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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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handgreiflich spürbare Härte auszustrahlen. »Lord Hyrim«, sagte sie mit dunkler Stimme, »du wandelst auf gefährlichem Grund.« Ihre Stimme klang streng, aber Covenant hörte heraus, daß sie keineswegs eine Warnung aussprach, Hyrim nicht drohte. Sie respektierte, was er getan hatte. Und sie empfand Furcht. Sie wandte sich an Covenant. »Wirst du mitgehen?« erkundigte sie sich bedächtig, als sorge sie sich, man könnte ihr die eigenen sehnlichen Wünsche anmerken. Hinter ihrem Rücken glommen die Lichter Schwelgensteins, so daß er ihre Miene nicht erkennen konnte. Er war froh darum; er wollte gar nicht wissen, ob er allein im Brennpunkt ihres sonderbaren, zwiespältigen Blicks stand oder nicht. Er versuchte zu antworten, aber für einen Moment war seine Kehle so trocken, daß er keinen Laut hervorbrachte.
    »Nein«, sagte er endlich. »Nein.« Hyrim zuliebe gab er sich Mühe, ehrlich zu sein. »Ich könnte nichts für die Riesen tun.« Aber während er das sagte, war er sich darüber im klaren, daß er nicht die volle Wahrheit sprach. Er weigerte sich, weil Lenas Tochter Elena wünschte, daß er blieb.
    Ihre Erleichterung war so offensichtlich wie vorher ihr Mißfallen. »Nun wohl, Ur-Lord.« Sie und Lord Hyrim standen einander für eine längere Weile gegenüber. Covenant spürte die Schwingungen ihrer stummen Kommunikation, ihre mentale Verbindung. Dann trat Hyrim dicht vor Elena und küßte sie auf die Stirn. Sie drückte und entließ ihn. Er verbeugte sich vor Covenant und entfernte sich in den Stollen unterm Festungsturm. Elena kehrte Covenant den Rücken und begab sich durch eine der schmalen Pforten neben der Tunnelmündung in den Turm, und Covenant blieb allein zurück. Er atmete tief ein, rang um seine Fassung, als habe er gerade ein Verhör durchgestanden. Trotz der Kühle der Dämmerung bedeckte ihn Schweiß. Er wartete noch eine Zeitlang im Hof, wußte nicht, was er jetzt machen sollte. Doch dann hörte er von außerhalb der Herrenhöh Pfiffe gellen – schrille, durchdringende Töne, die von Schwelgensteins Wällen widerhallten. Koriks Mannschaft rief die Ranyhyn. Sofort rannte Covenant in den Tunnel. Außerhalb des überschatteten Hofs sah der Himmel schon heller aus. Im Osten hatte sich der Rand der Sonne über den Horizont geschoben. Der Morgen wanderte westwärts, und inmitten der Morgenfrühe wiederholten die fünfzehn Bluthüter und zwei Lords ihren Ruf.
    Und dann nochmals.
    Während nach dem dritten Mal die Echos verhallten, erklang in der Luft schon der Donner kraftvoller Hufe. Für ein beträchtliches Weilchen dröhnte die Erde lautstark unterm Hufschlag der Ranyhyn, und ein dumpfes Trommeln erfüllte die Luft. Dann jagte ein Schatten durchs Vorgebirge. Siebzehn starke Pferde mit makellosen Gliedmaßen kamen wie eine schwungvolle, stolze Woge nach Schwelgenstein. Die weißen Sterne auf ihren Stirnen wirkten aus der Entfernung wie Gischt auf einer Welle, während sie zu den Reitern galoppierten, die sie erwählt hatten, um ihnen zu dienen. Mit dem Huschen von Hufen und unter hellem Wiehern verlangsamten sie ihr Tempo. Zur Begrüßung verbeugten sich die Bluthüter und die zwei Lords. »Heil, Ranyhyn«, rief Korik. »Landdurchquerer und Stolzträger. Sonnenfleisch und Himmelsmähnen, wir sind froh, daß ihr unseren Ruf erhört habt! Übel und Krieg drohen dem Land. Gefahren und Schwächung drohen den Feinden Fangzahns. Wollt ihr uns tragen?« Die großen Pferde nickten und schnoben während der letzten Schritte; mit den Schnauzen drängten sie ihre Reiter, sich auf ihre Rücken zu schwingen. Augenblicklich schwangen sich nun sämtliche Bluthüter auf ihre Ranyhyn. Sie brauchten weder Sattel noch Zügel; die Ranyhyn trugen ihre Reiter mit aller Bereitwilligkeit und reagierten auf den Druck eines Knies, die Berührung einer Hand – ja, sogar auf nur gedachte Befehle. Dasselbe seltsame Hörvermögen, das es ihnen ermöglichte, auf den Ruf ihrer Reiter sofort zu erscheinen, wo diese sich auch gerade im Lande befinden mochten, das es ihnen erlaubte, den Ruf der Reiter zehn oder mehr Tage zuvor zu hören, ehe er tatsächlich ertönte, und aus den Ebenen von Ra zu ihnen zu rasen, als habe nur eine Strecke von ein paar Minuten sie von ihnen getrennt, nicht die vierhundert Längenmaße zwischen dem südöstlichen Zipfel des Landes und allen anderen Regionen, das sie dazu befähigte, mit ihrem Reiter wie eine Einheit zu handeln, ein reibungsloses Zusammenwirken von Geist und Körper zu garantieren.

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