Der Sichelmoerder von Zons
das Hin und Her zwischen Klaus und seiner Freundin längst in- und auswendig. Sie stritten sich und vertrugen sich wieder. Sie hatten eine Art Sport daraus entwickelt, aber immerhin hielt ihre Beziehung jetzt schon seit fünf Jahren. Emily kam ihm in den Sinn und Oliver fragte sich, ob auch sie beide in fünf Jahren immer noch zusammen sein würden. Sein Herz verkrampfte sich bei dem Gedanken, dass es nicht so sein könnte.
Die Spurensicherung war mittlerweile eingetroffen und die kleine Waschanlage war bevölkert von weiß gekleideten Menschen. Frau Scholten, die Leiterin des Kriminallabors, stellte sich direkt neben Oliver und seinen Partner Klaus und begutachtete die Leiche. Mit einer Pinzette zog sie vorsichtig einen Hautfetzen ab, der sich am Unterarm abgelöst hatte und wie ein welliges Stückchen Papier vom Arm abstand. Prüfend hielt sie das Hautstückchen in das grelle Neonlicht. An jeder Ecke der Waschanlage waren Neonlampen mit blauweißlichem Licht aufgestellt worden, die auch die kleinste Ritze dieses Raumes hell beleuchteten. So konnte den Kameras, deren Blitzlicht im Sekundentakt aufleuchtete nicht das geringste Detail entgehen.
Frau Scholten zog die Augenbrauen hoch und betrachtete dabei den Hautfetzen, der nicht nur wellig, sondern auch hart wie Pappe war, von allen Seiten.
„Ich kann es noch nicht genau sagen, aber es sieht so aus, als wäre die Tote mit Säure in Kontakt gekommen.“
Oliver sah Frau Scholten überrascht an. Sollte es hier tatsächlich einen Zusammenhang zu den Knochenfunden geben?
„Wann können Sie das genau beurteilen?“, fragte Oliver und richtete dabei seine blauen Augen auf die Laborleiterin.
„Ich denke, in einer, maximal in zwei Stunden kann ich Ihnen ganz sicher mitteilen, ob es sich bei den Hautschäden um Verätzungen handelt und mit welcher Chemikalie diese herbeigeführt wurden. Wir haben einen Schnelltest dafür im Labor.“
„Das hört sich gut an. Rufen Sie mich sofort an, wenn Sie etwas haben. Komm Klaus, ich möchte jetzt diesen Frederick Köppe verhören“, mit diesen Worten verabschiedete sich Oliver von diesem schaurigen Tatort, stieg in seinen Dienstwagen und fuhr gemeinsam mit seinem Partner Klaus die Landstraße B9 in Richtung Zons davon.
Frederick Köppe wohnte in der Grünwaldstraße mitten in den Stadtmauern von Zons. Sein Appartement war winzig und lag direkt unter dem Dach. Obwohl das schräge Dachfenster angekippt war, staute sich eine unerträgliche Hitze in dem kleinen Raum. Oliver blickte kurz zu Klaus hinüber, dem bereits die Schweißperlen auf der Stirn standen. Dann setzten sie sich auf das fleckige Sofa, welches auf der rechten Seite des Wohnzimmers stand. Frederick Köppe war nervös. Sein linkes Knie zuckte unaufhörlich, sodass Oliver es am liebsten festgehalten hätte. Dieser Kerl hatte etwas zu verbergen, soviel stand fest!
„Herr Köppe, erklären Sie uns doch bitte, wann und wie Sie für Ihren Onkel, Fritz Kallenbach, tätig waren.“
Frederick Köppe rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum.
„Ich helfe ihm beim Düngen mit dem Güllewagen. Das erledige ich für mehrere Bauern in der Umgebung.“
Seine Stimme klang dumpf und er stotterte leicht beim Sprechen. Es war unschwer zu erkennen, dass er geistig zurückgeblieben war. Fast schon tat Oliver seine abwertende Einschätzung über diesen Jungen leid, als plötzlich mit einem lauten, hohen Piepton ein Popup-Fenster auf dem Bildschirm an der gegenüberliegenden Seite des Raumes erschien. Oliver erkannte die Internetseite von Facebook. Offensichtlich hatte gerade jemand eine Nachricht an Frederick Köppe gesendet. Gehetzt drehte Frederick seinen Kopf in Richtung Bildschirm.
„Sie können ruhig einen Blick darauf werfen“, erklärte Klaus mit ruhiger Stimme.
„Nein, nein. Ist schon gut. Das ist nur mein Freund“, erwiderte Frederick und heftete seinen verschrobenen Blick wieder auf Oliver. Dieser wiederholte noch einmal freundlich seine letzte Frage.
„Wann waren Sie das letzte Mal für Ihren Onkel, Fritz Kallenbach, tätig?“
„Vor ein paar Tagen. Ich arbeite vormittags an der Pforte im Chemiepark und nachmittags erledige ich verschiedene Arbeiten auf dem Feld oder in den Ställen für die Bauern.“
Oliver blickte den Jungen forschend an. Ein Erinnerungsblitz durchzuckte sein Gedächtnis und plötzlich sah er den jungen Pförtner aus dem Chemiepark wieder vor sich, der sie zu den Salzsäuretanks begleitet hatte und dann verschwunden war. Deutlich erinnerte
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