Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
Antwort musterte Mhoram ihn bloß. Aber Troy war dazu außerstande, durch seinen geistigen Dunst die Miene des Lords zu erkennen. »Warum hast du mir das nicht gesagt?« wiederholte er bitterer als vorher. »Wie viele andere Dinge verschweigst du mir eigentlich außerdem?«
Mhoram seufzte. »Was das Lomillialor anbetrifft – ich habe davon nicht gesprochen, weil du mich nicht gefragt hast. Diese Hölzer sind keine Werkzeuge, die du verwenden könntest. Sie sind für die Lords gemacht worden, und wir haben sie nach unserem Gutdünken aufgeteilt. Es lag uns fern, zu wähnen, deine Wünsche könnten anders sein.«
Seine Stimme klang müde und nach Insichgekehrtheit. Erstmalig fiel Troy auf, wie unzugänglich der Lord sich am ganzen vergangenen Tag verhalten hatte. Schüttelfrost packte ihn. Der Traum, den Mhoram in der vorangegangenen Nacht gehabt hatte – was bedeutete er? Was wußte der Lord, daß er so anders war als sonst? Troy verspürte eine plötzliche Ahnung von Gefahr. »Mhoram«, begann er, »Mhoram ...«
»Friede, Streitmark«, flüsterte der Lord. »Jemand naht.«
Sofort raffte sich Troy hoch, stützte sich auf Ruels Schulter. Obwohl er angestrengt lauschte, hörte er nichts als den leisen Wind. »Wer denn?«
Einen Augenblick lang gab niemand Antwort. Als endlich Ruel Auskunft gab, klang seine Stimme so leidenschaftslos und distanziert wie die Dunkelheit. »Es ist Tull, der mit Korik zu den Riesen der Wasserkante aufbrach.«
17
Tulls Bericht
Troys Herz tat einen Satz und begann wuchtig zu hämmern. Tull! Er konnte seinen Pulsschlag in den Schläfen spüren. Von Koriks Mannschaft! Nach dem Schock, den Runniks Nachricht ihm bereitete, hatte er jeden weiteren Gedanken an die Riesen unterdrückt, es sich verweigert, an sie zu denken. Er hatte sich auf den Krieg konzentriert, auf Angelegenheiten, in denen er konkrete Maßnahmen ergreifen konnte. Aber nun schwindelte ihn. Die Riesen! Fast augenblicklich fing er mit Kopfrechnen an. Vor fünfundzwanzig Tagen war er von Schwelgenstein aufgebrochen. Die zur Wasserkante entsandte Abteilung war achtzehn Tage früher losgeritten. Das war beinahe genug Zeit, beinahe genug. Die Riesen waren nicht so schnell wie Bluthüter auf Ranyhyn – aber sie konnten bestimmt nicht weit hinter ihnen sein. Bestimmt ... Troy besaß eine Vorstellung davon, wie Tull hergelangt war, und sie ergab einen Sinn. Die anderen Bluthüter führten die Riesen, und Tull war vorausgeritten, um das Kriegsheer davon zu unterrichten, daß sich Hilfe unterwegs befand. Da das Land im Kriegszustand war und Lord Foul bereits marschierte, wäre es unvernünftig von den Riesen gewesen, erst nach Schwelgenstein zu gehen, überhaupt einen Weg durch den Norden einzuschlagen. Mit Sicherheit zogen sie südwärts, umrundeten die Sarangrave-Senke, falls sie es sich nicht sogar leisten konnten, sie zu durchqueren. Die Bluthüter kannten Troys Schlachtplan; sie wußten, was zu tun war. Wahrscheinlich folgten sie der Spur von Lord Fouls Heer südlich vom Donnerberg über den Landbruch – würden an der feindlichen Armee vorbei am Wald von Morinmoss, durchs Mithil-Tal und dann südwestwärts zum Unheilswinkel folgen. Sicherlich hofften sie darauf, Lord Foul während der Schlacht am Unheilswinkel in den Rücken fallen zu können. Und Tull hatte sich gewiß aufgrund der Notwendigkeit, auf der Suche nach dem Kriegsheer Lord Fouls Truppen zu überholen, nach Süden gewandt und war längs des Südlandrückens in die Richtung des Unheilswinkels geritten. Auf dieser Route mußte er fast zwangsläufig am Steinhausen Mithil vorüberkommen. Bestimmt ...!
Als Tull die steile Treppe erstiegen hatte und den Kevinsblick betrat, war Troys Eifer so übermächtig, daß er alle einleitenden Fragen überging. »Wo sind sie?« Die Wörter schossen derartig aus seinem Mund, daß er sie kaum richtig artikulieren konnte. »Wie weit hinter dir kommen sie?«
Im schwachen Lichtschein der Glutsteine vermochte er Tulls Gesichtsausdruck nicht zu unterscheiden. Aber er sah, daß der Bluthüter nicht ihn anschaute. »Lord«, sagte Tull, »Korik hat mir den Auftrag erteilt, dem Hoch-Lord Kunde zu bringen. Gemeinsam mit Shull und Vale erhielt ich diesen Auftrag ...« Einen Moment lang versagte seine ausdrucksarme Stimme. »Doch die Bluthüter drunten im Steinhausen gaben mir Bescheid, der Hoch-Lord sei mit Amok ins Westlandgebirge gegangen. Ich muß meine Kunde dir ausrichten. Wirst du mich anhören?«
Trotz seiner Aufregung
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