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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Die Lords Shetra und Hyrim stiegen langsamer auf, und Covenant beobachtete sie mit verengter Kehle, als nähmen sie eine Herausforderung an, der eigentlich er sich stellen müßte. Schaumfolger, bitte ..., dachte er. Bitte ... aber er konnte sich zur Ergänzung ›vergib mir‹ nicht durchringen. Da hörte er hinter sich aus der Höhe einen Ruf. Er drehte sich nach Schwelgenstein um und sah hoch droben auf dem Festungsturm eine winzige, schlanke Gestalt mit erhobenen Armen stehen – den Hoch-Lord. Als die aufgesessene Truppe die Pferde herumlenkte und zu Elena emporblickte, streckte sie den Stab des Gesetzes himmelwärts und ließ aus seiner Spitze eine Flamme von kräftigem Blau schlagen, die vorm trüben Himmel loderte und lohte, ein Päan aus reiner Energie, der in ihren Händen mit blauweißer Mitte glühte und an den Rändern der Flamme in den pursten vorstellbaren Azur überging. Dreimal schwang sie den Stab, und sein Feuer war so hell, daß die Flammenzungen an den Himmel zu blaken schienen. Dann erscholl ein »Heil!« Elenas, und zugleich stieß sie den Stab hoch empor. Eine Sekunde lang flammte er in seiner ganzen Länge auf, so daß ein gewaltiger Ausbruch von Lord-Feuer zum Himmel aufwaberte. In dieser Sekunde schuf sie zu Füßen Schwelgensteins soviel Helligkeit, daß die Dämmerung insgesamt schlagartig für einen Augenblick wich, als beabsichtige sie den Ausgezogenen zu zeigen, daß sie stark genug war, um das Schicksal zu bannen, das die Düsternis des Morgens ihnen anzukünden schien.
    Die Lords erwiderten ihren Abschiedsgruß, ließen eigenes Lord-Feuer erglühen und ebenso ein »Heil!« erschallen. Und die Bluthüter brachen in einen einstimmigen Donnerruf aus. »Faust und Felsenfest-Treue! Heil, Hoch-Lord!«
    Für einen Moment wallte aus allen emporgereckten Stäben Glutlohe. Dann ließen alle Lords ihre Feuer vergehen. Auf dies einmütige Zeichen vollführte die aufgebrochene Mannschaft eine geschwinde Wendung und galoppierte davon in den Sonnenaufgang.

8
     

»Lord Kevins Klage«
     
     
    Der Aufbruch der Verstärkungstruppe und die am Vorabend stattgefundene Zusammenkunft mit Hoch-Lord Elena hatten Covenant tief erschüttert. Allem Anschein nach drohte er das geringe Maß an Unabhängigkeit oder Eigenständigkeit, worüber er noch verfügte, zu verlieren. Statt selbst zu entscheiden, wie seine Position beschaffen war, und nach dieser Maßgabe zu handeln, ließ er zu, daß man ihn ablenkte, noch grundlegender in die Irre führte als während seines ersten Wahnerlebnisses im Lande. Schon hatte er Elenas Ansprüche anerkannt, und nur dadurch war er daran gehindert worden, auch noch auf die Ansprüche der Riesen einzugehen. Er durfte in dieser Art und Weise nicht weitermachen. Andernfalls mußte er so ähnlich werden wie Hile Troy – ein Mann, den die Gabe des Sehens so übermannt hatte, daß er nicht die Blindheit seines Verlangens nach der Verantwortung fürs ganze Land erkennen konnte. Für einen Leprakranken war das nackter Selbstmord. Ein Scheitern bedeutete den Tod. Und hätte er Erfolg, er würde nie wieder die Gefühllosigkeit und Taubheit seines wirklichen Lebens und seiner Leprose ertragen können. Er wußte von Lepraleidenden, die an ihrer Krankheit gestorben waren; für sie kam der Tod niemals schnell, niemals glatt und sauber. Ihr Ende lag erst jenseits einer stinkenden Scheußlichkeit von solchem Grauen, daß er Übelkeit empfand, sobald er sich daran entsann, daß so eine leibhaftige Fäulnis existierte. Und das war nicht sein einziges Bedenken. Diese Verführung zur Übernahme von Verantwortung mußte eine Machenschaft Fouls sein. Sie zählte zu den Mitteln, mit denen Lord Foul den Untergang des Landes zu bewerkstelligen beabsichtigte. Wenn schwache Menschen sich zu große Lasten aufbürdeten, konnte das Resultat nur dem Verächter dienen. Covenant hegte keinen Zweifel daran, daß Troy zu schwach war. Hatte ihn Atiaran nicht im Zustand der Verzweiflung ins Land versetzt? Und was ihn betraf – ihn, Thomas Covenant –, er war so ungeeignet zur Ausübung von Macht, als existiere so eine Sache überhaupt nicht. Für ihn durfte es sie nicht geben. Täuschte er sich darüber hinweg, mußte das gesamte Land zu so etwas wie einem zweiten Leprakranken in Lord Fouls Gewalt werden.
    Als er seine Zimmer erreichte, wußte er, daß er irgend etwas zu unternehmen hatte, irgendwelche Maßnahmen zu treffen, um die Bedingungen abzuklären, an die er sich halten mußte. Es galt, irgendeine

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