Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sichelmoerder von Zons

Der Sichelmoerder von Zons

Titel: Der Sichelmoerder von Zons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Shepherd
Vom Netzwerk:
einmal Verwesungsgeruch wahrnehmen. Eigentlich müsste uns der Gestank seiner Leiche direkt den Weg weisen. Ich weiß nicht, was Ignatius getan hat, um den Toten verschwinden zu lassen, aber wir müssen jetzt an das größere Ganze denken, Bastian. Der Schutz der Stadt Zons hat Vorrang. Lasst uns einen Schlussstrich ziehen und das Labyrinth versiegeln. Niemand soll es jemals wieder entdecken. Dieses Geheimnis werden wir beide mit ins Grab nehmen.“
    Abermals schüttelte Bastian trotzig seinen blonden Strubbelkopf. „Ich werde alleine weitersuchen. Dann fällt Eure Abwesenheit nicht mehr ins Gewicht.“
    „Nein Bastian, es ist vorbei. Kraft meines Amtes spreche ich Euch von Eurer Verpflichtung frei. Ihr habt wie ein guter Christ gehandelt und von nun an seid Ihr nicht mehr an Euer Versprechen gebunden.“
    Irgendetwas in Bastian zerbrach bei Pfarrer Johannes’ Worten. Kleine faulige Splitter seiner zerborstenen Hoffnung setzten sich in seiner Seele fest und ließen ihn nicht mehr zur Ruhe kommen. Obwohl Bastian mittlerweile klar war, dass er Heinrichs Leiche nicht finden würde, so fühlte er sich dennoch schuldig. Er hatte seinen Bruder Heinrich von ganzem Herzen geliebt und nie würde er die Bürde ablegen können, ihm seinen letzten Willen nicht erfüllt zu haben. Doch Pfarrer Johannes hatte recht. Die Sicherheit von Zons war wichtiger und mit jedem Tag, den sie hier unten verbrachten, stieg die Gefahr der Entdeckung. Seine Marie war auch längst misstrauisch geworden und schenkte seinen Ausflüchten keinen Glauben mehr. Lange würde er sie nicht mehr hinhalten können, genauso wie seinen Freund Wernhart. Schweren Herzens folgte er Pfarrer Johannes hinaus ins Freie.
    Noch am selben Abend versiegelten sie den Eingang zum Labyrinth. Niemand würde ihn je entdecken. Pfarrer Johannes brachte die goldene Marienfigur an einen geheimen Ort. Nur seinem Nachfolger würde er dieses Geheimnis preisgeben. Und so würden die Pfarrer von Zons das Vermächtnis des Erzbischofs von Saarwerden von Generation zu Generation sicher verwahren. Bastian hätte gerne gewusst, wo sich die Marienfigur jetzt befand, aber Pfarrer Johannes verriet ihm nicht eine einzige Silbe. Die goldene Sichel gaben sie an das Kloster Knechtsteden zurück. Sie war zwar wertvoll, aber zu sehr mit Blut besudelt, als dass Pfarrer Johannes sie in seiner Kirche aufbewahren wollte.
    Bastian fühlte sich von Tag zu Tag weniger schuldig, doch ein Rest blieb in seinem Herzen stecken und überwog seinen Stolz, dem Sichelmörder von Zons das Handwerk gelegt zu haben.
    Huppertz Helpenstein musste das gestohlene Gold an die Bruderschaft zurückgeben. Seit zwei Wochen schmorte er im Verließ des Juddeturms und wartete auf sein Urteil. Vielleicht würde er sogar am Galgen enden. Er hatte einen der drei Schlüssel für die Schützentruhe von Bruder Ignatius selbst erhalten. Bastian ging davon aus, dass Ignatius seine Rechtschaffenheit auf die Probe stellen wollte. Doch statt den Schlüssel zu verstecken oder gar an Pfarrer Johannes zurückzugeben, hatte Huppertz keine Zeit verloren und den fehlenden zweiten Schlüssel vom verantwortlichen Sebastianus-Bruder gestohlen. Da er selbst einen der drei Schlüssel trug, war es dann ein Leichtes gewesen, die Truhe zu öffnen und das Gold zu entwenden. Auch sein Name stand auf der Liste der Sünder von Bruder Ignatius. Die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft hatte mittlerweile einen neuen Brudermeister gewählt und Bastian hoffe inständig, dass die Schützen nunmehr zu dem Ruhm vergangener Zeiten zurückfinden würden.

XXII
    Gegenwart
     
     
    Anna leckte sich nervös ihre frisch dunkelrot geschminkten Lippen. Der Knopf in ihrem Ohr und der Sender mit der Verkabelung um ihre Taille fühlten sich fremd an. Vorsichtig fasste sie sich an den Kopf, um zu prüfen, ob das Gerät noch richtig saß. Der Ohrhörer drückte und Anna hatte das Gefühl, dass er jeden Moment herausfallen könnte. Gerade als ihre rechte Hand fast das Ohr erreicht hatte, knackte es in ihrem Gerät.
    „Anna, fass dir nicht ständig ans Ohr. Du musst unauffällig und ganz natürlich wirken. Geh an die Bar, bestelle dir einen Drink und versuche dich ein wenig zu entspannen. Du machst deine Sache sehr gut. Ich bin mir sicher, dass Jimmy jeden Augenblick hier auftaucht. Dir kann nichts passieren. Wir sind in deiner Nähe.“
    Anna ließ die rechte Hand nach unten sinken und bewegte sich mit langsamen Schritten in Richtung Bar. Selbst die Stimme von Kommissar

Weitere Kostenlose Bücher