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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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beugte sich Lord Callindrill vor. »Amok«, fragte er, »warum bist du geschaffen worden? Welchem Zweck dienst du?«
    »Ich warte«, sagte der Junge. »Und gebe Antworten.«
    Callindrill akzeptierte diese Auskunft mit freudlosem Nicken, als stelle sie einen unangenehmen Sachverhalt klar, und schwieg. Nach kurzer Stille wandte sich erneut der Hoch-Lord an Amok. »Du besitzt Wissen und sprichst es aus, wenn man dir die rechten Fragen stellt. Habe ich dich richtig verstanden?« Statt einer mündlichen Entgegnung verbeugte sich Amok und nickte lebhaft, so daß sein lockerer Schopf wieder auf seinem Kopf wie ein Lachen tanzte. »Welcher Art ist dies Wissen?« hakte Elena nach.
    »Von jener Art, wonach ihr fragen und wovon ihr zur Antwort erfahren könnt.«
    Daraufhin schaute Elena trübselig in die Runde. »Nun, das jedenfalls war nicht die geeignete Frage«, sagte sie und seufzte. »Ich glaube, wir werden uns Amoks Wissen zu eigen machen müssen, ehe wir die rechten Fragen zu stellen verstehen.« Mhoram sah sie an und nickte.
    »Glanzvoll!« Verements Bemerkung strotzte von unterdrücktem Grimm. »So wird Unwissenheit durch noch mehr Unwissenheit größer, und das Wissen überflüssig.«
    Covenant spürte den Umfang von Verements Sarkasmus. Lord Amatin jedoch scherte sich anscheinend nicht darum. »Warum bist du nun zu uns gekommen?« wollte sie statt dessen von dem Jungen erfahren.
    »Ich habe das Zeichen des Bereitseins gespürt. Loriks Krill erwachte wieder zum Leben. Das ist das vereinbarte Zeichen. So bin ich, weil ich dafür geschaffen worden bin, zu euch geeilt.« Als er das Krill erwähnte, schien Amoks inneres Gemisch von Glorie und Gefährlichkeit nicht sichtbarer zu werden. Diese Behauptung bereitete Covenant ein unerfreuliches Gefühl. Ist das etwa auch meine Schuld? stöhnte er insgeheim. Was habe ich mir denn jetzt wieder eingehandelt? Aber der Eindruck war barmherzig flüchtig; fast augenblicklich verschleierte Amoks jungenhafter Humor ihn wieder. Kaum war er verflogen, richtete Lord Mhoram sich langsam auf, stützte sich auf seinen Stab wie ein Tattergreis. Er stand neben dem Hoch-Lord, als ob er für ihn spräche.
    »Dann hast du ...«, begann er. »Amok, hör mich an! Ich bin im Großrat Seher und Orakel. Ich spreche aus Visionen geborene Worte. Ich habe dich nicht geschaut. Du bist zu früh gekommen. Wir haben das Krill nicht zum Leben erweckt. Das war nicht unser Werk. Für eine solche Tat ermangelt uns das Wissen.«
    Urplötzlich war Amoks Miene ernst, beinahe furchtsam, und zum ersten Mal merkte man die Altheit seines Schädels.
    »Ihr ermangelt des Wissens? Dann hab' ich geirrt. Ich habe meinem Zweck schlecht gedient. Ich muß wieder fort. Andernfalls müßte ich großen Schaden anrichten.« Auf der Stelle machte er kehrt, schlüpfte unhaltbar geschwind zwischen den zwei Bluthütern hindurch und stürmte die Treppe hinauf. Als er die Hälfte der Entfernung zum Portal überwunden hatte, verschwand er aus der Sicht aller in der Klause Anwesenden. Er war so unvermittelt fort, als hätten alle für einen Moment den Blick von ihm gewendet und es ihm dadurch ermöglicht, sich blitzartig zu verstecken. Verdutzt sprangen die Lords auf. Die Bluthüter, die bereits die Verfolgung aufgenommen hatten, blieben unschlüssig auf der Treppe stehen, schauten sich in aller Eile um und sahen von einem weiteren Nachsetzen ab.
    »Rasch!« befahl Elena. »Sucht ihn! Ergreift ihn!«
    »Wozu?« entgegnete Crowl ausdruckslos. »Er ist fort.«
    »Das sehe ich! Aber wohin? Vielleicht weilt er noch in Schwelgenstein.«
    »Er ist fort«, wiederholte Crowl lediglich. Irgend etwas an dieser unerschütterlichen Gewißheit erinnerte Covenant an Bannors ungewöhnliche, gedämpfte Erregung. Stecken sie unter einer Decke? fragte er sich. Meinem Zweck? Unklar wiederholte sich diese Formulierung immer wieder in seinem Bewußtsein. Meinem Zweck?
    In seiner tiefen Verwunderung hätte er fast Troys Flüstern überhört. »Einen Augenblick dachte ich ... ich dachte, ich könnte ihn noch sehen.«
    Hoch-Lord Elena schenkte dem Streitmark Hile Troy keine Beachtung. Die Einstellung der Bluthüter hatte sie anscheinend stark verblüfft, und sie setzte sich wieder auf ihren Platz, um über die Situation nachzudenken. Langsam griff rings um sie die geistige Verschmelzung des Großrats um sich, während ein Lord nach dem anderen an der mentalen Verständigung teilnahm. Callindrill schloß die Lider, und sein Gesicht nahm einen friedfertigen

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