Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
freiwillig erzählt wurde. Ich bin kein Dieb. Aber seht Ihr, ich habe bereits eine Geschichte – die Dinge, die mir heute widerfahren sind. Die gütigsten Menschen und das weichste Bett zwischen dem Mizzipy und dem Alph.«
    »Wo ist denn der Alph? Ist das ein Fluß?« fragte Cally.«
    »Wie, wollt Ihr eine Geschichte hören?« fragte Geschichtentauscher.
    »Ja!« riefen die Kinder im Chor.
    »Aber nicht über den Fluß Alph«, meinte Al Junior. »Den gibt es doch nicht wirklich.«
    Geschichtentauscher sah ihn erstaunt an. »Woher hast du das gewußt? Hast du etwa Lord Byrons Sammlung der Dichtung von Coleridge gelesen?«
    Al Junior sah etwas verwirrt um sich.
    »Wir haben hier nicht viele Bücher«, erklärte Faith. »Der Prediger erteilt ihnen Bibelstunden, damit sie lesen lernen.«
    »Woher wußtest du dann, daß es den Fluß Alph nicht wirklich gibt?«
    Al Junior verzog das Gesicht, als wollte er sagen: Stell mir keine Fragen, wenn ich die Antworten selbst nicht kenne. »Ich möchte eine Geschichte von Jefferson hören. Ihr habt seinen Namen so ausgesprochen, als wäret Ihr ihm begegnet.«
    »Oh, das bin ich auch. Ich habe auch das Schwert gesehen, mit dem George Washington geköpft wurde. Ich habe sogar König Robert den Zweiten gesehen, bevor die Franzosen sein Schiff versenkten und es ihn auf den Meeresboden herabriß.«
    »Wo er auch hingehörte«, murmelte Faith.
    »Wenn nicht noch tiefer«, meinte eines der älteren Mädchen.
    »Dazu sage ich gerne amen. Es heißt in Appalachee, daß soviel Blut an seinen Händen klebte, daß selbst seine Knochen davon braungefärbt waren, so daß nicht einmal die gierigsten Fische daran nagen wollten.«
    Die Kinder lachten.
    »Noch mehr als eine Geschichte über Tom Jefferson«, sagte Al Junior, »möchte ich gerne eine Geschichte vom größten amerikanischen Zauberer hören. Ich wette, Ihr habt Ben Franklin kennengelernt.«
    Wieder verblüffte ihn das Kind. Woher wußte der Junge, daß er von allen Geschichten jene über Ben Franklin am liebsten erzählte? »Ihn gekannt? O ja, ein wenig«, sagte Geschichtentauscher und wußte, daß die Art, wie er es sagte, ihnen alle Geschichten verhieß, auf die sie hoffen durften. »Ich habe nur ein halbes Jahr mit ihm zusammengelebt, und jede Nacht waren da acht Stunden, in denen ich nicht mit ihm zusammen war – daher kann ich nicht behaupten, daß ich viel über ihn weiß.«
    Al Junior beugte sich über die Tischplatte, seine Augen leuchteten und zuckten nicht. »War er wirklich ein Macher?«
    »Jede dieser Geschichten zu ihrer Zeit«, sagte Geschichtentauscher. »Solange Euer Vater und Eure Mutter bereit sind, mich hierzubehalten, und solange ich glaube, daß ich mich nützlich mache, werde ich bleiben und Tag und Nacht Geschichten erzählen.«
    »Fangen wir mit Ben Franklin an«, beharrte Alvin Junior. »Hat er wirklich den Blitz aus dem Himmel herabgezogen?«
    10 Visionen
    Alvin Junior erwachte schweißgebadet aus einem Alptraum. Er keuchte, als hätte er gerade versucht, davonzulaufen, dabei wußte er, daß es kein Davonlaufen gab. Mit geschlossenen Augen lag er da, fürchtete sich eine Weile davor, sie zu öffnen, denn er wußte, daß der böse Traum auch dann immer noch dasein würde. Vor langer Zeit, als er noch sehr klein gewesen war, hatte er noch aufgeschrien, wenn dieser Alptraum kam. Doch als er versucht hatte, ihn Papa und Mama zu erklären, hatten sie immer dasselbe gesagt. »Aber das ist doch nichts, Sohn. Willst du mir erzählen, daß du dich so vor nichts fürchtest?«
    Da hatte er sich beigebracht, nur noch leise vor sich hinzuschluchzen und niemals laut aufzuschreien, wenn der Traum kam.
    Er öffnete die Augen, und der Traum floh in die Ecken des Raums zurück, wo er. ihn nicht unmittelbar anschauen mußte. Das erleichterte ihn schon etwas. Bleib da und laß mich in Ruhe, sagte er stumm.
    Dann begriff er, daß es schon voller Tag war und daß Mama seine schwarzen Hosen und die Jacke aus grobem Tuch herausgelegt hatte und dazu ein sauberes Hemd. Seine Sonntagsindie-Kirchegehen-Kleider. Fast wäre er lieber zu seinem Alptraum zurückgekehrt, als mit so einem Gedanken zu erwachen.
    Alvin Junior haßte den Sonntagmorgen. Er haßte es, sich fein anziehen zu müssen, so daß er sich nicht auf den Boden setzen oder sich ins Gras knien oder sich auch nur vorbeugen konnte, ohne sich irgendwie schmutzig zu machen und ohne daß Mama ihm gleich sagte, er solle den Tag des Herrn mehr ehren. Er haßte es, den ganzen Morgen auf

Weitere Kostenlose Bücher