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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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sah ich einen Kirchturm, der mich zu einer Stadt führte. Dort fürchtete sich ein Christenmensch vor meinen verborgenen Kräften, obgleich er keine von ihnen sah, und ebenso ein Prediger, wenngleich dieser behauptete, daß er nicht glaubte, daß ich welche hätte. Aber ich suchte weiter nach einer Mahlzeit und nach einem Bett sowie nach einer Gelegenheit, mir beides durch Arbeit zu verdienen, und eine Frau sagte, daß die Leute am Ende eines bestimmten Wagenpfads mich aufnehmen würden.«
    »Das war wohl unsere Tochter Eleanor«, meinte Faith.
    »Ja«, erwiderte Geschichtentauscher. »Ich sehe jetzt, daß sie die Augen ihrer Mutter hat, die immer gelassen sind, egal, was gerade geschieht.«
    »Nein, Freund«, widersprach Faith, »es ist nur, daß diese Augen Zeiten geschaut haben, seit denen es nicht mehr einfach ist, mich aus der Ruhe zu bringen.«
    »Ich hoffe, daß ich die Geschichte solcher Zeiten zu hören bekommen, bevor ich wieder aufbreche«, erwiderte Geschichtentauscher.
    Faith wandte den Blick ab, während sie eine weitere Scheibe Käse auf das Brot eines Enkelkinds legte.
    Geschichtentauscher jedoch fuhr mit seinem Tagesbericht fort, denn er wollte nicht zeigen, daß sie ihn möglicherweise durch ihr Schweigen in Verlegenheit gebracht hatte. »Dieser Wagenpfad war äußerst merkwürdig«, sagte er. »Es gab bedeckte Brücken, die über Bäche führten, die ein Kind hätte durchwaten und ein Mann überschreiten können. Ich hoffe, die Geschichte dieser Brücken zu hören, bevor ich wieder aufbreche.«
    Wieder wich alles seinem Blick aus.
    »Und als ich aus dem Wald trat, fand ich eine Mühle ohne Mühlstein vor, und zwei Jungen, die auf einem Wagen rangen, und einen Müller, der mir den schlimmsten Wurf meines Lebens verpaßte, dazu eine Familie, die mich aufnahm und mir das beste Zimmer im ganzen Haus gab, obwohl ich doch ein Fremder war und obwohl sie nicht wußten, ob ich ein guter oder ein böser Mensch bin.«
    »Natürlich seid Ihr gut«, warf Al Junior ein.
    »Darf ich eine Frage stellen? Ich habe schon viele gastfreundliche Menschen erlebt und habe in vielen glücklichen Häusern gewohnt, aber keines war glücklicher als dieses, und keines war ganz so froh, mich zu sehen.«
    Alle am Tisch verstummten. Schließlich hob Faith den Kopf und lächelte ihn an. »Ich bin froh, daß Ihr uns glücklich vorgefunden habt«, sagte sie. »Aber wir erinnern uns auch an andere Zeiten; vielleicht ist unser jetziges Glück durch die Erinnerung an das Leid größer geworden.«
    »Aber warum nehmt Ihr einen Mann wie mich auf?«
    Miller selbst antwortete: »Weil auch wir einmal Fremde waren und weil gute Menschen uns aufgenommen haben.«
    »Ich habe eine Weile in Philadelphia gelebt, und da fällt es mir ein, Euch zu fragen, ob Ihr zu der Gesellschaft der Freunde gehört?«
    Faith schüttelte den Kopf. »Ich bin Presbyterianerin. Und viele der Kinder auch.«
    Geschichtentauscher sah Miller an.
    »Ich bin nichts«, sagte er.
    »Ein Christ ist nicht nichts«, meinte Geschichtentauscher.
    »Ich bin auch kein Christ.«
    »Ah«, sagte Geschichtentauscher. »Also ein Deist, wie Tom Jefferson.«
    Die Kinder murmelten, als er den Namen des großen Mannes erwähnte.
    »Geschichtentauscher, ich bin ein Vater, der seine Kinder liebt, ein Ehemann, der seine Frau liebt, ein Farmer, der seine Schulden bezahlt, und ein Müller ohne Mühlstein.«
    Dann erhob sich der Mann vom Tisch und schritt davon. Sie hörten, wie sich die Haustür schloß.
    Geschichtentauscher wandte sich Faith zu. »Oh, Milady, ich fürchte, jetzt bereut Ihr es, daß ich Euer Haus betreten habe.«
    »Ihr stellt sehr viele Fragen«, meinte sie.
    »Ich habe Euch meinen Namen genannt, und mein Name gibt Aufschluß über mein Tun. Wann immer ich spüre, daß es eine Geschichte gibt, die wichtig und wahr ist, so hungere ich danach. Und wenn ich sie höre und an sie glaube, dann erinnere ich mich auf alle Zeiten an sie und erzähle sie immer wieder, wo immer ich hingehe.«
    »So verdient Ihr Euch Euren Lebensunterhalt?« fragte eines der Mädchen.
    »Ich verdiene mir meinen Lebensunterhalt, indem ich beim Ausbessern von Wagen helfe und Gräben aushebe und Fäden spinne und alles andere tue, was getan werden muß. Aber mein Lebenswerk sind Geschichten, und die tausche ich, eine gegen die andere. Ihr mögt jetzt vielleicht glauben, daß Ihr mir keine Eurer Geschichten erzählen wollt, und das behagt mir gut, denn ich habe nie eine Geschichte genommen, die nicht

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