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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Dazu hatte er sie getrieben. Er wünschte, er wüßte sich auf irgendeine Weise bei ihnen zu entschuldigen, die ihnen etwas bedeutete. Aber es gab nichts, das er hätte sagen können. Sie waren von zu absolutem Schlage, um irgendeine Geste der Zerknirschtheit anzunehmen. Ihre einsame Einmütigkeit mit ihrem Eid machte sie unnahbar. Für sie konnte es keine hinreichende Entschuldigung geben.
    »Die Macht des Gebots«, flüsterte Covenant mit kraftloser Stimme. »Habt Erbarmen mit mir.« Dazu außerstande, den Anblick von Elenas frohem Lächeln der Erleichterung und des Triumphs und Amoks Grinsen auszuhalten, drehte er sich um und schlurfte matt übers Plateau zum Rand des Spaltfelsens, als versuchten seine Füße, sich wieder an die Festigkeit des Steins zu gewöhnen. Er bewegte sich parallel zum Felsspalt, hielt jedoch von ihm sicheren Abstand. Sobald er jenseits der Kante einen größeren Abschnitt der Würgerkluft sehen konnte, blieb er stehen. Er verharrte an dieser Stelle und hoffte, Elena werde zu ihm kommen, hoffte zugleich, sie werde es nicht tun. Die beständige Brise, die vom Wald heraufwehte, blies ihm ins Gesicht, und zum erstenmal seit vielen Tagen gelang es ihm, die Würze der Jahreszeit zu differenzieren. Er merkte, daß der Herbst des Landes seinen Höhepunkt überschritten hatte, sich von seiner anfänglichen Freudigkeit dem winterlichen Gram näherte. Die Luft glänzte nicht länger von Überfluß und Fruchtbarkeit, von entweder süßer oder grimmiger Reife. Der Wind schmeckte jetzt nach dem Stoßkeil des Winters – nach herangenahten Vorzeichen, die lange Nächte, Ödnis und Kälte verhießen. Als er in der Luft schnupperte, fiel ihm auf, daß die Würgerkluft keinen herbstlichen Farbenwechsel aufwies. Er konnte kahle, schwarze Baumbestände erspähen, wo die Bäume ihre Blätter bereits verloren hatten, aber keine Farbenpracht linderte die Düsterkeit der Würgerkluft. Sie ging ohne Zwischenphase oder irgendeinen Schmuck vom Sommer zum Winter über. Er nahm die Gründe mit seinen Augen und der Nase wahr; das verbissene, erbitterte Festhalten des uralten Waldes an seinem Bewußtsein beanspruchte seine gesamte Stärke und all seine Willenskraft, so daß ihm weder die Fähigkeit verblieb noch er Lust danach verspürte, etwas davon für bloße Prachtentfaltung zu vergeuden.
    Da vernahm er hinter sich Schritte und erkannte Elenas Gangart. »Weißt du«, meinte er, um dem zuvorzukommen, was immer sie zu ihm sagen oder ihn fragen wollte, »woher ich stamme, dort würde man Leute, die einem Wald so etwas antun, Pioniere nennen – eine besondere Sorte von Helden, die sich darauf verlegt, statt andere Menschen umzubringen, die Natur selbst niederzumachen. Ich kenne sogar Leute, die behaupten, alle unsere sozialen Gebrechen hätten ihre Ursache darin, daß es bei uns für Pioniere nichts mehr anzupacken gibt.«
    »Geliebter«, sagte Elena leise, »du bist nicht wohlauf. Was ist dir?«
    »Mir?« Er brachte es nicht fertig, sie anzuschauen. Sein Handel stopfte ihm den Mund, und er mußte schlucken, ehe er eine halbwegs gescheite Antwort zu geben vermochte. »Mit mir ist nichts. Ich bin bloß wie dieser Wald da unten. Manchmal kann ich nichts gegen meine Erinnerungen tun.« Im Schweigen nach seinen Worten spürte er, wie wenig seine Erwiderung sie zufriedenstellte. Sie sorgte sich um ihn, wollte ihn verstehen. Doch die Wiedergeburt der Hoffnung war verbunden mit der Dringlichkeit ihrer Pflicht. Er wußte, daß sie jetzt nicht die Zeit erübrigen konnte, um sich damit zu befassen, ihn zu begreifen. »Ich muß gehen«, sagte sie schließlich. »Des Landes Not drückt beschwerlich auf meine Schultern.« Er nickte mürrisch. »Willst du hier verbleiben«, ergänzte sie, »und meiner Wiederkehr harren?«
    Endlich fand er die Kraft, sich umzudrehen und sich ihr zu stellen. Er betrachtete den Ernst ihrer Miene, nahm die Abseitsgerichtetheit ihres Blicks zur Kenntnis. »Ich und zurückbleiben?« meinte er bissig. »Und versäumen, wieder mal meinen Hals zu riskieren? Unsinn! So eine Chance hatte ich nicht, seit ich unterm Donnerberg herumgekrochen bin.«
    Sein Sarkasmus war schärfer als beabsichtigt, aber sie nahm ihn hin. Sie lächelte und legte ihm behutsam die Finger einer Hand auf den Arm. »Dann komm, Liebster«, sagte sie. »Die Bluthüter sind bereit. Wir müssen ziehen, ehe Amok uns neue Hindernisse in den Weg legt.«
    Er versuchte zu lächeln, aber die verunsicherten Muskeln seines Gesichts münzten die

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