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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Covenant zu. Sie stellte den Stab des Gesetzes fest auf die Planken und wandte ihr Gesicht aufwärts zur Höhlendecke der Erdwurzel. »Ur-Lord Thomas Covenant«, sagte sie, und die Echos breiteten sich rings um sie aus wie ein Schleier aus schummrigem Steinlicht, verwob die Luft mit dem wie polierten Wasserspiegel, »Zweifler und Weißgoldträger, Ring-Than ... Geliebter ... ich muß dir davon berichten. Du hast Myrha gekannt. In ihrer Jugend kam sie zu Lena, meiner Mutter, um das Versprechen zu erfüllen, das die Ranyhyn gegeben hatten. Sie trug mich zum großen Erlebnis meines Mädchenalters davon. Du warst die unbekannte Ursache. Ehe dieser Krieg sein Ende findet, zum Guten oder Üblen, muß ich dir erzählen, was dein Handel mit den Ranyhyn bewirkt hat.«
    Hab Erbarmen mit mir! schrie Covenant wieder in der hartnäckigen Unfähigkeit seines Herzens. Doch er fühlte sich zu benommen, zu eingeschüchtert vom See und den Echos, um Elena zurückzuhalten. Er saß in stummem Entsetzen da und lauschte, während Elena die Geschichte von ihrem Erlebnis mit den Ranyhyn erzählte. Unterdessen trug das Boot sie auf seinem verwinkelten, vertrauten Kurs zwischen den Säulen über den See dahin, schwamm auf dem Widerhall von Elenas Stimme, als sei es eine Fähre zu einem Ufer des Grauens.
    Elenas Abenteuer hatte sich ergeben, als Lena, ihre Mutter, ihr zum drittenmal erlaubte, einen Ranyhyn zu reiten. Bei den beiden vorherigen jährliche Besuchen im Steinhausen Mithil, den Besuchen, zu denen die Ranyhyn durch ihr Ring-Than Covenant geleistetes Versprechen verpflichtet waren, hatte das alte Roß, das aus den Ebenen von Ra kam, beim Anblick des kleinen Mädchens seltsam die Augen verdreht, als Trell, der Großvater, es ihm auf den breiten Rücken gehoben hatte. Und im folgenden Jahr übernahm die junge Myrha die Aufgabe des alten Hengstes. Die Stute betrachtete Elena mit jenem Blick wohldurchdachter Willentlichkeit, der alle Ranyhyn charakterisierte – und Elena, die die Absichtserklärung der Ranyhyn-Stute spürte, ohne sie zu begreifen, vertraute sich Myrha froh an. Sie schaute sich nicht um, als die Stute sie aus dem Steinhausen Mithil trug und weit fort in die Berge des Südlandrückens brachte.
    Einen Tag und eine Nacht lang galoppierte Myrha, beförderte Elena über Gebirgspfade und Pässe tief in den Süden, auf Wegen, die die Bewohner des Landes nicht kannten. Nach diesem Ritt gelangten sie in ein hochgelegenes Tal, eine grasbewachsene Talschlucht, zwischen kahlen, steilen Klippen, mit einem harschen, rauh anmutenden, aus Gebirgsquellen gespeisten Bergsee fast in der Mitte. Dieser kleine See machte einen sehr geheimnisschwangeren Eindruck, denn sein dunkles Wasser reflektierte den Sonnenschein nicht. Das Hochtal selbst war wundervoll anzuschauen, denn Hunderte von Ranyhyn tummelten sich darin – viele hundert stolze Hengste und Stuten mit glänzendem Fell und besternten Stirnen –, hatten sich zu einem seltenen, geheimen Ritual der Pferde versammelt.
    Aber bald verwandelte sich Elenas Staunen in Furcht. Inmitten eines Wirrwarrs wilder, gewieherter Begrüßungen trug Myrha das kleine Mädchen zum See. Dort ließ sie das Kind auf den Erdboden rutschen und entfernte sich in einem Wirbel von Hufen. Und die übrigen Ranyhyn begannen ringsherum durchs Tal zu laufen. Zuerst preschten sie kreuz und quer durcheinander, schubsten sich gegenseitig, sprengten an dem Kind vorüber, als könnten sie sich kaum davon zurückhalten, es zu zertrampeln. Mit der Zeit rannten sie immer hemmungsloser umher. Mehrere Ranyhyn verließen das Getümmel, um aus dem See zu trinken, dann stürzten sie sich wieder ins Gewühl, als brause das dunkle Wasser sturzbachartig durch ihre Adern.
    Während droben die Sonne ihre Bahn zog, tänzelten die großen Rösser und vollführten wüste Bocksprünge, tranken immer wieder aus dem Bergsee, um sich von neuem in die unbeschwichtigbare Raserei eines Tanzes der Irrwitzigkeit zu stürzen. Und Elena stand in ihrer Mitte, in Lebensgefahr durch das ungezügelte Schwingen und Umherwerfen der Hufe, erstarrt vor Schrecken. In ihrer Furcht glaubte sie, man werde sie augenblicklich zerstampfen, sobald sie bloß zusammenzuzucken wage.
    Während sie dort stand – überflutet von Hitze, dem Donnern von Hufen und abgrundtiefer Furcht, so endgültig wie das Lebensende –, verlor sie für eine Weile die Besinnung. Aber als ihre Augen allmählich wieder zu sehen begannen, stand sie noch unverändert auf den Beinen;

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