Der siebente Sohn
nicht viel, aber etwas.«
Geschichtentauscher sah erleichtert aus.
Doch Alvin konnte die Sache nicht auf sich beruhen lassen. »Nur weil Ihr es glaubt, muß es noch nicht so sein.«
Geschichtentauschers Augen weiteten sich. Jetzt habe ich es geschafft, dachte Alvin. Jetzt habe ich ihn so zornig gemacht, wie ich Thrower immer zornig mache. Daher war er nicht überrascht, als Geschichtentauscher ihm beide Arme entgegenstreckte, Alvins Gesicht zwischen die Hände nahm und mit solcher Kraft zu ihm sprach, daß sich die Worte tief in Alvins Stirn eingruben. »Alles, was zu glauben möglich ist, ist auch ein Abbild der Wahrheit.«
Und diese Worte durchfuhren ihn tatsächlich; er verstand sie, obwohl er nicht ausdrücken konnte, was genau er verstand. Alles, was zu glauben möglich ist, ist auch ein Abbild der Wahrheit, zumindest liegt etwas Wahres darin. Und wenn ich es im Geiste durchgehe, dann kann ich vielleicht feststellen, was daran wahr ist und was falsch…
Alvin erkannte noch etwas anderes: All seine Streitgespräche mit Thrower liefen auf eines hinaus, nämlich daß Alvin, wenn ihm etwas nicht einleuchte, nicht daran glaubte, und dann konnten ihn auch noch soviele Zitate aus der Bibel nicht überzeugen. Geschichtentauscher sagte ihm gerade, daß er im Recht war, sich zu weigern, an Dinge zu glauben, die keinen Sinn ergaben. »Geschichtentauscher, soll das heißen, daß das, was ich nicht glaube, auch nicht wahr sein kann?«
Geschichtentauscher hob die Augenbrauen und antwortete wieder mit einem Sprichwort. »Die Wahrheit kann nie so erzählt werden, daß sie verstanden wird, ohne geglaubt zu werden.«
Alvin war die Sprichworte leid. »Würdet Ihr mir ausnahmsweise einmal geradeheraus antworten!«
»Das Sprichwort ist die Wahrheit, Junge. Ich weigere mich, an ihm herumzudeuteln, nur damit es einem verwirrten Geist entspricht.«
»Na, wenn mein Geist verwirrt ist, dann ist das alles Eure Schuld. Euer ganzes Gerede von Ziegelsteinen, die schon zerbröckeln, noch bevor die Mauer erbaut wurde…«
»Hast du das denn nicht geglaubt?«
»Vielleicht habe ich es geglaubt. Ich schätze, wenn ich versuchen sollte, das ganze Gras dieser Weide zu Käferkörben zu flechten, dann würde das Gras wahrscheinlich abgestorben und zu Nichts verfault sein, bevor ich am anderen Ende angelangt wäre. Ich schätze, wenn ich alle Bäume von hier bis zum Noisy River in Scheunen verwandeln wollte, dann wären die Bäume alle tot und umgestürzt, bevor ich jemals den letzten erreicht hätte. Man kann kein Haus aus verfaulten Stämmen bauen.«
»Ich wollte gerade sagen: ›Menschen können nichts Dauerhaftes aus vergänglichen Teilen bauen.‹ Das ist das Gesetz. Aber so, wie du es ausgedrückt hast, lautet das Sprichwort des Gesetzes: ›Man kann kein Haus aus verfaulten Stämmen bauen. ‹«
»Ich habe ein Sprichwort gesagt?«
»Und wenn wir nach Hause zurückgekehrt sind, dann schreibe ich es in mein Buch.«
»In den versiegelten Teil?« fragte Alvin. Dann fiel ihm ein, daß er dieses Buch nur einmal gesehen hatte, als er spät in der Nacht durch eine Bodenritze nach unten geblickt hatte, wo Geschichtentauscher im Zimmer unter ihm bei Kerzenlicht geschrieben hatte.
Geschichtentauscher blickte ihn scharf an. »Ich hoffe, daß du niemals versucht hast, dieses Siegel aufzuzaubern.«
Alvin war beleidigt. Er mochte ja durch Ritzen spähen, aber schnüffeln tat er nie. »Zu wissen, daß Ihr nicht wollt, daß ich diesen Teil lese, ist besser als jedes dämliche Siegel, und wenn Ihr das nicht wißt, dann seid Ihr auch nicht mein Freund. Ich schnüffle nicht in Euren Geheimnissen.«
»Meinen Geheimnissen?«
Geschichtentauscher lachte. »Ich versiegle diesen Teil, weil ich dort selbst hineinschreibe und einfach nicht möchte, daß andere in diesen Teil des Buchs schreiben.«
»Schreiben andere denn in den vorderen Teil?«
»Ja, das tun sie.«
»Na, was schreiben sie denn? Kann ich auch etwas reinschreiben?«
»Sie schreiben einen Satz über das Wichtigste, was sie jemals getan oder mit eigenen Augen gesehen haben. Dieser eine Satz ist alles, was ich benötige, um mich an ihre Geschichte erinnern zu können. Wenn ich also in eine andere Stadt komme, in ein anderes Haus, dann kann ich das Buch öffnen, den Satz lesen und die Geschichte erzählen.«
Alvin fiel etwas ein: Geschichtentauscher hatte doch mit Ben Franklin zusammengelebt. »Hat Ben Franklin auch in Euer Buch geschrieben?«
»Er hat sogar den allerersten Satz
Weitere Kostenlose Bücher