sich Beauvoir an das Gefühl „der überschäumenden Lebensfreude. Ich gelangte wieder zu meiner alten Überzeugung, dass das Leben eine Freude sein kann und sein sollte.“
    Am 19. März begann Kommissar Massu mit den Einzelverhören des Friseurs Raoul Fourrier und des Visagisten Edmond Pintard hinsichtlich ihrer Verwicklung in das angebliche Fluchthelfernetzwerk.
    Raoul Fourrier, ein kleiner Mann mit weißem Haar und einer schwarzen Baskenmütze, wurde zuerst in das Büro Massus im dritten Stock gebracht. Er versank förmlich im Lehnstuhl und wirkte nervös, übervorsichtig und hochgradig misstrauisch. Fourrier sprach mit leiser Stimme. Dabei zuckten die Augenlider, und seine Finger krampften sich um die Armlehnen. Als Massu das Thema Petiot anschnitt, bemerkte er den Schweiß, der sich in kleinen Perlen auf Fourriers Stirn abzeichnete und in Richtung des dicken, faltigen Halses rann.
    Zögerlich begann Fourrier seine Aussage: Er sei schon seit sieben Jahren Patient in Petiots Praxis in der Rue Caumartin gewesen, und genau dort habe der Arzt Anspielungen auf die Organisation gemacht. Es musste wohl im Mai 1941 gewesen sein, denn die beiden unterhielten sich über den Fall einiger unglückseliger Fahrradfahrer, die bestraft wurden, nur weil sie aus Versehen die Demarkationslinie überquert hatten. Petiot hatte dem Friseur zu verstehen gegeben, dass er wisse, wie man Franzosen in die unbesetzte Zone und daraufhin nach Südamerika bringen könne. Es war ein gefährliches Unterfangen, das jederzeit von der Gestapo entdeckt werden konnte. Für den Fall einer schnellen Flucht hielt Fourrier einen gepackten Koffer bereit.
    Petiot meinte, dass Fourrier als Inhaber des Friseursalons möglicherweise einige Personen kenne, die diese „Ausreisemöglichkeit“ in Anspruch nehmen würden. Fourrier zeigte sich von der Anspielung überrascht und behauptete, dass er bislang jegliche Aktivität vermieden habe, die ihn in einen Konflikt mit dem Gesetz bringen könne. Doch laut Fourriers Eindruck war „der Doktor ein charmanter Mann, fast schon verführerisch“. Er überzeugte also den Friseur davon, ein aktives Mitglied der Résistance zu werden und anderen Patrioten dabei zu helfen, „den Vergeltungsmaßnahmen der Deutschen zu entkommen“.
    Gleichzeitig stellte er Fourrier eine „nette Kommission“ in Aussicht. Sich selbst rechtfertigend, erzählte der Friseur dem Kommissar, dass er hinsichtlich einer persönlichen Bereicherung

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