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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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laute Antwort. Statt dessen wandte sie sich ihm zu. Tränen rannen ihr über die Wangen. Ihre Gestalt hob sich gegen den verdunkelten Ausblick auf Trothgard ab, als sie zu ihm trat, die Arme um seinen Hals schlang und ihn küßte. Er keuchte, und ihr Atem fuhr ihm in die Lungen. Er war wie gelähmt. Schwarzer Nebel verfinsterte seine Sicht, während ihre Lippen seinen Mund kosten. Dann kam er für einen Moment um seine Selbstbeherrschung. Er stieß sie zurück, als trüge ihr Atem ihm eine Ansteckung zu. »Miststück!« brauste er auf. Mit aller Kraft schlug er ihr seinen Handrücken ins Gesicht. Sie taumelte unter der Wucht des Hiebs rückwärts. Er sprang nach. Seine Finger krallten sich in die Decke, rissen sie ihr von den Schultern. Aber seine Gewalttätigkeit beeindruckte sie nicht. Sie fand ihr Gleichgewicht wieder, aber weder duckte sie sich, noch wich sie zurück. Sie tat nichts, um ihre Blöße zu bedecken. Den Kopf hoch erhoben, stand sie aufrecht und gelassen da; nackt verharrte sie vor ihm, als sei sie unverwundbar. Covenant war es, der zurückzuckte. Er fuhr zurück, als sei sie ihm ein Greuel. »Hab' ich noch nicht genug Verbrechen begangen?« röchelte er heiser. »Bist du noch nicht zufrieden?«
    Ihre Erwiderung schien klar und deutlich der Abseitigkeit ihres Blicks zu entspringen. »Du kannst mich nicht schänden, Thomas Covenant. Hier liegt jedes Verbrechen fern. Ich bin willig. Ich habe dich auserwählt.«
    »Nicht!« stöhnte er. »Sag nicht so etwas!« Er warf die Arme um seinen Brustkorb, als versuche er, damit ein Loch in seiner Panzerung zu verbergen. »Du willst mir auch bloß Geschenke machen. Du möchtest mich bestechen.«
    »Nein. Ich habe dich auserwählt. Ich wünsche das Leben mit dir zu teilen.«
    »Nicht!« wiederholte er. »Du weißt nicht, was du treibst. Begreifst du denn nicht, wie verzweifelt ich ... ich ...?« Aber er schaffte es nicht, die Wörter ›dich brauche‹ auszusprechen. Sie blieben ihm im Halse stecken. Er wollte sie, er wollte, was sie ihm bot, mehr als irgend etwas anderes. Doch er konnte es nicht sagen. Eine Leidenschaft, die fundamentaler war als Verlangen, hinderte ihn daran.
    Sie vollführte keine Bewegung; nur ihre Stimme tastete nach ihm. »Wie könnte meine Liebe dir schaden?«
    »Hölle und Verdammung!« Erbittert breitete er die Arme aus, wie ein Mann, der einen grausigen geheimen Makel preisgab. »Ich leide an Lepra! Verstehst du denn nicht?!« Aber im selben Augenblick war ihm klar, daß sie ihn keineswegs verstand, ihn nicht verstehen konnte, weil das, was er ›Lepra‹ nannte, aus Mangel an Wissen und Verbitterung für sie unbegreiflich blieb. Er beeilte sich mit zusätzlichen Erklärungen, bevor sie näher treten konnte und er alles verlor. »Schau! Schau her!« Er deutete mit einem Finger der Anklage auf seine Brust. »Erkennst du die Gefahr nicht, die hier steckt? Ich fürchte mich davor, ein zweiter Kevin zu werden. Ich fange an, indem ich dich liebe, dann lerne ich den Umgang mit der wilden Magie und mit was sonst noch alles, danach legt Foul mich rein und treibt mich zur Verzweiflung, und zum Schluß werde ich vernichtet. Alles wird vernichtet. Das war doch schon die ganze Zeit hindurch sein Plan. Sobald ich anfange, dich oder das Land oder irgend etwas zu lieben, kann er's sich bequem machen und ins Fäustchen lachen! Verflucht noch mal, Elena! Siehst du das denn nicht ein?«
    Nun regte sie sich. Als sie auf Armeslänge vor ihn trat, blieb sie stehen und streckte eine Hand aus. Mit ihren Fingerspitzen berührte sie seine Stirn, als wolle sie deren Verdüsterung glätten. »Ach, Thomas Covenant«, sagte sie leise. »Ich kann's nicht ertragen, deine Miene so finster zu sehen. Hege keine Furcht, Geliebter. Du wirst nicht Kevin Landschmeißers Schicksal erleiden. Ich werde dich davor bewahren.«
    Bei ihrer Berührung zerbrach in ihm etwas. Die bloße Sanftheit ihrer Gebärde überwältigte ihn. Aber es waren nicht seine Hemmungen, die niederbrachen; es war seine Bitterkeit, die verflog. In seinem Innern schwoll eine ähnliche Sanftheit empor. Er konnte in Elena ihre Mutter sehen, und bei diesem Anblick erkannte er plötzlich, daß es nicht Wut war, was ihn gegen sie so heftig machte, kein Zorn, der seine Liebe schwärzte, sondern es sich um Trauer und Selbstabscheu handelte. Der Schmerz, den er ihrer Mutter zugefügt hatte, war nur eine umständliche Methode gewesen, um sich selbst Schmerz zu bereiten – ein Ausdruck seiner Leprose. Diese Tat zu

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