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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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spürte Troy irgendeine Seltsamkeit in Tulls Ton, irgend etwas, das nach Pein klang. Aber er mochte keine Erklärungen abwarten. »Wo sind sie?« wiederholte Troy, bevor Lord Mhoram antworten konnte.
    »Sie?« meinte der Bluthüter.
    »Die Riesen! Wie weit sind sie noch zurück?«
    Tull kehrte ihm bewußt den Rücken und sich Lord Mhoram zu. »Wir werden dich anhören«, sagte Mhoram. Seine Stimme zeugte von der gespannten Erwartung neuer Schrecken, aber er sprach gleichmäßig, ohne Zögern und Stocken. »Dieser Krieg liegt in unseren Händen. Sprich, Bluthüter!«
    »Lord, sie ... wir konnten nichts ... die Riesen ...« Plötzlich war die gewohnte Ausdruckslosigkeit von Tulls Stimme dahin. »Lord ...!« In diesem einzelnen Wort schwang ein so abgrundtiefer Gram mit, daß der Bluthüter ihn nicht zu unterdrücken vermochte. Troy stutzte, als er das hörte. Er war an den charakteristischen, fremdartigen Mangel an Modulation bei den Bluthütern gewöhnt. Längst hatte er sich die Erwartung aus dem Kopf geschlagen, daß sie ausdrückten, was sie fühlten – buchstäblich vergessen, daß auch sie Emotionen besaßen. Und er war nicht auf Kummer eingestellt; seine Erwartungshaltung in bezug auf gute Neuigkeiten war so stark, daß er schon vorher darin schwelgte.
    Im selben Augenblick, noch ehe er oder Lord Mhoram irgend etwas äußern, irgendwie reagieren konnten, trat Terrel zu Tull. Mit so blitzartiger Bewegung, daß Troy sie kaum wahrnahm, schlug er Tull ins Gesicht. Der Hieb erzeugte in der leeren Luft ein dumpfes Klatschen. Sofort straffte sich Tull, nahm eine zackige Haltung an. »Lord«, begann er von vorn, »gemeinsam mit Shull und Vale erhielt ich den Auftrag, dem Hoch-Lord Kunde zu bringen.« Nun war seine Stimme wieder so ausdruckslos wie die Finsternis der Nacht. »Am vierundzwanzigsten Tag nach unserem Aufbruch verließen wir Coercri noch vor der Dämmerung – vorm Dämmern nach dem Dunkel des Mondes – und wandten uns, wie von Korik geheißen, nach Süden, im Glauben, den Hoch-Lord am Unheilswinkel in der Schlacht anzutreffen. Doch aufgrund der Übel, die in der Sarangrave-Senke erwacht sind, mußten wir selbige zu Fuß umgehen und verloren dadurch zwölf Tage. Wir kamen den Zerspellten Hügeln zu nah, und Vale und Shull verfielen den Spähern und Schergen der Verderbnis. Ich aber schlug mich durch. Auf meinem Ranyhyn floh ich zum Landbruch und ins Oberland, folgte der Fährte von der Verderbnis Heerscharen. Im Bestreben, an ihnen unbehelligt vorüberzugelangen, ritt ich durchs Hügelland unterhalb des Südlandrückens und geriet so auf Rufweite ans Steinhausen Mithil – nachdem mein Ranyhyn acht Tage lang ohne Ruh und Rast gelaufen war. Lord ...« Erneut drohte seine Stimme zu ersticken, aber er bewahrte Beherrschung. »Ich muß dir vom Verlauf unserer Fahrt zur Wasserkante und vom Übelverhängnis berichten, das die Stadt des Heimwehs befallen hat.«
    »Ich vernehme deine Worte«, sagte Mhoram gequält. »Doch vergib ... ich muß mich setzen.« Auf seinen Stab gestützt, ließ er sich an der Brüstung nieder, als sei er ein steinalter Greis, und lehnte seinen Rücken dagegen. »Mir mangelt's an Kraft, um solche Kunde aufrecht zu ertragen.« Tull kauerte sich auf der anderen Seite des Topfs voller Glutgestein hin, dem Lord gegenüber, und Troy nahm ebenfalls Platz, als habe Tulls Handlung ihn mit hinabgezogen. Der Brennpunkt seines geistigen Blicks ruhte auf dem Bluthüter. »Runnik hat uns in Trothgard erreicht«, sagte Mhoram nach einem Augenblick der Stille. »Er hat uns vom Schicksal Hoerkins und Lord Shetras sowie vom Treiben des Lauerers in der Sarangrave-Senke vermeldet. Es erübrigt sich, von diesen Dingen erneut zu sprechen.«
    »Sehr wohl.« Tull sah den Lord an, aber für Troy blieb seine Miene im Dunkeln verschleiert. Troy konnte seine Augen nicht sehen; er schien keine Augen, keinen Mund, überhaupt keine Gesichtszüge zu besitzen. Als er seinen Bericht begann, schien seine Stimme die Stimme der blinden Nacht zu sein. Doch er gab seine Darstellung deutlich und mit allen Zusammenhängen ab, als habe er sie während des Wegs von der Wasserkante bis hier viele Male durchdacht. Unterdessen erinnerte sich Troy daran, daß er der Jüngste unter den Bluthütern war – ein Haruchai , nicht älter als Troy selbst. Tull hatte sich in Schwelgenstein eingefunden, um die Stelle eines der Bluthüter einzunehmen, die bei Lord Mhorams Versuch ums Leben gekommen waren, die Zerspellten Hügel zu erkunden.

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