Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
Im selben Atemzug vertat und erneuerte er's.« Ihre Stimme hob sich im inneren Aufwind ihrer Gefühlsregungen. »Wie gewaltig muß sein Gram gewesen sein? Und wie ungeheuer wäre seine Macht gewesen, hätte er den letzten Augenblick der Vernichtung bloß überdauert? Hätte er nach dem Vollzug der Schändung das Frohlocken des Verächters vernommen und einen weiteren, allesentscheidenden Schlag geführt?! Thomas Covenant, ich glaube, daß in der verzehrenden Gewalt der Verzweiflung unermeßliche Kraft liegt – eine Kraft, die jedes Vorstellungsvermögen einer unverwüsteten Seele übersteigt. Ich glaube, daß Hoch-Lord Kevin, könnte er aus seinem Grabe sprechen, ein Wort spräche, das Lord Fouls Bosheit das Mark aus den Knochen schlänge.«
»Das ist ja verrückt«, keuchte Covenant beklommen. Elenas Blick schwankte am Rande des Brennpunkts, und es mutete ihm zuviel zu, sie anzusehen. »Meinst du etwa, irgendein Dasein nach dem Tode würde dir eine Ehrenrettung erlauben, nachdem du ganz einfach alles Leben von der Erde vertilgt hast? Genau das war doch Kevins Fehler. Laß dir eines sagen – der Kerl schmort in der Hölle.«
»Mag sein«, antwortete sie leise. Zu seiner Überraschung war der Sturm, den ihre Stimme vorhin angedeutet hatte, nun verschwunden. »Wir werden solches Wissen nie besitzen ... und dürften's nicht brauchen, um unser Leben zu leben. Doch ich sehe Gefahr in Lord Mhorams Überzeugung, der Erde Schöpfer habe dich zur Verteidigung des Landes auserkoren. Mein Herz sagt mir, daß das deine Anwesenheit nicht erklärt. Doch habe ich bisweilen erwogen, daß womöglich unsere Toten in deiner Welt leben. Vielleicht wandelt Hoch-Lord Kevin nun ruhelos über deine Erde und sucht nach einer Stimme, die sein Wort hier auszusprechen vermöchte.«
Covenant stöhnte insgeheim; Elenas Andeutungen entsetzten ihn. Er sah die Verbindung, die sie zwischen ihm und Kevin Landschmeißer herstellte. Und die Implikationen dieser Beziehung brachten sein Herz wie unterm Ansturm machtvoller Böen der Vorahnung ins Flattern. Beim Weiterreiten glomm das erneuerte Schweigen zwischen ihnen wie weiße Augen der Furcht.
Diese Stimmungslage verstärkte sich am restlichen und auch am nächsten Tag. Der Umfang jener Dinge, die hier auf dem Spiel standen, schreckte Covenant ab; um damit zu jonglieren, besaß er nicht die richtigen Hände. Er zog sich in die Schweigsamkeit zurück, als sei sie eine Puppe oder Panzerhülle für eine Metamorphose oder irgendeine besondere Verletzbarkeit. Eine nebelhafte Anwandlung, etwas wie eine Erinnerung an seine einstige Wanderschaft mit Atiaran, gab ihm den Drang ein, sich von Elenas Seite zu entfernen und hinter ihr zu reiten. In Elenas Rücken folgte er Amok in die höheren Regionen Trothgards.
Am sechsten Tag, dem dreizehnten seit dem Verlassen Schwelgensteins, fand er dann in gewisser Hinsicht doch wieder zu sich selbst zurück. Mit einer Miene, die so düster war wie eine Gewitterwolke, hob er den Kopf und sah das Westlandgebirge über sich aufragen.
Hoch-Lord Elenas Expedition näherte sich dem südwestlichen Winkel von Trothgard, wo der Rill den Bergen entsprang; die Klüfte und Schneekuppen der Bergkette füllten den gesamten westwärtigen Himmel aus.
Unter ihnen lag Trothgard ausgebreitet, als hätten die Lords ihr Werk zur Begutachtung vorgelegt; es leuchtete im Sonnenlicht, als sei es sich der besten Prüfungsergebnisse sicher. Covenant betrachtete es mit noch finsterem Gesichtsausdruck und entzog ihm seine Aufmerksamkeit.
Die Reiter kamen nun zum Rand der Schlucht, durch die der Rill strömte. Das gedämpfte, unablässige Rauschen seiner Wasser, in der Tiefe des Cañons unsichtbar, verliehen Trothgard eine zusätzliche Dimension, etwas wie ein unterschwelliges Summen aus den Bergen und Hügeln. Alle Ausblicke eröffneten einen neuen Beziehungsreichtum, wiesen Schwingungen neuartiger Bedeutungen auf. Sie erinnerten Covenant daran, daß er davor stand, in eine der höheren Regionen des Landes vorzudringen – und daß er hochgelegene Örtlichkeiten nicht ausstehen konnte. Aber er verhärtete seine böse Miene, um die unwillkürlichen Regungen seines Gesichts zu hemmen, und kehrte zurück an Elenas Seite. Sie schenkte ihm ein Lächeln, das er nicht zu erwidern vermochte, und gemeinsam ritten sie den Bergen entgegen. Spät am Nachmittag machten sie Halt und schlugen das Lager neben einem kleinen See in der Nähe des Cañons auf. Gleich vor ihnen kam Wasser einen Berghang
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