Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
sehr bedächtig weiter. »Hile Troy ist von keinem jungen Schüler ins Land gerufen worden, der die Gefahren ungemeisterter Kräfte nicht zu ermessen verstand. Jemand tat's, den du gekannt hast.«
Triock! Covenant stolperte beinahe über die eigenen Füße. Triock aus dem Steinhausen Mithil, Thulers Sohn, hatte Grund zum Haß auf den Zweifler. Er hatte Lena geliebt ... aber Covenant brachte es nicht fertig, den Namen laut auszusprechen. Er wand sich unter der eigenen Feigheit. »Pietten«, sagte er, bloß um nicht Triock nennen zu müssen. »Das arme Kind ... aus dem Holzheim Hocherhaben. Die Urbösen hatten irgend etwas mit ihm angestellt. War er's?« Er wagte den Blick des Hoch-Lords nicht zu erwidern.
»Nein, Thomas Covenant«, antwortete Elena sanft. »Es war kein Mann, sondern eine Frau, die du gut kanntest. Atiaran, Trells Gemahlin, die dich vom Steinhausen Mithil bis zur Begegnung mit Salzherz Schaumfolger am Seelentrostfluß begleitet hat.«
»Hölle und Verdammnis!« stöhnte er auf. Beim Klang ihres Namens sah er vor sich Atiarans weite Augen, dachte an die Überwindung, mit der sie ihren leidenschaftlichen Zorn auf ihn zurückgestellt hatte, um dem Lande zu dienen. Und er erhaschte ein flüchtiges visionäres Bild ihres Gesichts, als sie sich beim Versuch entflammte, ihn ins Land zurückzuholen – verzückt, zugleich bitter, belebt durchs äußere feurige Auflodern aller inneren Wahrheiten, gegen die er, Covenant, sich so nachhaltig vergangen hatte. »O Hölle«, ächzte er. »Warum? Sie hätte ... sie hätte sich bemühen sollen, alles zu vergessen.«
»Sie konnte es nicht. Atiaran, Trells Gemahlin, kehrte im Alter aus vielerlei Gründen zurück an die Schule der Lehre, doch zwei überwogen. Sie verlangte ... nein, das ist ein zu geringes Wort. Sie sehnte dich herbei. Sie vermochte nicht zu vergessen. Ob sie dich aber fürs Land oder für sich wollte, das weiß ich nicht. Sie war eine innerlich zerrissene Frau, und ich spüre in meinem Herzen, daß beide Arten ihrer Sehnsucht bis zum Ende in ihr widerstritten. Wie sollte es anders gewesen sein? Sie sprach davon, du hättest die Schändung des Frühlingsfests in Andelain zugelassen, aber meine Mutter hat mir eine andere Geschichte erzählt.«
Nein! winselte es in Covenant. Er stapfte so gebückt umher, als beuge ihn das Gewicht der Düsterkeit an seiner Stirn. Ach, Atiaran!
»Ihr zweiter Grund liegt im Gram langer Jahre und überforderter Standhaftigkeit. Denn ihr Gemahl war Trell, Glutsteinmeister des Rhadhamaerl . Im Gedenken des Steinhausens Mithil war ihre Ehe mutig und froh, denn obgleich sie sich in ihrer Jugend an der Schule der Lehre zuviel zumutete und in Schwäche wieder fortgegangen war, besaß sie Stärke genug, um bei Trell zu bleiben, ihrem Gemahl. Ihre Schwäche jedoch, ihr Selbstmißtrauen, blieb ebenfalls bestehen. Die schwere Prüfung ihres Lebens kam und ging vorbei, und dann kam das Alter. Zum Schmerz, den du ihr bereitet hattest, fügte sich ein zweiter: sie alterte, aber nicht Trell, ihr Gemahl. Sein Steinwissen erhielt ihn über die Zahl seiner Jahre hinaus. So begann sie nach soviel Leid überdies ihren Gemahl zu verlieren, obschon sich seine Liebe dauerhaft zeigte. Sie war seine Gemahlin, doch wirkte sie neben ihm so alt, als wäre sie seine Mutter. Deshalb begab sie sich voller Kümmernis und Trauer von neuem an die Schule der Lehre – und voller Ergebenheit, denn obzwar sie stets an sich Zweifel hegte, geriet doch ihre Liebe zum Lande niemals ins Wanken. Dann aber kam das letzte Unheil über sie. Indem sie sich den Geboten der Lehrwarte widersetzte, beschwor sie selbst den Tod auf sich herab. Auf diese Weise brach sie ihren Friedensschwur und beendete ihr Leben in Verzweiflung.«
Nein! begehrte Covenant stumm auf. Aber er erinnerte sich an Atiarans Seelenqual und den Preis, den sie gezahlt hatte, um sie zu unterdrücken, an die Schlechtigkeit, die er ihr zufügte. Er befürchtete, daß Elena recht hatte. Der Hoch-Lord setzte seine Darlegungen in ernsterem Tonfall fort, der zu seinen Worten irgendwie nicht paßte.
»Nach ihrem Tod kam Trell nach Schwelgenstein. Er ist einer der mächtigsten Rhadhamaerl und weilt hier, um sein Geschick und sein Wissen für des Landes Verteidigung aufzubieten. Aber er kennt Verbitterung, und ich fürchte, sein Friedensschwur ist ihm lästig. Trotz all seiner Sanftmut ist er zu arg zur Hilflosigkeit verurteilt gewesen. Ich spüre in meinem Herzen, daß er nicht verziehen hat. Es gab keinen
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