Der Sichelmoerder von Zons
fahren konnte. Wenn sie sich richtig erinnerte, baute die Leber maximal ein Glas Alkohol in einer Stunde ab. Für sie bedeutete dies, dass sie jetzt noch mindestens zwei Stunden ausharren musste.
Eine Hand legte sich von hinten auf ihre Schulter. Langsam drehte sie den Kopf und stellte erstaunt fest, dass Matthias Kronberg hinter ihr stand. Was hatte er denn hier zu suchen? Sie konnte sich nicht erinnern, ihn eingeladen zu haben. Trotzdem schenkte sie ihm ein professionelles Lächeln.
„Herr Kronberg, das ist ja eine Überraschung. Was machen Sie denn hier?“
„Das gilt ganz meinerseits. Wissen Sie, ich habe so viele Abendveranstaltungen, dass mir gar nicht aufgefallen ist, dass diese heute von Ihrer Bank durchgeführt wird. Ich glaube, ich stehe auf allen Adressverteilern dieser Erde.“ Er lächelte sie freundlich an.
Anna betrachtete ihn zum ersten Mal gründlicher. Matthias Kronberg war schon etwas in die Jahre gekommen, aber trotzdem war es unverkennbar, dass er ein attraktiver Mann war. Er hatte graublaue Augen und sein brünettes Haar begann allmählich zu ergrauen. Seine bereits völlig weißen Koteletten verliehen ihm ein seriöses Antlitz. Anna unterhielt sich den Rest des Abends intensiv mit Matthias Kronberg und sie musste zugeben, dass er ein hervorragender Gesprächspartner war.
Gegen Mitternacht wollte sie sich auf den Heimweg begeben und begann nach Jimmy zu suchen. Die Party war immer noch im vollen Gange und Anna drängte sich durch die Menschenmenge hindurch zur Bar. Dort hatte sie Jimmy zuletzt mit einer Blondine gesehen. Sie konnte ihn nicht entdecken. Sie ging noch einmal zum anderen Ende des Saales und ließ ihren Blick über die Partygäste schweifen. Von Jimmy gab es weit und breit keine Spur.
Das ist ja mal wieder typisch, dachte Anna, wahrscheinlich lag er längst in einem der Hotelbetten zusammen mit dieser Blondine und amüsierte sich köstlich. Merkwürdigerweise spürte Anna, dass diese Vorstellung sie ärgerte. Sie interessierte sich nicht wirklich für den oberflächlichen Jimmy, aber trotzdem gab es da eine gewisse Anziehungskraft zwischen ihnen. Ein wenig enttäuscht verließ Anna die Party und fuhr durch die dunkle Nacht über die Autobahn A57 zurück nach Zons, wo sie sofort todmüde in ihr Bett fiel und auf der Stelle einschlief.
...
Hans Steuermark funkelte Oliver und Klaus missmutig an. Er kam gerade von einer Pressekonferenz, in der er wegen der zerstörten Brücke auf der Autobahn A57 Rede und Antwort stehen musste. Unbekannte hatten unter der Autobahnbrücke vor einigen Wochen einen Brand gelegt und die Brücke zerstört. Experten hatten kurz nach dem Brand festgestellt, dass die Brücke einsturzgefährdet war und vollständig abgerissen werden musste. Dies hatte zur Folge, dass die komplette A57 an dieser Stelle in beide Richtungen gesperrt worden war. Jeden Tag quälten sich deswegen Tausende von Pendlern, die von Köln in Richtung Neuss oder Düsseldorf und umgekehrt unterwegs waren, über die angrenzenden Landstraßen oder mußten große Umwege in Kauf nehmen. Auch die Fähre von Zons nach Düsseldorf hatte Hochkonjunktur und es bildeten sich jeden Morgen lange Schlangen vor dem Zonser Rheinufer. Das Verkehrsnetz drohte zu kollabieren. Entsprechend groß war der Druck auf Hans Steuermark, die Täter zu finden. Bislang ohne die geringste Spur.
Die neuerlichen Knochenfunde und die weibliche Leiche, die erst vor ein paar Tagen in einer Autowaschanlage an der Landstraße B9 gefunden wurde, verbesserten seine Laune nicht gerade. Zwar waren seine besten Ermittler Oliver Bergmann und Klaus Gruber mittlerweile auf einer vielversprechenden Fährte unterwegs, der Durchbruch war ihnen jedoch bisher nicht gelungen.
Unruhig lief Steuermark seinen üblichen Pfad im Büro ab und ließ sich ausführlich Bericht erstatten. Die Laborergebnisse lagen mittlerweile vollständig vor. Es konnte einwandfrei nachgewiesen werden, dass die Haut der Leiche aus der Waschanlage mit Salzsäure in Kontakt gekommen war. Die Tür von Steuermarks Büro öffnete sich und seine Sekretärin trat mit einem freundlichen Lächeln ein.
„Die Identifizierung der Toten ist abgeschlossen“, sagte sie mit leiser Stimme und drückte Kommissar Oliver den Ergebnisbericht in die Hand. Dieser überflog das Blatt und las die Resultate laut vor: „Der Name der Toten ist Dorothea Walser. Alter: 28 Jahre, Familienstand: ledig.“ Oliver runzelte die Stirn. Schon wieder eine Bankangestellte,
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