Der Sichelmoerder von Zons
nächster Woche? Ich veranstalte mit einigen anderen Unternehmern eine Dinnerparty. Das wäre für Sie doch sicher interessant? Sie könnten potenzielle neue Kunden kennenlernen. Ich würde Sie gerne weiterempfehlen.“
Anna überlegte kurz und antwortete dann:
„Vielen Dank, Herr Kronberg. Ich komme gerne. Lassen Sie mir doch eine E-Mail mit der Einladung zukommen.“
Anna legte auf und starrte abermals entnervt auf ihr Navigationsgerät. Dieser Kronberg ging ihr langsam auf die Nerven. Er rief sie fast jeden zweiten Tag an und mittlerweile fühlte sie sich von ihm belästigt. Sie steckte mitten im Einbahnstraßengewirr von Düsseldorf fest und konnte einfach nicht nach links abbiegen. Sie befand sich gerade im Stadtteil Oberkassel. Dort lebten viele wohlhabende Menschen, so wie der Investmentbanker Jimmy. Heute Abend fand eine Kundenveranstaltung im Hotel „Swissôtel“ in Neuss statt und Anna hatte versprochen, Jimmy abzuholen und gemeinsam dort zu Abend zu essen.
Anna wäre heute Abend viel lieber bei Emily gewesen. Sie hatten sich fest vorgenommen, gemeinsam in das Labyrinth unterhalb von Zons hinabzusteigen und mussten noch etliche Vorbereitungen hierfür treffen. Keine von beiden hatte so etwas schon einmal unternommen und es war ganz sicher nicht ungefährlich. Aber es bedeutete für Emily eine große Chance. Das könnte ihr endgültiger Durchbruch als ernstzunehmende Journalistin sein. Kein Mensch vermutete ein Labyrinth unter Zons und wenn sie die Ersten wären, die es entdeckten, würde es eine riesen Publicity für sie geben.
Endlich. Sie hatte es geschafft und parkte vor einem herrschaftlichen Haus mitten in Oberkassel. Der Eingang zur Haustür wurde von zwei großen Säulen zu beiden Seiten flankiert und wirkte mit seinen aus Marmor bestehenden Platten sehr vornehm. Anna sah auf das Klingelschild. Nur vier Namen waren zu sehen. Das waren nicht sehr viele Bewohner für ein so großes Haus. Über der Haustür waren zwei Kameras angebracht. Direkt daneben befand sich die rote Signallampe einer Alarmanlage. Sie klingelte und vernahm kurz darauf Jimmys krächzende Stimme. Im Hintergrund konnte sie Chormusik wahrnehmen. Es erinnerte sie an alte gregorianische Mönchsgesänge.
Der Türöffner summte und Anna stieg schnell die Treppen zu Jimmys Wohnung hinauf. Über seiner Wohnungstür blinkten die roten LED-Leuchten von zwei weiteren Überwachungskameras auf. Durch die Wohnungstür hindurch vernahm sie wieder die Musik, die sie schon durch die Wechselsprechanlage wahrgenommen hatte. Jetzt konnte sie ganz deutlich den Mönchsgesang hören. Die Musik verstummte und kurz darauf öffnete sich die Wohnungstür. Mit einem breiten Grinsen nahm Jimmy sie in Empfang. Er hatte sich für eine Kundenveranstaltung in Neuss mächtig herausgeputzt. Seine gegelten Haare glänzten wie nasse schwarze Seide, eine teure Krawatte schmückte seinen Hals und goldene Manschettenknöpfe verzierten die weißen Ärmel seines Hemdes. Er roch stark nach herbem Herrenparfüm, welches er gerade erst aufgelegt haben musste.
Anna sah sich im Flur um. Wieder entdeckte sie zwei Kameras an der Decke. Jimmy führte sie in sein Wohnzimmer und bat sie kurz Platz zu nehmen. Nervös schaute sie auf die Uhr. Ihnen blieben noch etwas mehr als dreißig Minuten bis zur Eröffnungsrede der Kundenveranstaltung. Das würde verdammt knapp werden. Trotzdem setzte sie sich. Das Wohnzimmer war riesig. An der Wand befand sich ein großer offener Kamin. Auf der anderen Seite sah sie eine ellenlange Fensterfront, die sich über die gesamte Wand bodentief hinzog. Altes, wunderschönes Eichenparkett krönte die vornehme Atmosphäre dieser Wohnung und gab ihr gleichzeitig die nötige Wärme, die man brauchte, um sich hier wohlzufühlen. Sie blickte an die Decke und entdeckte weitere Kameras.
„Hast du Angst vor Einbrechern?“, rief sie Jimmy hinterher, der gerade durch eine Tür am hinteren Rand des Wohnzimmers verschwunden war.
„Nein, die Alarmanlage war hier schon installiert, als ich die Wohnung übernommen habe. Mittlerweile bereitet sie mir jedoch richtig Spaß. Ich kann sie von überall steuern. Entweder mit meinem Laptop oder mit meinem Handy.“
Mit diesen Worten kam Jimmy zu Anna zurück. Eilig stiegen sie die Treppe hinunter und liefen zu Annas Wagen.
...
Annas Wangen glühten. Sie hatte mehr als einen Cocktail mit Jimmy getrunken und überlegte ständig, wie lange sie noch bleiben musste, damit sie wieder mit dem Auto
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