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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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bedeuten sollte, daß Ma mehr von Hexerei verstand, als sie zugab, denn er hatte einmal im Wald keine drei Ellen von einem Eichhörnchen entfernt über eine Stunde lang dagesessen und es nicht einmal Rülpsen gehört.
    Jedenfalls war sie heute abend hier im Haus, so daß sie natürlich hörte, was Papa gefragt hatte, und sie hörte auch, was Measure antwortete, und da sie genauso verrückt war wie Papa, schimpfte sie sofort los, als hätte Measure den Namen des Herrn geschändet. »Hüte deine Zunge, junger Mann, denn der Herr sprach zu Moses auf dem Berg, ehre deinen Vater und deine Mutter, auf daß deine Tage zahlreich seien auf dem Land, das der Herr dein Gott dir gegeben hat. Wenn du frech mit deinem Vater redest, dann verkürzt du dein eigenes Leben um Tage und Wochen und sogar Jahre, und deine Seele ist nicht gerade in einem solchen Zustand, als daß du dir ein frühzeitiges Erscheinen vor dem Jüngsten Gericht wünschen solltest!«
    Measure machte sich nur halb so wenig Sorgen über sein ewiges Leben wie darüber, daß Mama ihn ausschimpfte. Er versuchte überhaupt nicht, sich damit herauszureden, daß er doch gar nicht frech oder aufmüpfig sein wollte – nur ein Narr würde das tun, wenn Mama so in Fahrt war. Er zuckte einfach nur zusammen, blickte eingeschüchtert drein und bat sie um ihre Vergebung. Als sie schließlich mit ihrer Strafpredigt fertig war, hatte der arme Measure sich schon ein halbes Dutzend Mal entschuldigt, so daß sie sich schließlich wieder an ihre Näharbeit machte.
    Dann hob Measure den Blick und zwinkerte Alvin Junior zu.
    »Das habe ich gesehen«, sagte Mama, »und wenn du nicht in die Hölle kommst, dann werde ich persönlich eine Eingabe an Sankt Petrus richten, um dich dorthin zu schicken.«
    »Diese Eingabe würde ich selbst unterschreiben«, sagte Measure und blickte so unterwürfig drein wie ein Hündchen, das gerade auf den Stiefel seines Herrn Pipi gemacht hatte.
    »Und ob du das würdest«, erwiderte Mama, »und noch dazu in Blut, denn bis ich mit dir fertig bin, hast du genügend offene Wunden am Leib, um zehn Schreiberlinge ein ganzes Jahr lang mit strahlend roter Tinte zu versorgen.«
    Alvin Junior konnte sich nicht mehr beherrschen. Ihre schreckliche Drohung belustigte ihn. Obwohl er wußte, daß er mit seinem Leben spielte, öffnete er den Mund, um zu lachen. Ihm war klar, wenn er lachte, würde Mama ihm vielleicht eine schallende Ohrfeige verpassen oder sie stampfte vielleicht sogar ihren harten, kleinen Fuß auf seinen nackten Fuß, wie einmal bei David, als der zu ihr gesagt hatte, daß sie manchmal lieber hätte nein sagen lernen sollen, bevor sie dreizehn Mäuler zu bekochen hatte.
    Das hier war eine Sache von Leben und Tod, beängstigender als der Dachbalken, der ihn schließlich nie getroffen hatte, was man von Mama nicht behaupten konnte. Also fing er das Lachen ab, noch bevor es sich freistrampelte und verwandelte es in das erstbeste, was ihm zu sagen einfiel.
    »Mama«, sagte er, »Measure kann dann gar keine Eingabe mehr in Blut unterschreiben, weil er dann ja schon tot ist, und tote Leute können nicht mehr bluten.«
    Mama blickte ihm in die Augen und sprach langsam und betont: »Wenn ich ihnen das sage, tun sie es doch.«
    Nun, das gab schließlich den Ausschlag. Alvin Junior platzte einfach laut lachend heraus. Und das ließ die Hälfte der Mädchen ebenfalls loslachen. Was wiederum Measure zum Lachen brachte. Und schließlich lachte auch Mama. Alle lachten sie, bis sie fast nur noch kreischten und Mama begann, ihre Kinder ins Bett zu schicken, Alvin Junior eingeschlossen.
    All diese Aufregung hatte Alvin Junior ziemlich aufgekratzt zurückgelassen. Er hatte noch nicht gelernt, daß er seine Unruhe manchmal besser zügeln sollte. Matilda, die sechzehn war und sich für eine Dame hielt, stieg unmittelbar vor ihm die Stufen empor. Alle verabscheuten es, irgendwo hinter Matilda hergehen zu müssen, weil sie solch zarte, damenhafte Schritte machte. Measure meinte immer, daß er lieber im Gänsemarsch hinter dem Mond herschreiten würde, weil der sich schneller bewegte. Nun befand sich Matildas Hinterteil unmittelbar vor Al Juniors Gesicht, schwankte vor und zurück, und er dachte an Measures Worte und daran, daß Matildas Hinterteil ziemlich genauso rund war wie der Mond, und dann überlegte er sich, wie es wohl wäre, den Mond anzufassen, und ob er sich wohl so hart anfühlen würde wie der Rücken eines Käfers oder so glibschig wie eine Schnecke. Und wenn

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