Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
den Zweifler vom Steinhausen Mithil nach Andelain und zum Seelentrostfluß geführt hatte. Nicht gewußt hatte er jedoch, daß Trell ihr Ehemann war; das hatte man ihm verschwiegen. Dann überlegte er noch um einen Schritt weiter. Covenant hatte Trells Tochter vergewaltigt ... Atiarans Tochter ... die Tochter der Frau, die ...! »Covenant!« heulte Troy auf. »Du Schweinehund! Was hast du getan?« Aber er war sich dessen bewußt, daß das Trüppchen ihn aus diesem Abstand nicht hören konnte; das Rauschen der beiden Flüsse übertönte Rufe über größere Entfernungen. Eine herbe Erkenntnis der Hilflosigkeit nahm seinem Ausbruch den Wind aus den Segeln, so daß seine Stimme brach und herabsank, verstummte. Kein Wunder, daß Trell nicht nach Hause zurückkehren, seiner Tochter unter die Augen treten konnte. Wie hätte er ihr beibringen sollen, daß der Hoch-Lord es vorzog, dem Mann, der sie vergewaltigt hatte, mit Freundschaft zu begegnen, statt ihn zu bestrafen? Troy begriff nicht, wie Elena Trell so etwas antun konnte. Ein weiterer Moment verstrich, ehe er die restliche Bedeutung dessen erkannte, was Mhoram gesagt hatte. Sie starb bei der Verrichtung ... Atiaran hatte ihn ins Land versetzt, nicht irgendein junger, mit Unwissenheit oder Übereifer geschlagener Schüler. Auch das war ihm verschwiegen worden. Er war das Resultat und die Konsequenz ihres unstillbaren Leids. In Wirklichkeit bist keineswegs du es ... Hatte Covenant recht? Waren all seine Pläne nur Werke der Verzweiflung, in Bewegung gebracht durch die Außergewöhnlichkeit von Atiarans Tod?
»Streitmark ...« Lord Mhorams Ton war streng. »Das war nicht wohlgetan. Trells Schmerz ist groß genug.«
»Ich weiß«, knirschte Troy überm Schmerz in seinem eigenen Herzen. »Aber warum habt ihr mir von alldem nichts verraten? Euch ist doch alles bekannt.«
»Der Großrat hat gemeinsam beschlossen, dir dies Wissen vorzuenthalten. Wir sahen nur Schaden ab, hätten wir's dir mitgeteilt. Wir wollten dir Pein ersparen. Und wir hofften, du könntest lernen, Ur-Lord Covenant Vertrauen zu schenken.«
»Ihr habt am hellen Tag geträumt«, stöhnte Troy. »Dieser Drecksack meint, diese ganze Sache sei bloß so was wie irgendein geistiges Spielchen. All seine Zweifelei ist nur ein Bluff. Er glaubt, dadurch kann er mit allem durchkommen. Ihr dürft ihm nicht trauen.« In grimmiger Entschlossenheit führte er die Beweiskette zu ihrem bitteren Ende. »Und ihr traut auch mir nicht. Sonst hättet ihr mir das alles schon längst verraten. Sie hat versucht, ihn ins Land zu holen. Soviel ihr wißt, bin ich nur irgendein Ersatz.« Er bemühte sich um klare Worte, aber seine Stimme zitterte.
»Du hast mich mißverstanden«, sagte Mhoram bedächtig.
»Nein, ich mißverstehe die Angelegenheit absolut nicht.« Troy fühlte ringsum mörderische Gewalten an der Arbeit – sie sondierten und sortieren, manipulierten, bestimmten. Er mußte sich sehr zusammenreißen, um sprechen zu können. »Mhoram, ihr wird irgend etwas Schreckliches zustoßen.« Er sah den Lord an, wandte sich jedoch sofort wieder ab; das Mitgefühl in Mhorams Blick konnte er nicht ertragen. Er tätschelte Mehryls Hals und ließ den Ranyhyn an der Ostseite von Schwelgenholz entlangtraben. Die Lehrwarte, die noch bereitstanden, mied er, drückte sich vor der Verabschiedung. Indem er den Bluthütern und Lord Mhoram schroff winkte, damit sie ihm folgten, kehrte er Schwelgenholz den Rücken und sprengte in die Richtung zur südlichen Furt. Diesem Krieg sah er erwartungsvoll entgegen. Er hatte es plötzlich eilig.
16
Gewaltmarsch
Doch nicht einmal in dieser Stimmung war er dazu in der Lage, die Furt über den Rill, die aus Trothgard fortführte, ohne Bedauern zu überqueren. Er liebte die sonnenerhellte Schönheit Schwelgenholz', schätzte die unkomplizierte Freundschaftlichkeit der Lehrwarte; er mochte ihrer nicht verlustig gehen. Aber er blickte sich nicht um. Es blieb ihm unbegreiflich, weshalb Elena den gerechten Zorn und die gerechtfertigte Trauer Trells, Atiarans Gemahl, so übergangen hatte. Er spürte nun in grundlegenderer Weise als je zuvor, daß er sich in diesem Krieg beweisen mußte. Er hatte zu beweisen, daß er eine Frucht der Hoffnung war, nicht der Verzweiflung. Es war seine Aufgabe, den Krieg zu gewinnen. Gelang ihm das nicht, war er mehr als ein Versager; er war ein aktives Übel – ein Stück Verrat, gegen das Land eingesetzt, ungeachtet seiner persönlichen Liebe zu ihm oder
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