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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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den Kevinsblick ... so schnell wie möglich.«
    »Was willst du nun noch sehen? Die Nacht ist dunkel. Ihr könntet hier in aller Behaglichkeit schlafen und dennoch vor der Morgendämmerung zum Kevinsblick aufbrechen.« Aber Troy blieb hart. Sein Zorn auf Covenant erhöhte seine Ungeduld noch; er hatte ein deutliches Gefühl, unter starkem Druck zu stehen, die Ahnung einer nahen Krise. Lord Mhorams höfliche, aber nachdrückliche Unterstützung seiner Haltung vermittelte den Steinhausenern hinreichend den Eindruck, daß diese Entscheidung notwendig war, und binnen kurzem machten er und Troy sich auf den Weg. Sie nahmen von den Ältesten einen Topf voller Glutgestein entgegen, um Licht zu haben, und ließen außer Terrel und Ruel alle Bluthüter zurück, damit sie sich um die Ranyhyn kümmerten und das Tal bewachten, dann schritten sie lebhaft am Mithil entlang hinaus in die Nacht. Außerhalb des unmittelbaren Helligkeitskreises um den Topf mit dem Glutgestein konnte Troy nichts erkennen; aber er sprach Mhoram an, sobald er sicher sein durfte, daß sie sich außerhalb der Hörweite der Steinhausener befanden.
    »Du hast schon eher als heute abend über Triock Bescheid gewußt. Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
    »Das Ausmaß seines Kummers war mir unbekannt. Warum hätte ich dich mit diesem Wissen belasten sollen? Nun jedoch spüre ich in meinem Herzen, daß ich ihn falsch behandelt habe. Ich hätte offen mit ihm reden und darauf vertrauen sollen, daß er meine Worte ertragen kann. Meine Zurückhaltung hat seinen Schmerz unnötig erhöht.«
    Troy sah die Sache anders. »Ohne diesen verdammten Covenant hättest du überhaupt keinen Anlaß zu irgendwelcher Zurückhaltung.« Doch Mhoram schritt nur stumm weiter durchs Tal. Gemeinsam gingen sie ihren Weg ins Vorgebirge der umliegenden Berge und schlugen dann die nördliche Richtung ein, erstiegen die westlichen Abhänge. Die Strecke am Berg war schwierig. Terrel führte Lord Mhoram, und Troy folgte dicht dahinter, im Rücken Ruel. Troy war beim Erklimmen des Bergpfads dazu außerstande, die Verhältnisse ringsum zu erkennen – für ihn war das Licht des Glutsteins von dichtem Nebel umgeben –, aber allmählich fiel ihm eine Veränderung der Luft auf. In dieser Höhe war sie kühler und dünner als in der lauen Herbstnacht drunten in den Südlandebenen; sie verursachte ihm Herzklopfen. Als er ungefähr sechshundert Meter hoch war, spürte er, daß er sich nunmehr inmitten von Bergen aufhielt, die bereits den ersten herbstlichen Schnee auf den Kuppen trugen. Einige Zeit später verließen er und seine Begleiter den offenen Berghang und setzten den Aufstieg durch Felsspalten, Risse und verborgene Täler fort. Als sie wieder freien Ausblick hatten, betraten sie ein Felssims an einer senkrechten Steilwand und wanderten unter den hohen, bedrohlich düsteren Umrissen eines Gipfels ostwärts. Das Sims brachte sie zum Sockel der langgestreckten, schrägen Steinsäule des Kevinsblicks. Von dort aus stiegen sie die ungeschützte Treppe des schrägen Felsvorsprungs empor, klommen durch leere Luft wie einzelne Traumgestalten. Nach weiteren rund hundert Metern gelangten sie auf den mit einer Brüstung ummauerten Balkon des Kevinsblicks. Troy bewegte seine Füße auf dem Steinboden sehr vorsichtig und setzte sich rücklings an das Ringmäuerchen. Aus Beschreibungen wußte er, daß er sich jetzt auf der Spitze der Säule befand, tausend Meter über einem ausläuferartigen Vorgebirge der Bergkette, und er wollte die Wahrscheinlichkeit weitestmöglich ausschließen, daß seine Blindheit ihm einen fatalen Streich spielte. Selbst mit solidem Stein zwischen seinem Rücken und der Tiefe hatte er ein aufdringliches Wahrnehmungsgefühl von schauerlichen Abgründen. Sein Sinn für Raumverhältnisse vermittelte ihm das unbehagliche Fehlen von Einfassungen, Umwandungen und Grenzen. Seine Empfindungen kamen dem Eindruck nah, als schwebe er unterm weg- und pfadlosen Himmel dahin, und auf so etwas reagierte er wie ein Blinder – mit Furcht und der Überzeugung unüberbrückbarer Vereinzelung. Er stellte den Topf voll Glutgestein vor sich auf den steinernen Boden, so daß er seine drei Begleiter wenigstens als Schemen sehen konnte. Dann stemmte er an seinen Seiten die Arme gegen den Stein der Brüstung, als müsse er einen Sturz verhindern. Vom Berghang, der südlich des Kevinsblicks aufragte, wehte schwacher Wind herab, und die Luft trug mit sich eine Vorankündigung des Winters, die Troy

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